Wie deine Erkältung zur spirituellen Praxis wird

Seit Ende letzten Jahres bin ich dauererkältet.

Genau genommen war ich 2017 noch keinen einzigen Tag so richtig gesund. Erkältung – Körperwehwehchen – Schnupfen – echte Grippe – Kopfschmerzen – Magengrummeln – neuer Schnupfen – richtig schlechte Laune. So ungefähr sahen die letzten Wochen bei mir aus.

Natürlich hatte ich mir den Start ins neue Jahr anders vorgestellt.

Am 1. und am 2. Januar hatte ich vor ausgedehnte Yogaklassen bei Sharon Gannon und David Life zu besuchen. Den Gründern der Jivamukti Yoga Methode, die nur noch sehr selten unterrichten und meistens auch nicht gerade in der Stadt, in der ich gerade bin. Unter anderem wegen dieser Klassen war ich extra nach New York geflogen. Die Silvesternacht habe ich gerade noch überstanden, pünktlich am 1. Januar lag ich mit dichter Nase, Kopf- und Gliederschmerzen im Bett statt mich im New Yorker Jivamukti Studio der Erleuchtung entgegenzustrecken.

Zuhause ging es weiter: Gleich beim ersten Tag Dynamic Meditation im Osho Studio zog ich mir eine Art Hexenschuss zu, so dass ich mich den Rest des Tages kaum mehr bewegen konnte. Ein paar Tage später – ich fühlte mich gerade wieder fit – überfiel mich eine fiese Grippe, die mich gute zehn Tage fest im Griff hatte und dafür sorgte, dass ich auch noch das Body Types and Character Structures Training, auf das ich mich so gefreut hatte, absagen musste.

Offensichtlich stand für mich gerade Ruhe auf dem Programm.

Krank im Bett hatte ich Zeit nachzudenken und musste mir eingestehen, dass ich ganz schön durch war. Ich hatte mal wieder vergessen, Pause zu machen. Über ein Jahr lang hatte ich auf allen Ebenen Vollgas gegeben: 5 (!) Retreats, einige Workshops und dann noch die regelmäßigen Klassen. Eine geschäftliche Trennung, Fuck Lucky Go Happy weiterentwickeln, das Daily Business und natürlich noch Weiterbildung. Privat war auch einiges los. Das erledigte ich nebenbei.

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Wenn ich mir rückblickend ansehe, was ich letztes Jahr alles gestemmt habe, bin ich ein bisschen stolz. Es ging was voran. Gleichzeitig war es schlicht und ergreifend viel zu viel. Mit meinem Tempo aus 2016 bin ich direkt ins neue Jahr gerauscht. Vollgas bis mein Körper plötzlich die Richtung änderte und mein Vorhaben, das neue Jahr mit einer Extra-Portion spiritueller Praxis zu beginnen, im Nullkommanix zerlegte.

Natürlich war ich nicht begeistert von meiner New York Erkältung. Ganz und gar nicht einverstanden war ich mit der Tatsache, das Body Types Training abzusagen. Und überhaupt hasse ich Kranksein. Doch offensichtlich brauchte ich den totalen Knock-Out, um endlich mal Ruhe zu geben.

Manchmal ist es die Bettruhe, die einen in Kontakt mit der eigenen Essenz bringt, nicht die Yogapraxis oder die allmorgendliche Meditation.

Eine der wichtigsten Zutaten einer spirituellen Praxis ist Hingabe. Das bedeutet auch unangenehme Gefühle zu fühlen, ungute Gedanken zuzulassen und zu verstehen, dass es eben nicht immer nach Plan läuft. Im Idealfall hilft einem eine spirituelle Praxis, sich besser kennenzulernen und einen Schritt weiter zu gehen auf dem Weg der Selbsterkenntnis anstatt wieder und wieder die gleichen Schleifen zu drehen.

Wenn wir annehmen, was ist und aufhören zu kämpfen, kann echte Weiterentwicklung geschehen.

Es hat eine Weile gedauert, doch anstatt meine Viren mit Grippe-Mitteln und Vitamin-Cocktails einigermaßen in Schach zu halten und einfach weiterzumachen, habe ich akzeptiert, dass ich mein normales Tempo gerade nicht halten kann und mich ins Bett gelegt.

Meine Erkältung hat mich mit genau den Themen in Kontakt gebracht, die ich gerne vermeide: Der Angst, nicht gut genug zu sein, wenn ich nicht funktioniere oder dem Gedanken, alles könnte den Bach runtergehen, wenn ich mich nicht kümmere. Natürlich ist keines der Worst-Case-Szenarien in meinem Kopf eingetreten. Ganz im Gegenteil:

Ich musste nur (mal wieder) verstehen, dass die Welt nicht untergeht, wenn ich Pause mache.

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Insofern war (und ist) meine persönliche Grippewelle vielleicht lehrreicher als alle Trainings und Workshops zusammen. Der Entschluss, nicht gegen die Krankheit anzukämpfen, sondern sie mit allem was dazu gehört anzunehmen, machte mich nicht nur klüger, sondern auch ein wenig gesünder.

Bis ich Mitte Februar nach Indien abdüse, werde ich deshalb Entschleunigung üben. Die Zeit dort nehme ich mir, um mir Gedanken zu machen über meine Projekte 2017. Der Winter ist nun einmal dazu da, sich zurückzuziehen und Kraft zu sammeln, um im Frühjahr, wenn die Natur erblüht, wieder durchstarten zu können.

Meine spirituelle Praxis in den nächsten Wochen wird es sein, Ruhe zuzulassen. Tee trinken statt Pranayama, lesen auf der Couch statt Asana im Studio. Schließlich heißt es nicht ohne Grund:

In der Ruhe liegt die Kraft.

Wenn du dich in meiner Geschichte wiederfinden konntest, dann lass diese Worte dein Mantra für den kommenden Monat sein. Versuche dich mit deiner Erkältung anzufreunden und herauszufinden, was sie Gutes mit sich bringt. Denk dran: Annehmen, was ist, ist der Schlüssel zum Glück. Denn manchmal verbringt sich hinter Schnupfen, Husten und Gliederschmerzen, eine tiefere Wahrheit, die einfach nur gehört werden will.

Gute Besserung und happy Februar!

Unterschrift XOXO Rebecca_pink

Bild: Grit Siwonia

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15 Kommentare / Schreibe einen Kommentar

  1. Dein Artikel hat auch 5 Jahre später noch Aktualität. In zwei Wochen ist das Manuskript meines zweiten Buches fällig. Ich arbeitete unter Vollgas neben meinem Job als Vorständin in einer Stiftung. Doch dann bäng, 39 Grad Fieber und so schlimme Schmerzen, dass ich sogar Schmerztabletten nahm, was ich sonst nie tue. Jetzt liege ich im Bett und gebe mich der Situation hin. Der Möglichkeit, dass wir nun den Erscheinungstermin nicht mehr einhalten können und wegen mir ganz viele Leute „Umstände“ bekommen. Doch vielleicht ist das die Message des Ganzen. Dass wir auch mal Umstand sein dürfen. Und seit langem hab ich endlich wieder Zeit, mit meinen zwei Katzen ausgiebig zu kuscheln. Danke für Deinen Artikel!

  2. …ich liege mit Erkältung den zweiten Tag zu Hause auf dem Sofa, hadere noch – aber beginne auch zu merken, das ist gut ist, fühle langsam Ruhe und Entspannung… auch wenn der Kopf dröhnt und die Nase dicht ist. Beim hin-und herblättern im Netz stoße ich auf deinen Artikel hier – und denke: ja ganz genau so ist es auch bei Dir – guck dir doch mal die letzten Monate an… wann hast du es geschafft ohne Erkältung dich mal einen Tag so mit dem zu befassen, was eigentlich wichtig ist? Ruhe, Gelassenheit, Achtsamkeit? Ja, es ist ganz klar – da war dann doch vielleicht auch ein bisschen zu viel an Aktivitäten, ein Runterschalten zwischendurch sah ich nicht für notwendig… Dies noch und das noch… und jetzt das Zeichen – verordnete Ruhe . Ja – ich darf das, weil es jetzt so ist und – es ist gut für dich! Danke von Christian

  3. Liebe Rebecca,
    Was du da alles schreibst, klingt weder achtsam noch spirituell. Es erweckt in mir den Anschein, als seien Achtsamkeit und Spiritualität für dich reines Business wo du Leistung bringen muss, wo du was schaffen willst. Es liest sich für mich so, dass du viele Dinge tust ‚um zu …‘ und nicht der Dinge wegen.

    Bitte verstehe mich richtig. Ich möchte dich damit in keiner Weise angreifen oder verurteilen! Ich möchte dich mit meiner Rückmeldung vielleicht zum nachdenken einladen.

    Nichts für ungut und achtsame Grüße
    Crealto.

  4. Danke Dir liebe Rebecca, Du bringst das Thema auf den Punkt!
    Hingabe, statt sich gegen etwas wehren…
    Leider brauchte ich 4 bronchitische Rückfälle, entzündeten Herzmuskel deswegen (trotzdem YogaStd gegeben! ;) und letzte Woche endlich 40 Fieber, um das endgültig anzunehmen. Bei hohem Fieber kommen dann doch etliche gute Einsichten, wenn man nicht dem Rat des Arztes folgt, sondern es lodern lässt und sich liebevoll mit den Ängsten beschäftigt, die dabei auftauchen. Die Belohnung für schonungslose Ehrlichkeit mit mir und allen, „deren Erwartungen ich enttäuscht habe” ist genial, denn ich ordne mein Leben gerade komplett neu, weil ich vor allem mir selbst Jahrzehnte was vorgelogen hab, wer ich sei! Aus Angst, der könnte draußen nicht gut ankommen…

  5. Vielen Dank für diesen aufrüttelnden, zum Schmunzeln und Nachdenken bringenden Beitrag! Mir geht es ganz genau so und dein Beitrag hat mich gefunden oder ich ihn?!
    Gute Besserung für dich
    Alles Liebe
    Heidi

  6. Liebe Rebecca,

    ich danke dir für diesen tollen Artikel, der genau zur richtigen Zeit kommt. Bei dem was du schreibst bekomme ich Gänsehaut, denn genauso geht es mir auch. Danke für deinen Input.

    Alles Liebe aus Mainz nach Berlin
    Louisa

  7. Liebe Rebecca,

    oh nein, ich fühle mit dir mit und kann deine Worte nur bestätigen. Unser Körper weiß sich zu helfen, wenn wir seine Signale übersehen oder missachten. Wenn wir genau hinschauen, können wir an unserem Leiden sogar erkennen, was genau gerade nicht stimmt. Auch ich bin jemand, der quasi nie zur Ruhe kommt. Manchmal wünsche ich mir sogar krank zu werden, damit ich endlich wieder etwas runterfahren kann. Erstaunlicher Weise habe ich diesen Winter bis jetzt komplett unbeschadet überstanden. Ich nehme seit dem Herbst regelmäßig Zink ein, vielleicht ist das das Geheimnis ;) Ich wünsche dir gute Besserung Rebecca und hoffe dir hat die Auszeit auch viel zurückgegeben.

    Liebe Grüße,
    Eyleen von http://www.holisticfitness.de

  8. Liebe Rebecca, liebe alle,

    ich kann dich & Euch vollstens verstehen. Und frage mich: Was um Himmels Willen ist das eigentlich, dass so viele meinen, „funktionieren“ zu müssen? Sicherlich wirken die Prinzipien unserer Leistungsgesellschaft auf so gut wie jeden von uns, das „Preußische“, das unserem Land zugrunde liegt.
    Ich habe mir vor einiger Zeit mal alle Glaubenssätze notiert, die in das Feld „Arbeit/nicht fehlen dürfen“ hineinspielen: „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“ „Ich bin gesund und stark & kann vieles wuppen.“ „Kollegen sollen sehen, dass ich selten fehle.“ Ich solte es anderen recht machen – Klienten und Kollegen.“
    Nach längerer Reflexion und In-mich-Hineinspüren entstand dann: „Ich sorge in erster Linie für mich und kann dann auch anderen dienen.“ Und: „Arbeit ist wunderbar, vorausgesetzt ich bin fit.“

    In diesem Sinne, alles Liebe
    von Carolin

  9. Liebe Rebecca,

    ich wünsche Dir gute Besserung und ganz viele neue Einsichten für Dich. Wir alle sollten gut für uns sorgen. ich habe das gelernt, auch wenn es lange gedauert hat.
    Ich wünsche Dir eine wunderschöne Zeit in Indien, auch ich fliege Ende Februar nach Indien.
    Namaste`
    Liebe Grüsse
    Kerstin

  10. Liebe Rebecca,

    dieses Mantra kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Manchmal gibt es wohl keine Zufälle und wie schön, dass es endlich jemand ausspricht. ich habe den Eindruck, dass wir alle funktionieren wollen und bloß keine Schwäche zeigen, was muss, das muss.
    Heute habe ich den Antrag auf mein Staatsexamen zurückgenommen und schreibe im August. Das hört sich alles undramatisch an, aber es war eine sehr schwere Entscheidung, die mit einem inneren Prozess einherging. Ich musste mir eingestehen, weil auch ich ein sehr bepacktes Jahr 2016 hatte, körperlich nicht mehr kann. Mich hat zunächst auch die Grippe erwischt und dann nur noch eine krasse Müdigkeit, bis auch ich mich ins Bett gelegt habe und einsehen musste, dass es nichts bringt, sich fertig zu machen, sich selbst Gott weiß was beweisen zu müssen und gegen das eigene Gefühl anzukämpfen, um dann schlechte Noten zu erzielen. Und was werden die anderen denken?Was sagen meine Eltern? Tja, das ist irgendwann zweitrangig. Was wirklich krank macht, ist was anderes. Aber zu dieser Erkenntnis musste ich gewaltsam gezwungen werden.
    Danke für dieses Mantra <3

  11. Oh ja, vor allem mit den trüben Gedanken u der schlechten Laune umgehen und sich eben NICHT ständig selbst anzuklagen „warum das nun schon wieder ist wie es ist“ – immer eine Herausforderung. Aber, die Schwelle es zuzulassen und die Angst dann erst recht zu versinken ist hoch. Trotzdem: zulassen, annehmen u sich wieder heil fühlen! Danke für das schöne Mantra.
    LG, Susan

  12. Liebe Rebecca, Danke für diesen Beitrag & gute Besserung. Ich übe mich 2017 auch sehr im „annehmen was ist“. Ich habe chronisch mit meinem Magen zu tun, schon lange. Es gibt Phasen, da ist er ganz ruhig, ich spüre ihn nicht … Dann gibt es Phasen wo er unruhig ist, brennt, drückt und mir Lebensenergie raubt. In mir kocht eine Wut hoch „ich will nicht merken das Du da bist. Die Schmerzen schränken mich ein“ und seit dem ich es einfach annehmen kann, ihn und seine Botschaften aktzeptiere, komme ich mit schmerzhaften Phasen sehr viel besser zurecht :-)

  13. Liebe Rebecca,
    vielen Dank für deine Worte – du hast vollkommen recht und mich „wieder auf den richtigen Weg gebracht“. Gerade wollte ich so richtig losnölen, weil ich gemerkt habe, dass mein grippaler Infekt doch noch nicht besser ist und Rückzug notwendig. Und nein, es wird nicht dazu führen, dass die Welt einstürzt, wenn mal Termine abgesagt werden müssen und Ruhe dran ist :)
    Danke, danke, danke

  14. Liebe Rebecca,
    Vielen Dank für deine Worte und Gedanken! Das passt für mich so genau! Mein Start ins neue Jahr war ähnlich ausbremsend und hat mich durch die erzwungene Pause zu mancher Selbsterkenntnis gebracht, die ich vorher nicht angucken wollte. Annehmen was ist, immer wieder so wichtig und hilfreich!
    Dir wünsche ich weiter gute Besserung und viel Ruhe und Selbstliebe!
    Herzlichst,
    Anne

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