Ich tippe “Yoga Teacher Training Indien” in die Suchleiste ein und ecosia spuckt mir 35.100.000 Suchergebnisse aus. Da seh ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr! Das liegt nicht daran, dass ecosia für Suchanfragen Bäume pflanzt, sondern daran, dass das Angebot unüberschaubar ist. Zurecht fragt man sich da: Wo und wie soll ich da denn jetzt anfangen?!
Wenn du gerade nach deiner Ausbildung suchst, dann geht es dir eventuell genauso. Und ich kann dir sagen: ich saß letztes Jahr genau da, wo du heute sitzt. Durchforstete etliche Websites von Yogaschulen, verglich Stundenpläne miteinander und las mir zig Reviews durch. Ich las im Ausbildungsguide, der mir die unterschiedlichen Ausblildungsrichtungen vor Augen führte und sehr weiterhalf. Einen Guide, der sich aber speziell um das Yoga Teacher Training in Indien drehte, fand ich nicht. Daher sitze ich jetzt hier und schreibe ihn. Er enthält die Fragen, die ich mir vorher gestellt habe und diejenigen, die ich mir besser mal hätte stellen sollen.
Mit acht Monaten Backpacking durch Indien, einem Teacher Training und einem weiteren Monat volunteering in einer Yogaschule auf dem Buckel kann ich dir versichern, dass ich weiß, wovon ich rede. Ich empfehle dir dabei nicht die eine Schule, den*die eine*n Lehrer*in oder den einen Ort. Jede*r Einzelne hat unterschiedliche Erwartungen an sein*ihr Training und setzt Prioritäten anders. Eines haben wir aber alle gemeinsam: die vielen Fragezeichen über unseren Köpfen. Diese wandeln wir jetzt in Ausrufezeichen um! Los geht’s.
1. Möchte ich auf englisch lernen?
Cartilage, pelvic, lateral movement – diese Begriffe solltest du nicht nur verstehen, sondern dir auch merken und anwenden können. Englisch ist für viele total easy. Auf englisch Smalltalk (!) zu halten und auf englisch zu lernen sind aber zwei verschiedene Paar Schuhe. Oder soll ich sagen: two very different animals. Sonnengrüße, über die Bhagavad Gita philosophieren, alle Knochen lernen – in English please. And in Sanskrit. Denn die Sprache des Yoga ist Sanskrit, was bedeutet, dass du neben englischem Fachvokabular Sanskrit Begriffe pauken wirst. Damit die Asanas und Mantren nicht bloße Wortfetzen sind, sondern du ihre tiefe Bedeutung entschlüsseln kannst.
Mein Rat an dich: Besuche wenn möglich vor Indien Yogaklassen auf englisch und finde für dich heraus, ob du mit den Vinyasas auch auf englisch flowst. Als ich nach meiner Ausbildung paar Freundinnen eine Stunde gab fielen mir viele Begriffe nicht im Deutschen ein. Weil ich die Sonnengrüße eben zig mal auf englisch angesagt hatte, aber nicht einmal auf deutsch.
2. Welcher Yoga-Stil liegt mir?
Du kommst mit der Sprache klar? Nice. Dann stellt sich jetzt die Frage: Welchen Stil möchtest du eigentlich erlernen? Dieses Thema ist ein eigenes topic, wirf also gern einen Blick in unseren Yoga Arten Finder.
3. Will ich danach unterrichten?
Wenn du deinen Stil gefunden hast, solltest du dir folgende Frage stellen: Mache ich die Ausbildung für mich oder will ich danach Yoga in Deutschland unterrichten? Ich wollte mein Wissen vertiefen und war mir vorher unschlüssig, ob ich danach auf der anderen Seite stehen möchte. Während der Ausbildung wurde mir schnell klar: Ja, will ich. Was ich gerne vorher gewusst hätte: Vor allem Großstädte wie Berlin schreien nicht gerade nach neuen Yogalehrer*innen.
Viele deutsche Studios bilden eigene Lehrer*innen aus, die danach auch dort unterrichten. Die Ausbildung in Deutschland kostet um einiges mehr und ist zeitaufwändiger. Stell dir trotzdem die Frage, ob du nicht das Geld und Zeit in das Netzwerk und die Aussicht auf Zusammenarbeit investieren möchtest/kannst, wenn du danach unterrichten willst.
4. Beach Life, stilles Bergdorf oder Stadt? Und zu welcher Jahreszeit?
Yey, du bist noch hier. Dann stellen wir uns mal die Frage: Wo in Indien möchtest du deine Ausbildung machen? Indien ist der siebtgrößte Staat der Erde, neunmal so groß wie Deutschland und hat von Himalaya über Strände hin zum Dschungel alles zu bieten. Ich habe mich ganz bewusst für die Berge entschieden und würde mich nach monatelanger Reise durch Indien immer wieder für denselben Ort (McLeod Ganj, Bhagsu) entscheiden.
Grundsätzlich gilt für Indien die Regel: Sommer im Himalaya, Winter im Norden oder Süden. Der Süden Indiens wird im Sommer unglaublich heiß, der Norden hingegen bietet mit dem Beginn des Himalayas perfekte Wetterbedingungen. Aber Achtung! Im Winter frierst du dir hier genauso den A*** ab wie in Deutschland und die Monsunzeit solltest du ebenfalls im Auge behalten! Ich empfand das Himalaya Gebirge im Juli als besonders angenehm. Nicht nur, was die Temperaturen und das Leben mitten in der Natur angeht, sondern auch den Vibe, der dort herrscht.
Ich habe hier niemanden getroffen, der neben der äußeren Reise nicht auch eine innere gewagt hat. Sei es im buddhistischen Meditationszentrum Tushita mit offenen Stunden, im zehntägigen Vipassana Kurs, in einer Reiki-Stunde, bei ayurvedischen Massagen, Ecstatic Dance oder Rebirthing im Umaya Center.
5. Kann ich mit einer Person sprechen, die das Training bei der Schule, die ich mir ausgesucht habe, absolviert hat?
Du weißt jetzt wo und welchen Stil du lernen willst. Jetzt geht’s an die Schulen. Suchst du online nach Schulen werden dir sofort deren Bewertungen angezeigt. Sie beeinflussen unsere Entscheidung und vermitteln uns das Gefühl von authentischer Berichterstattung. Reviews sind ein guter Indikator, doch das haben auch die Leiter*innen der Schulen erkannt und locken potenzielle neue Schüler*innen gerne mit Angeboten wie:
“Bewerte unsere Schule mit fünf Sternen und du darfst während des Trainings kostenlos Wäsche waschen und zwei Tage länger bleiben!”
Mein Tipp daher: Schreibe Personen, die Reviews verfasst haben, direkt an und frage nach! Ich hab mir so ehrlichere Informationen geholt, als alles, was in den Bewertungen der Schule stand.
6. Sind die Lehrer*innen noch dieselben?
Schule: check. Mit ehemaligen students gesprochen: check. Aber sind die Lehrer*innen eigentlich noch dieselben? Einige Reviews auf Facebook und Google beziehen vor allem auf die Qualität der dortigen Lehrer*innen: “Ich hab die Asana-Klassen von Amit geliebt”, “Bharat war der beste Philosophielehrer…”. Jedes Yogastudio steht und fällt mit seinen Lehrer*innen. So auch jede Yogaschule.
Auch wenn natürlich Faktoren wie Lage, Zimmer und Essen eine Rolle spielen, so ist der Fokus doch die Ausbildung und damit die Lehrer*innen. In Indien ist es gang und gäbe, dass Yoga Teacher an einem Ort in mehreren Schulen unterrichten oder von einer Schule zur anderen wechseln. Hake also nach, ob die Lehrer*innen noch dieselben sind!
7. Aufwachen mit Pranayama, Meditation oder gleich volle Breitseite Asanas? Der Stundenplan
Auf den ersten Blick magst du dir denken: Die sehen ja eh alle gleich aus. Auf den zweiten Blick kann ich dir sagen: Glaub mir, jede Minute zählt. Die von der Yoga Alliance zertifizierte 200 RYS Ausbildung ist, wie der Name schon sagt, auf 200 Stunden ausgelegt. Dabei müssen 180 Stunden Contact Hours, also direkter Unterricht sein, die restlichen 20 können auf self-study und assigments verteilt werden. Anhand des Stundenplans der Yogaschule kannst du einfach ausrechnen, wie sie die Stunden verteilen. Überlege dir, was dir wichtig ist und wie du in deinen Tag starten möchtest.
Hake außerdem nach, wie viele Tage du unterrichtet wirst und ab wann Examen stattfinden. Meine Erfahrung deckt sich mit anderen, die ihre Ausbildung in Indien gemacht haben: Die letzte Woche besteht aus Asana-Klassen, die von Mitstudenten*innen gehalten werden. Deine Lehrer*innen unterrichten in dieser Woche höchstens noch die Theoriestunden.
8. Wieviele Lehrer*innen sind in den Asanaklassen? Wie groß ist die Gruppe?
In meiner Gruppe waren ziemlich viele (20 Schüler*innen) und es gab einen Volunteer, die uns bei den Asanas assistierte. Von anderen Schulen habe ich aber auch mitbekommen, dass es Gruppen mit nur zehn Leuten gab oder das andere Extrem: 30 Schüler*innen und ein*e Lehrer*in. Ich finde das besonders wichtig, denn wenn du später deinen Schüler*innen assistierst, solltest du vorher spüren und genau wissen, wie sich das überhaupt anfühlen soll.
9. Erst reisen, dann Yoga? Oder erst Yoga, dann reisen?
Ich war vor meiner Ausbildung bereits fünf Monate in Indien und reiste danach noch zwei Monate durchs Land. Hast du die Möglichkeit davor/danach durch Indien zu reisen, kann ich dir das nur wärmstens empfehlen. Hier hast du zwei Optionen: Erst reisen und dann das Training absolvieren oder umgekehrt.
Für erst reisen und dann die Ausbildung absolvieren spricht, dass du dir die Schule vor Ort ansehen kannst. Außerdem triffst du auf andere Reisende, die eventuell gerade von einem Teacher Training kommen, oder jemanden kennen, der wen kennt (…) und dir brandaktuelle Tipps geben können. Weiterer Pluspunkt: Das Wetter wird dich im Training nicht mehr umhauen, wenn du dich erstmal daran gewöhnt hast, genauso wie die doch ganz unterschiedliche Kultur. Dagegen spricht, dass du am Ende vielleicht mehr reist, als dass du Yoga praktizierst und damit ein wenig ungelenkiger in die Ausbildung startest.
Erst Yoga Teacher Training, dann reisen. Mich haben indische Bakterien nach zwei Tagen in Delhi ausgeknockt, andere reisten fröhlich monatelang durch Indien, ohne jegliche Beschwerden. Die Wahrscheinlichkeit spricht leider dafür, dass du zur ersten Gruppe gehören wirst. Wenn du direkt mit der Ausbildung startest, dann wirst du mit hoher Wahrscheinlichkeit diese auch unversehrt überstehen. Die Yogaschulen haben sich total auf westliche Studierende eingestellt und bieten eine angepasste und abgeschwächte Version des indischen Essens an.
Wenn du mit der Ausbildung fertig bist, kannst du danach frei entscheiden, wo du hinreisen willst. Egal ob alleine oder mit neugewonnenen Freunden*innen. Entscheidest du dich dazu dein Wissen gleich in die Tat umzusetzen, findest du auf der Plattform workaway.info einigen Volunteer-Jobs als Yogateacher in Hostels. Du gibst Stunden und bekommst im Gegenzug meist die Unterkunft und Verpflegung. Wenn du nach der Ausbildung reisen gehst, kannst du dir allerdings die Schule vorher nicht ansehen und musst dich auf Bewertungen oder Erfahrungen von anderen verlassen.
Egal wie du dich entscheidest, eins kann ich dir sagen: Es wird eine unvergessliche, intensive Erfahrung sein, einfach weil es deine Erfahrung wird.
Ich hoffe, dass du mit diesen neun Fragen dein Yoga Teacher Training findest. Solltest du jetzt noch Fragezeichen im Kopf haben, schreibe mir gerne einen Kommentar und ich versuche sie so gut wie möglich zu beantworten.
Mucho amore,
deine Julia
Titelbild und Fotos © Julia Müllner
2 Kommentare / Schreibe einen Kommentar
Hallo! Ich werde im Juni in Himachal Pradesch sein und möchte dort mein YTT absolvieren.. könntest du mir sagen, wo du es gemacht hast?
Liebe Sara!
Ich habe Julia mal gefragt und sie hat beim Chinmay Yoga Teacher Training in Dharamsala gelernt.
Liebste Grüße!
Danai