Irgendwann hat es angefangen, mich zu nerven: All die zauberhaften Zitate aus dem Yoga und Buddhismus, die auf Social Media und überall herum schwirren. Nicht aufgrund ihrer Botschaft, sondern weil sie so erhaben klingen, als hätte sie der Himmel höchstpersönlich ausgepupst.
Wenn ich mich selbst nerve oder wütend auf jemanden bin, hilft mir das Null.
Dann passt das Gesäusel einfach nicht zu der Emotion, die gerade in Überschallgeschwindigkeit und mit zu viel BPM durch meinen Körper und Kopf rauscht. Um aufzuwachen, hilft eine Ohrfeige manchmal mehr als eine sanfte Berührung. Bringen wir es auf den Punkt:
„Dir Federn in den Arsch zu stecken, macht dich noch nicht zum Huhn.“ – Tyler Durden, Fight Club
Falls du es verbal gelegentlich in your face brauchst, um den richtigen Nerv zu treffen, bekommst du hier die passenden yogaphilosophischen Weisheiten von harten Kerlen. Die haben das süße Vokabular gegen schonungslose Worte getauscht und sind dennoch – oder gerade deswegen – Yogis der Superlative.
Fight Club: „Du bist der singende und tanzende Abschaum der Welt.“
„Die Dinge die du besitzt werden letztendlich dich besitzen. (…) Du bist nicht deine Arbeit. Du bist nicht wieviel Geld du auf dem Konto hast. Du bist nicht das Auto das du fährst. (…) Wir sind alle Teil vom selben Komposthaufen. (…) Wir arbeiten in Jobs die wir hassen, nur damit wir Scheiße kaufen können, die wir nicht brauchen. (…) Was willst du? Willst du zurück zu deinem scheiß Job, in deine scheiß Wohnung um Sitcoms zu glotzen? Fick dich, das werde ich nicht tun.” – Tyler Durden/Brad Pitt
Der Ego Klassiker: Wir sammeln Dinge, im Glauben dass sie uns vervollkommnen. Und identifizieren uns irrtümlicherweise mit ihnen. Wir stopfen so unsere Minderwertigkeitslöcher mit Ego-Bauschaum. Kurzfristig tut das Füllmaterial sogar seinen Job. Meist dauert es aber nicht lange, bis die Begierde nach mehr mit noch höherem Druck durch ein anderes Loch drängt. Im Yoga nennt sich das „Raga“ (Sanskrit für Verlangen, Begierde) und ist eines der Leid erzeugenden Faktoren (Kleshas).
Fight Club beschäftigt sich mit dem Konsum und dem notorischen Unglücklichsein der im Überfluss Erstickenden.
Wir sind unglücklich, weil wir im Materiellen an der falschen Stelle nach Sicherheit suchen.
Wer nicht sterben will, braucht den Konsum natürlich bis zu einem gewissen Maße. Es hat z.B. überlebenstechnische Vorteile, sich einen Unterschlupf herzurichten und für Essen zu sorgen. Unser Geist ist allerdings so programmiert, dass er nach immer mehr Sicherheit sucht. Die findet er dann komischerweise in Dekoration und Molekularküche. Er beginnt Dinge anzuhäufen, um ein fehlendes Gefühl innerer Sicherheit durch Materie zu kompensieren.
Temporär entsteht dadurch eine Illusion des Friedens. Langfristig weiß man aber spätestens, wenn man eigene Häuser baut, dass aus jeder Art von Konsum und Besitz eine neue Verpflichtung entsteht, mit neuen Problemen im Windschatten.
Weil das aber jeder so macht, gehen wir nächsten Montag gemeinsam mit unseren Freunden des gepflegten Komposthaufens wieder zur Arbeit. Dort freuen wir uns dann bis zur Pension auf Freitag, um am Wochenende den hart verdienten Haufen zu dekorieren, im Glauben es handle sich um etwas Wertvolles. Das mit dem Abschaum klingt erstmal hart, aber wenn wir ganz ehrlich sind….
In Matrix werden wir darüber aufgeklärt warum wir so sinnlose Sachen machen: Es ist halt bequem!
Matrix: „Ignoranz ist eine Wohltat!“
“Die Matrix ist die Welt, die über deine Augen gestülpt wurde, damit du blind für die Wahrheit bist. (…) Dieses System ist unser Feind. Aber wenn du drinnen bist, dich umsiehst, was siehst du? Geschäftsleute, Lehrer, Anwälte, Tischler. Genau die Seelen von den Menschen die wir versuchen zu retten. Aber bis das geschieht, sind diese Menschen Teil des Systems und dadurch unser Feind. Du musst verstehen, die meisten dieser Menschen sind nicht bereit um abgekoppelt zu werden. Und viele von ihnen sind so hoffnungslos abhängig vom System, dass sie bereit sind zu kämpfen, um es zu beschützen. (…)” – Cypher/Joe Pantoliano
Die Matrix ist nichts anderes als das allseits beliebte Hamsterrad des Unbewusstseins. Es läuft so schön gleichmäßig in stetigem Tempo vor sich hin, man kennt all seine nicht vorhandenen Ecken. Es hat einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Welt außerhalb der Matrix. Man ist da drinnen nie alleine. Neben der Kompostvorliebe teilen wir auch die Leidenschaft für das gemeinsame Laufen im Rädchen der Hoffnungslosen.
Wir klopfen uns auf die Schultern, erinnern uns daran, dass wir nichts in unserem Leben ändern können, keine Wahl haben und die Welt verantwortlich ist für unser Leiden. Gemeinsam ist man weniger alleine? Ist das wirklich ein guter Grund, um nicht auf Entdeckungstour zu gehen, was außerhalb der Matrix so abgeht? Wir leben in der Matrix wie in der Truman Show und das Ganze funktioniert so ausgezeichnet, weil jeder mitspielt. Und doch kennen wir nur wenige Menschen, die glücklich und zufrieden sind. Zumeist handelt es sich einfach nur um die besseren Schauspieler.
Avidya, die Unwissenheit, ist ebenfalls eines der Kleshas im Yoga.
Wir sind unwissend darüber, dass die Matrix nicht die wirkliche Welt ist, sondern das, was außerhalb davon passiert.
Solange wir es nicht besser wissen und uns im Rad selber in den permanenten Dämmerschlaf versetzen, sind wir de facto nicht am Leben. Was tot ist kommt wohin? Auf den Komposthaufen, da haben wir ihn wieder. Unbewusst sind wir wie in einem Traum, den wir für wirklich halten. Von außen bekommen wir die Bestätigung, dass es sich um die Realität handelt. Weil niemand die Träumerei wahr haben will, schließt man sich zusammen und beschützt das System.
All jene, die schon einmal die Matrix verlassen haben, machen den Hamsterradlern Angst. Die haben dann meist weniger Freunde, aber dafür gute. Wir wollen aus Bequemlichkeit einfach nicht, dass unser Weltbild ins Wanken gebracht wird. Wir halten es schließlich schon für den Weltuntergang, wenn unsere Firma ein neues IT System einführt.
Rocky: „Wenn du weißt, was du wert bist, dann geh’ raus und hole es dir, aber nur wenn du bereit bist, die Schläge einzustecken!“
„Du kannst es schaffen. Der Unterschied zwischen einem Helden und einem Feigling ist der, dass der Held bereit ist darum zu kämpfen, es zu versuchen! Hast du verstanden? Der Kerl da drüben hat auch Angst, ihr beide habt Angst. (…) Aber der Punkt ist nicht der, wie hart einer zuschlagen kann, es zählt bloß, wieviele Schläge er einstecken kann und ob er trotzdem weitermacht.“ – Rocky/Sylvester Stallone
Du und ich wir wollen im Leben genau eines: Besonders sein. Jeder auf seine Weise. Dafür legen wir uns einen individuellen Charakter zu. Charisma bekommen wir allerdings nur außerhalb des Hamsterrades, denn drinnen sind wir alle gleich. Jetzt wissen wir auch, warum wir abends abgekämpft Netflix schauen. Es ist doch ziemlich anstrengend, in einem Zoo von Gleichgeschalteten für seine Besonderheit zu kämpfen.
Hier liegt ein ganz wesentlicher Lebenskonflikt. Im Yoga und Buddhismus gibt es das Wort Dharma, die eigene Bestimmung.
Wer die eigene Bestimmung finden will, muss sich loseisen vom Rest des Abschaums.
Da draußen weht allerdings kalter Wind und auf den kann einen keiner vorbereiten. Im Gegenzug steigt aber auch der Spaßfaktor.
Wer wissen will, wofür er geboren wurde, muss Schläge einstecken können. Je mehr desto besser, weil sie uns Erfahrung schenken und wichtige Wunden, die wir Zeit unseres Lebens nie vergessen. Wir brauchen diesen Schmerz, um herauszufinden was Liebe ist und wer wir sind, wenn wir ihn fühlen.
Bruce Lee: “Ich habe keine Angst vor dem, der einmal 10.000 Kicks geübt hat, aber vor dem, der einen Kick 10.000-mal geübt hat.”
Sich selbst in seiner Bestimmung zu finden erfordert Zeit, Disziplin und Tapas, das yogische Durchhaltevermögen. Warum ist meditieren so schwer? Sitzen, nichts tun. Fast frevelhaft in unserer Performance-Kultur. Wir sind es schlichtweg nicht mehr gewohnt, nur für eine Party zuzusagen. Wir brauchen Optionen und die Unverbindlichkeit, weil wir dann immer flott flüchten können, wenn es uncool wird.
Aber wer kann seine Grenzen überschreiten lernen, wenn er sie nie kennenlernt? Es bringt nichts, auf unzählige Seminare zu gehen, als blasser Bücherwurm zu enden oder immer noch eine neue spirituelle Technik zu lernen.
Wirkliches Wachstum entsteht aus der Fähigkeit, sich einer einzelnen Sache intensiv zu widmen.
Allein wenn man sich auf seine dunklen Schatten konzentriert, hat man doch schon Material für das ganze Leben.
Aber Vorsicht: Bruce Lee warnt vor einem Phänomen, das den Selbstfindungsprozess begleitet: „Wenn du kritisiert wirst, dann musst du irgendetwas richtig machen. Denn man greift nur denjenigen an, der den Ball hat.“
Außerhalb der Matrix gibt’s Gegenwind, denn schließlich ist man sowas wie ein Staatsfeind für die Unbewussten. Die finden nichts blöder, als daran erinnert zu werden, dass sie auf einem schicken Komposthaufen vor sich hin faulen.
From Dusk Till Dawn: „Irre explodieren nicht, wenn das Sonnenlicht sie trifft, ganz egal, wie irre sie sind!“
„Von jetzt an steht ihr alle in meinem Buch der coolen Leute.“ – Seth/George Clooney
Wer seinen Weg geht, wirkt für alle anderen irgendwie komisch. All diese Eigenheiten können furchteinflößend sein für jene, die sozial formidabel angepasst sind. Manch einer wird geneigt sein, das als Pathologie zu betrachten.
Ziel des Lebens bleibt es zweifelsfrei dennoch, so Irre wie nur möglich zu werden.
Deshalb bloß nicht abschrecken lassen, wenn die Hamster aufgeregt piepsen. Je irrer, je unbesiegbarer wird man. Wer selbst den Tod nicht mehr fürchten muss (da sind wir beim Klesha Abhinivesa), der hat gegen die größte Angst des Menschen gewonnen und steht in George Clooneys Buch der coolen Leute. Hey, wenn das kein Anreiz ist!
Die abschließenden Worte gebe ich an Captain Jack Sparrow/Jonny Depp in Fluch der Karibik ab:
„Also, ich finde das alles sehr hübsch. Wir sind doch schließlich alle irgendwie weitergekommen. Spirituell, dramatisch, menschlich.“
Foto © Markus Spiske via Unsplash
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So geil, genau diese Woche ging mir das bei dem Zuckerfrei-Kurs, den ich anbiete und ich habe Bruce Lee, Fight Club und Matrix Zitate ausgekramt!?