„Bleib mir weg mit noch mehr Büchern.“
Das dachte ich häufig kurz nach meiner Ausbildung, wenn mir jemand einen Tipp gab, was ich mir für meine Yoga-Bibliothek noch zulegen sollte. Mein Hirn war völlig überfüllt mit neuen Informationen; ich dachte nicht, dass ich jemals wieder Platz für mehr hätte, als da schon in meinem Trainings-Handbuch und den Büchern stand, die wir für die Ausbildung gelesen hatten.
Ich wusste überhaupt nicht, wo ich anfangen sollte mit Lesen.
Und weil ich außerdem noch diese kleine Zwangsvorstellung habe, zu denken, ein Buch ist es nur wert, besessen zu werden, wenn man sofort jedes einzelne Wort darin liest, war ich erstmal ok damit, keine große Bibliothek an Yogabüchern zu besitzen.
Inzwischen hat sich der Informationssturm in meinem Kopf gelegt.
Ich habe verstanden, dass viele wichtige Yogatexte eher in Portionen studiert werden müssen als einmal von vorne bis hinten durchgelesen; andere wieder dienen als Nachschlagewerk und ich ziehe sie bei konkreten Fragen zu Rate. Die folgenden Bücher für Yogalehrer helfen mir besonders hinsichtlich der Unterrichtsgestaltung und ganz konkreter Fakten bzw. Fragestellungen.
Disclaimer: Es sind mehr als ich dachte! Aber du brauchst nicht jedes einzelne. Viele Inhalte überschneiden sich. Beispielsweise brauchst du für den Anfang keine zwei Assist-Bücher. Ich hoffe, meine Beschreibung hilft dir dabei, deine individuelle Kombi zusammenzustellen.
Grundlagen und Überblickstexte
Zusammenhänge und Inhalte verständlich zu vermitteln, ohne vom Hundertsten ins Tausendste zu geraten, ist für neue Yogalehrende meistens gar nicht so einfach. Ich lese Sachverhalte gerne in Grundlagenbüchern nach, die auch für Yoga-Neulinge geschrieben wurden. Sie geben mir mit wenigen klaren Worten allgemein verständliche Formulierungsmöglichkeiten für komplexe Ideen an die Hand.
Das Große Yogabuch* von Anna Trökes ist der Klassiker für Einsteiger*innen. Die Autorin, selbst eine der bekanntesten deutschen Yogalehrerinnen, erklärt kompakt die Ursprünge des Yoga und stellt die wichtigsten Texte und Praktiken vor. Unzählige Abbildungen veranschaulichen den praktischen, immer ergänzt mit Tipps zur jeweiligen Asana sowie Angaben zu Wirkung und Einschränkungen sowie möglichen Varianten.
Auch auf die einleitenden Kapitel von Yoga Unterrichten – Grundlagen und Techniken* von Mark Stephens kann man hierfür zurückgreifen (mehr zum Buch unten).
Als Jivamukti Yoga Lehrerin greife ich natürlich auch häufig auf Yoga der Befreiung – Das Praxisbuch des Jivamukti Yoga* von Sharon Gannon und David Life zurück, das die Methode sowie die wichtigsten Praktiken und Kerngedanken der Yogaphilosophie sehr klar und mit gut anwendbaren Geschichten gespickt erklärt; leicht nachzuübende Sequenzen sind mit vielen Abbildungen im Buch enthalten.
Asana: Die technischen Details
Eine Asana ausführen zu können heißt noch lange nicht, dass man auch die wichtigsten Ausrichtungsanhaltspunkte aus dem FF kennt, die die Schüler*innen beim Üben beachten sollen. Deshalb lohnt es sich, sich diese immer wieder in Erinnerung zu rufen.
Die absolute Bibel in Sachen Asana-Technik ist Licht auf Yoga* von B.K.S. Iyengar. Das Werk eines der Väter des modernen Yoga ist auf jeden Fall immer einen Blick wert. Auch bei Anna Trökes (s.o.) findest du viele Asanas detailliert aufgeschlüsselt. Eine sehr viel modernere Alternative dazu liefert Nadezhda Georgieva mit Ausrichtung in der Yoga Asana*, in dem sie die genaue Ausrichtung vieler Asanas einzeln grafisch-poppig visuell aufbereitet hat.
Je nach Stil und Schule, in der du Yoga unterrichtest, gibt es natürlich jeweilige Besonderheiten in Ausrichtung und technischem Detailreichtum. Deine Ausbilder*innen haben dir diesbezüglich sicher gutes Material zur Verfügung gestellt. Ich nehme mein Manual aus der Ausbildung sowie meine eigenen Notizen dazu sehr häufig in die Hand.
Assists und Anatomie
Mehr über Ausrichtung einzelner Asana lernst du auch in Leslie Kaminoffs Yoga Anatomie* – ein Werk, das du unbedingt durcharbeiten solltest, wenn du dich dafür interessierst, wie der Körper im Detail in jeder Asana agiert und woher eventuelle Probleme und Schmerzen bei der Praxis rühren können.
Das Buch ist sehr übersichtlich gegliedert: Im einführenden Teil gibt es allgemeines Wissen zu Atmung, Wirbelsäule, Skelett und Muskeln. Anschließend werden einzelne Asanas in Gruppen (stehende, kniende, in Rückenlage etc.) bis ins kleinste detail anatomisch aufgeschlüsselt. Was macht welches Gelenk in welcher Asana? Welche Muskeln sind aktiv, welche gedehnt?
Mit diesem Wissen kannst du auch Hands-On Assists gezielter und sicherer praktizieren. Zugegebenermaßen eigne ich mir mein Wissen über Assists fast nur in der Praxis beim Ausprobieren mit anderen Yogalehrer*innen an. Man muss erlebt haben, wie sich so ein Assist anfühlt, um ihn wirklich anwenden zu können.
Als Nachschlagewerke und Anregung zum Ausprobieren sind jedoch Yoga Assists* von David Life und Sharon Gannon (der Klassiker) sowie Hands On Yoga* von Nadezhda Georgieva (das Modernere) sehr gut geeignet. In beiden Büchern findest du viele Abbildungen, die mit Grafiken und Hilfslinien auch die Richtung und Energieverläufe der jeweiligen Hilfestellungen veranschaulichen.
Sequencing und Unterrichtsgestaltung
Der Kalifornier Mark Stephens, der seit Jahrzehnten Yoga unterrichtet, hat mehrere Yoga-Bestseller geschrieben, darunter auch Yoga Unterrichten – Grundlagen und Techniken.* Das Buch behandelt in übersichtlichen Kapiteln alles rund um den Unterricht von Yogaphilosophie über Raumgestaltung, Verwendung von Hilfsmitteln und Vermittlung von Asanas, Pranayama und Meditation bis hin zu Marketing und Unterricht für spezielle Bedürfnisse.
Stephens gibt einen guten Überblick über die Vermittlung einzelner Asana und unzählige Tipps, wie man komplexe Übungen leicht erklären kann; besonders gut gefallen mir auch die Tabellen, in denen man klare, knappe Formulierungen für verbale Übungsanweisungen findet.
In Yogaworkouts Gestalten* geht Stephens speziell auf Sequencing, also die Gestaltung von sinnvollen Übungsabfolgen in einer Yogastunde ein. Das Buch empfehle ich vor allem den Lehrenden, die eher auf sich allein gestellt unterrichten und nicht einer Schule angehören, die sowieso spezielle Sequenzen und Richtlinien für Elemente einer Yogastunde hat.
Stephens bespricht hier einerseits grundlegende Prinzipien von Vinyasa und Unterrichtsgestaltung, andererseits die Bedürfnisse unterschiedlicher Levels sowie Alters- und Zielgruppen. Insgesamt 67 Sequenzen sind detailliert im Buch dargestellt. Eine Schatzkiste!
Das Lehrer*innendasein im Allgemeinen
Yoga Lehren – Die sieben Schlüssel für einen guten Yogaunterricht* von Maren Brand und Christina Lobe ist nicht nur der jüngst erschienene Titel unter den von mir hier vorgestellten, sondern auch meine persönliche Überraschung. Ich habe dieses wahnsinnig hübsche Buch aufgemacht und mich gleich irgendwie verstanden, begleitet gefühlt. Von einem Fachbuch!
Die Autorinnen haben ihr Werk als Arbeitsbuch aufgezogen, das dich als Lehrer*in mit enthaltenen Fragebögen und Übungen durch einen Prozess hin zu einem authentischen, klaren und persönlichen Yogaunterricht begleitet.
Hier geht es nicht nur um technische Asana-Details, Assists oder Sequencing (die durchaus auch Platz bekommen), sondern um sieben Aspekte der Praxis als Yogalehrende, die uns alle betreffen und die eher in einem individuellen Prozess erlernt werden als beim Schulbank-Drücken.
Was ist eigentlich meine Intention bei dem Ganzen? Wie halte ich Raum? Wie kann ich das Herzthema der Stunde authentisch transportieren? Mit derartigen Fragen setzt du dich nicht zuletzt auch in Form von Übungen auseinander, die dir an die Hand gegeben werden.
Natürlich sind die wichtigsten historischen und philosophischen Yogatexte ein Muss in jeder Yogi-Bib.
Über das Yoga Sutra von Patanjali, die Bhagavad Gita und die Hatha Yoga Pradipika hat Rebecca hier einen Artikel geschrieben.
Wenn du jetzt die Hände über dem Kopf zusammen schlägst und rechnest, wie viel alle diese Bücher zusammen kosten würden: Wie gesagt, kein Stress! Schaff sie dir Stück für Stück an, kaufe sie gebraucht, lass sie dir schenken und besorge dir natürlich nur die, die dich wirklich ansprechen. Du kannst sie sowieso nicht alle auf einmal lesen. Aber gottseidank haben wir ja mindestens noch ein ganzes Leben dafür vor uns.
Welche Yogabücher dürfen in deiner Lehrbibliothek außerdem nicht fehlen?
Ich freue mich auf Tipps in den Kommentaren!
Fotos © Lydia Hersberger
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3 Kommentare / Schreibe einen Kommentar
Ich liebe das Buch von Christina Lobe und Maren Brand sehr – es ist so völlig anders und eine echte Bereicherung!
Hallo Ulrike,
auch wenn ich keine Yoga-Lehrer Ausbildung plane, finde ich einige wertvolle Perlen in deinen Empfehlungen.
Vielen Dank dafür.
Bin immer wieder erfreut, wenn ich als Yoga-Schüler auch meinen Wissens-Horizont diesbezüglich erweitern darf.
Lieben Gruß, Michel
Hallo Michel, danke für dein Lob! Freut mich dass du damit was anfangen kannst. LG