[Unbezahlte Freundschaftswerbung] Den eigenen Körper wieder spüren und bewohnen: Dörte Stanek hat Somatische Psychologie studiert und begleitet Frauen in ihrer Berliner Praxis. Vor zwölf Jahren begann sie, ihren eigenen Zyklus zu erforschen und teilt seitdem das Wissen über diesen Aspekt des Frauseins passioniert mit anderen.
Gemeinsam mit der Illustratorin Bronwyn Schuster hat sie einen wunderschönen Menstruationskalender entworfen, um Frauen eine Struktur für die Wahrnehmung des eigenen Zyklus anzubieten. Für jeden Zyklus gibt es ein Zyklusrad in dem du dir notieren kannst, wie es dir an dem jeweiligen Tag geht, wie dein Energielevel ist, was du geträumt hast und wie kreativ du bist. Ich habe mit ihr darüber gesprochen, was Zyklusarbeit genau bedeutet und warum es gut ist, sich mit dem eigenen Zyklus auseinanderzusetzen.
Warum macht es Sinn, sich mit den Zyklen des Lebens zu beschäftigen?
Das Zyklische ist unsere Natur und wir sind umgeben von einer Welt, die zyklisch ist. Die äußeren Zyklen, wie zum Beispiel die Jahreszeiten, Tages-und Nachtrhythmus oder der Verlauf der Mondin, sind wie Spiegel unseres Selbst. Es gibt Momente der Stille und ein Zu- und Abnehmen von Kraft und Energie. Aber leider leben wir in einer Gesellschaft, die sich als getrennt von der Natur erlebt, weil sie mehr Fokus auf Kopfarbeit legt anstatt auf das körperliche Spüren.
Was genau verstehst du unter Zyklusarbeit?
Bei der Zyklusarbeit geht es darum, sich wieder als zyklisch wahrzunehmen – über die körperliche und die emotionale Ebene. Unser modernes Leben verläuft sehr linear und immer mehr Menschen ermüden in den erfolgsorientierten Prozessen. Wenn wir uns wieder erlauben, unseren eigenen Lebenszyklus mit Phasen der Ruhe und Stille und Phasen der Ausdehnung und Aktivität zu erspüren und kennenzulernen, dann kann das sehr heilsam sein.
Die Struktur der wiederkehrenden Zyklen, die über den Körper erfahrbar sind, können Halt und Verbundenheit im Inneren geben. Das kann uns dabei helfen, nicht mehr so stark auf das Außen für Lösungen angewiesen zu sein. Die Zyklusarbeit gibt eine wunderbare Struktur dafür: Wie sieht eigentlich mein eigener Zyklus aktuell aus? Wie fühle ich mich körperlich und emotional in den verschiedenen Phasen? Wie fühle ich mich heute? Was brauche ich heute?
Warum sollten sich Frauen mit ihrem Zyklus beschäftigen?
Der Menstruationszyklus ist quasi ein innerer Kompass oder auch Feedbacksystem, den die Natur den Frauen geschenkt hat. Und jede Frau hat ihre eigene Beziehung mit diesem Kompass. Viele Frauen denken beim Menstruationszyklus an die Blutung und leben von Blutung zu Blutung, also auch wieder linear. Es gibt aber auch den Raum zwischen den Blutungszeiten, der genauso zum Zyklus gehört und ein wichtiger Ratgeber für innere Gefühlszustände und Bedürfnisse ist.
Außerdem bringt der Menstruationszyklus Fokus auf ein zentrales Körperteil – das Becken. Über das Becken erfahren wir Erdung, inneren Halt. Es ist der Ort der Kraft, Kreativität, des Genusses, des Erschaffens, des Reifens, des Aufnehmens und des Loslassens. Das sind alles essentielle Lebensaufgaben, die Frauen bewusst mit dem Zyklus üben können.
Die Blutungszeit, zum Beispiel, ist ein ganz natürlicher meditativer Zustand, in der die Frau sich öffnet, um loszulassen, um das Gefühl von Leere in sich zu tragen. Nur aus der Leere, Stille und Ruhe kann wieder etwas Neues wachsen. Deshalb ist die Zyklusarbeit für mich der spirituelle weibliche Weg. Der Weg der Präsenz mit sich und der Selbstliebe.
Was meinst du damit?
Wenn ich mir meiner Emotionalität, Bedürfnisse und Grenzen gewahr werde und mich damit annehme, kann ich liebevoller mit mir sein und vielleicht auch Dinge tun oder in einer Art leben, die nicht unbedingt dem vorgegebenen Raster entspricht. Viele Frauen haben zum Beispiel Probleme damit, sich auszuruhen.
Dinge einfach liegen zu lassen, sich Raum für sich selbst zu nehmen. Wir treiben uns immer weiter voran und gönnen uns selten wirklich eine Auszeit. Und mit Auszeit meine ich nicht Ablenkung, sondern tatsächliche Stille und Nichtstun. Deshalb ist es für Frauen, die mit der Zyklusarbeit beginnen, oft erst mal eine Herausforderung, die ruhigen, in sich gekehrten Phasen des Zyklus anzunehmen. Die Zyklusarbeit hilft uns dabei, sanft mit uns umzugehen. Und anzunehmen, dass unser Leben einen ständigen Prozess des Wandels unterliegt.
Der Zyklus hat in unserer linearen Gesellschaft ja nicht wirklich einen Platz.
Ja, das stimmt. Die meisten von uns sind weder von ihrer Mutter noch von ihrer Großmutter in das kostbare Wissen um den Zyklus initiiert worden. In der Schule werden ein paar biologische Details weitergegeben. Übrig bleibt oft ein Schamgefühl und eine negative Einstellung zum Thema.
So gingen die Magie und die Potentiale des Menstruationszyklus von Generation zu Generation verloren. Doch so langsam fangen die Frauen wieder an, sich ihrem Zyklus und damit auch einem fundamentalen Teil ihres Selbst zuzuwenden. Meine Hoffnung und mein Wunsch ist es, dass sich die gesellschaftlichen Strukturen dahingehend verändern, dass Frauen im Alltag ihre zyklische Natur mehr leben können!
Du hast einen wunderschönen Zykluskalender entworfen und herausgebracht. Wie kam es zu dieser Idee?
Viele Frauen fragten mich in meinen Workshops, wie sie am besten mit der Zyklusarbeit beginnen können bzw. wie sie diese Arbeit in ihren Alltag integrieren können. Aus meiner eigenen Forschungsreise mit meinem Zyklus hatte ich eine Vorstellung von einer ungefähren Struktur. Daraus ist dann der Kalender entstanden. Er fasst alle Aspekte zusammen, die uns dabei unterstützen können, unsere zyklischen Natur zu entdecken und die magischen Lebensnetze, die uns die ganze Zeit halten, zu spüren. Dieser Kalender vereint Menstruationskalender, Mondinkalender, persönliches Journal oder auch Workbook in einem.
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