Bandhas beim Yoga: Warum sie wichtig sind und wie du sie aktivierst

Bandha ist Sanskrit für Verbindung, Verschluss, Kontraktion oder Band. Man versteht darunter teils sehr subtile Muskelbewegungen, die beim Yoga zum einen für körperliche Stabilität sorgen und zum anderen die Lebensenergie (Prana) im Körper lenken. Zu den bekanntesten Bandhas gehören Mula Bandha, Uddiyana Bandha und Jalandhara Bandha.

Mehrere der Bandhas, die wir hier vorstellen, erfordern das Aktivieren tief liegender Muskeln, die wir im Alltag nicht bewusst benutzen. Es erfordert daher Übung und Geduld, die Bandhas richtig kennenzulernen und beim Yoga auch dann zu halten, wenn dein*e Lehrer*in dich gerade nicht daran erinnert. 

Warum sind Bandhas beim Yoga üben wichtig? 

In der Asana-Praxis und beim Pranayama (Atemübungen) bringen wir unseren Körper kontrolliert an seine Grenzen. Das bedeutet nicht unbedingt, dass wir die Füße hinter dem Kopf verschränken müssen. Auch einfache Umkehrhaltungen wie der Schulterstand oder Rückbeugen sind für unser Nervensystem und unsere Muskeln teils ungewohnt. 

Bandhas helfen uns dabei, den Körper zu stabilisieren und so vor Verletzungen zu schützen. Gleichzeitig wirken sie – zusammen mit dem Atem – beruhigend auf das Nervensystem. Bandhas lenken die Lebensenergie so, dass möglichst wenig davon verloren geht. 

Dieses konzentrierte, geerdete und entspannt-energievolle Gefühl nach der Praxis haben wir demnach unter anderem den Bandhas zu verdanken.

Woher kommen die Bandhas?

Die Bandhas kommen aus der Hatha Yoga Pradipika, dem Grundlagen-Werk des Hatha Yoga. Der Text beschreibt den Weg des Hatha Yoga sehr praktisch und stellt verschiedene Arten der Energiearbeit vor, die Praktizierenden den Zugang zu tieferen Bewusstseinsebenen ermöglichen und so schließlich zur Erleuchtung führen sollen. 

Und zu diesen Energiearbeits-Praktiken gehören auch die zehn sogenannten Mudras (Gesten, die den Energiefluss lenken). Die Bandhas wiederum sind eine Unterkategorie der Mudras. Erklärt werden sie im dritten Kapitel. Wenn du selbst nachlesen möchtest, empfehlen wir dir diese zwei Ausgaben der Hatha Yoga Pradipika: 

Diese 4 Bandhas solltest du kennen

Die vier wichtigsten Bandhas aus der Hatha-Tradition sind Mula Bandha (Beckenboden), Uddiyana Bandha (unterer Bauch), Jalandhara Bandha (Kehle) und Maha Bandha (Kombination aus allen vorherigen drei). 

>>Lesetipp: Yoga Zubehör und Hilfsmittel – So setzt du Block, Bolster und Decke sinnvoll ein

In der Asana-Praxis sind Mula Bandha und Uddiyana Bandha deine wichtigsten zwei Bandha-Begleiter. Jalandhara Bandha und Maha Bandha kommen vornehmlich beim Pranayama zum Einsatz.

Mula Bandha – der Beckenboden-Verschluss 

Mula Bandha, der Beckenboden- oder Wurzelverschluss, verbindet die Körpervorderseite mit der Körperrückseite, baut die tiefe Bauchmuskulatur auf und verleiht Stabilität – auf körperlicher sowie feinstofflicher Ebene. 

So aktivierst du Mula Bandha:

  • Konzentriere dich auf deinen Beckenboden
  • Finde den Raum zwischen Steißbein und Schambein sowie zwischen dem rechten und linken Sitzhöcker. Zieh diesen Raum zusammen.
  • Spann deine Muskeln um den Anus sowie den Damm (das Stück zwischen Genitalien und Anus) an.
  • Für Menschen mit Vagina: Zieh die Vagina-Öffnung zusammen und nach oben.
  • Für Menschen mit Penis: Zieh die Hoden wie in deinen Körper hinein.

Achtung: Bei all diesen Aktivierungen geht es um subtile Muskelkontrolle. Anfangs spannst du deine Muskeln vielleicht stärker an. Später wirst du durch Übung lernen, sie auch subtiler anzusteuern.

Das Ziel besteht – wie bei den anderen Bandhas auch – nicht darin, die Muskeln so stark anzuspannen, wie du nur kannst. Schließlich solltest du die Bandhas über eine längere Zeit halten können. Finde also behutsam die Intensität, die sich für dich gut anfühlt. 

Der Effekt von Mula Bandha

Auch wenn es bei Mula Bandha viel um die Muskulatur rund um die Genitalien geht, hat der Beckenboden-Verschluss keine sexuelle Konnotation. Im Gegenteil: Du lenkst deine Energie tief in deinen Körper hinein und hältst die Energie vom Muladhara Chakra zusammen, dem Energiezentrum der Stabilität und der menschlichen Grundbedürfnisse. 

Dabei entlastest du den unteren Rücken. Wenn du also zum Beispiel im Krieger merkst, dass du ins Hohlkreuz fällst oder in Balance-Haltungen umkippst, ist das ein klares Zeichen dafür, dass Mula Bandha nicht richtig aktiviert ist. 

Mula Bandha kann man übrigens immer und überall üben. Sogar im nächsten Meeting im Büro. Unsichtbare Übung, große Wirkung!

>>Tipp: Hast du deine Chakren schon gecheckt? Mach mit beim großen FLGH Chakra Journey!

Uddiyana Bandha – die Bauchkontraktion

Uddiyana Bandha, der Verschluss der hochfliegenden Bauchdecke, wird auch als Schleuse für Energie verstanden, die das Manipura Chakra (Bauch-Chakra) mit dem Herzen verbindet. Durch den eingezogenen unteren Bauch werden die Verdauungsorgane angeregt, was den Körper bei seinem natürlichen Reinigungsprozess unterstützt. 

So aktivierst du Uddiyana Bandha:

  • Zieh den unteren Bauch ein und hoch, indem du den Bauchnabel Richtung Wirbelsäule und Zwerchfell ziehst. 
  • Der Bauch sollte jetzt nicht weich, aber auch nicht steinhart sein.
  • Du solltest weiter frei in den Brustkorb atmen können. Das Zwerchfell hat Platz, sich auszudehnen. 

Auch bei Uddiyana Bandha musst du wahrscheinlich erst ausprobieren, welche Intensität für dich passt. Wenn du merkst, dass während der Praxis dein Kiefer verkrampft, deine Schultern angespannt sind oder du gar Probleme beim Atmen bekommst, hältst du die Bandhas vielleicht zu fest. Taste dich also an die passende Bandha-Aktivierung heran. 

Der Effekt von Uddiyana Bandha

Auch Uddiyana Bandha stabilisiert den Rücken. Zudem schaffst du durch die Aktivierung Platz für Vorbeugen und twists, um tiefer in die Asanas zu gehen. In der sitzenden Vorbeuge zum Beispiel wird durch Uddiyana Bandha die Wirbelsäule gerader ausgerichtet und du hast mehr Platz, um deinen Oberkörper Richtung Beine zu bringen. 

Uddiyana Bandha vs. Uddiyana Kriya

Aufgrund der reinigenden Wirkung dieser Übung wird eine ähnliche Aktivierung als Kriya (Reinigungstechnik) genutzt. Uddiyana Kriya kannst du am leichtesten herbeiführen, indem du dich mit gebeugten Knien beim Ausatmen vorbeugst und auf den Knien abstützt, die Lungen ganz leer machst, deinen Bauchnabel leicht anziehst und dich dann, weiter mit leeren Lungen, aufrichtest und die Atemleere einige Sekunden hälst. Richte dich auf und atme dann entspannt ein. 

In diesem Video erklärt Yoga-Legende Kino MacGregor den Unterschied zwischen Uddiyana Bandha und Uddiyana Kriya.

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Jalandhara Bandha – der Kehlverschluss 

Jalandhara Bandha wird im Hatha- und Vinyasa-Yoga hauptsächlich für Atemübungen genutzt und spielt in der Asana-Praxis keine Rolle. Zwar nimmst du in Setu Bandhasana (Rückbeuge) oder Salamba Sarvangasana (Schulterstand) eine ähnliche Haltung ein, in der das Kinn in Richtung Brustbein gebracht wird, allerdings entsteht hier kein Verschluss der Kehle.  

So aktivierst du Jalandhara Bandha:

  • Neige deinen Kopf sanft nach vorn
  • Zieh das Kinn zum Brustbein
  • Leg deine Zunge mit der Oberseite an den Gaumen
  • Zieh deine Kehle leicht zusammen 

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Der Effekt von Jalandhara Bandha

Jalandhara Bandha wirkt gleichzeitig als Verschluss und als Schleuse. Durch die Haltung wird der Atem angehalten. Und durch die verlängerte Wirbelsäule entsteht energetisch eine Öffnung, die die Energie vom sechsten in das siebte Chakra lenkt. Das Kinn am Brustbein steht sinnbildlich für die Verbindung von Gehirn und Herz. 

Diese Bandha hat eine sehr intensive Wirkung und ist nur etwas für fortgeschrittene Praktizierende, die schon einige Erfahrung mit Pranayama machen konnten. Probiere Atemübungen, in denen Jalandhara Bandha eine Rolle spielt, am besten nur gemeinsam mit einer lehrenden Person aus. 

Maha Bandha – das große Ganze

Wenn du alle drei Bandhas gleichzeitig einnimmst, ist das der vollständige Verschluss, Maha Bandha. Dieser Übung wird nachgesagt, gut für so ziemlich alles zu sein. Ist eigentlich logisch: kleine Muskeln trainieren, andere Muskeln und Gelenke dabei entlasten, den Atem gut kontrollieren lernen, Platz für mehr Tiefe schaffen…

Eine Übung mit Maha Bandha könnte zum Beispiel so aussehen:

  • Nimm Padmasana oder eine andere aufrechte Sitzhaltung ein
  • Aktiviere Mula Bandha und Uddiyana Bandha
  • Atme vollständig aus und dann tief ein
  • Halt die Luft an
  • Senke deinen Kopf nach vorn
  • Aktiviere Jalandhara Bandha und verweile in dieser Haltung
  • Wenn du die Luft nicht mehr anhalten kannst, heb den Kopf und atme wieder tief ein
  • Wiederhole die Übung, wenn du möchtest 

Auch hier gilt wieder: Diese Übung solltest du nicht allein ausprobieren, außer, du konntest dich schon gemeinsam mit einer*m Lehrer*in an Maha Bandha herantasten. 

Meine Erfahrung mit Bandhas: Too much intention creates tension 

Ich will ehrlich sein: Meine Beziehung zu Bandhas ist kompliziert. Zum einen sind gerade Mula Bandha und Uddiyana Bandha für eine fokussierte, stabile Asana-Praxis, ganz speziell im Ashtanga Yoga, unerlässlich. Ich liebe es, tiefer in eine Asana zu kommen, nachdem ich meinen Bauch noch ein Stück weiter nach innen und oben gezogen habe. Die Wirbelsäule wird länger und ich habe mehr Platz zum Atmen. 

Doch wenn ich mir zu viel Mühe mit den Bandhas gebe, bekomme ich Kopfschmerzen oder mir wird übel. Besonders schlimm ist das in der Zeit kurz vor oder während meiner Periode. Ich achte also darauf, mich nicht zu überanstrengen. 

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Ich glaube, dass die Bandhas wie so vieles im Yoga ein Balanceakt sind zwischen Gelassenheit und Anstrengung. Daher finde ich es wichtig, geduldig mit dem eigenen Körper zu sein, ohne jemals aufzugeben. 

FAQs

Sind Bandhas Mudras?
Ja, Bandhas können zu den Mudras gezählt werden. Insgesamt sind Mudras nämlich Gesten, die die Energie lenken. Und genau das tun Bandhas eben auch. 

Welche Bandhas gibt es?
Allgemein ist ein Bandha einfach ein energetischer Verschluss, der Prana im Körper hält und bewegt. Besonders häufig werden die in diesem Artikel erklärten Mula Bandha, Uddiyana Bandha, Jalandhara Bandha und Maha Bandha referenziert. Hinzu kommen Padha Bandha und Hasta Bandha, die Verschlüsse der Hände und Füße. 

Was passiert, wenn ich ohne Bandhas Yoga übe? 
Weil die Bandhas für Stabilität sorgen, unterstützen sie deinen Körper in der Asana-Praxis. Du kippst leichter in Fehlhaltungen und belastet empfindliche Regionen wie den unteren Rücken, was langfristig zu Beschwerden führen kann.

Titelbild © Darius Bashar via Unsplash

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2 Kommentare / Schreibe einen Kommentar

  1. Sehr informativ und super geschrieben, dankeschön! Mir geht es genauso – wenn mich niemand an die Bandas erinnert, vergess ich sie schon mal, besonders in den stehenden Asanas. Und bin dann immer wieder entzückt, wie viel stabiler sich alles mit Bandas anfühlt :-) An die Kehlkopf-Banda werde ich bei der nächsten Brücke denken, die hatte ich noch nie ausprobiert. Liebe Grüße!

  2. Hi.
    Zur Zeit tauche ich immer weiter in die Welt der Bandhas ein und merke, dass meine Yogapraxis intensiver wird. Die Verbindung von Körper und Geist wird irgendwie stärker.

    Übrigens der Beitrag ist super geschrieben mit tollen Infos, die mir weiterhelfen.

    Namaste, Corinna (:

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