Ich habe das Mamadasein unterschätzt! Vielleicht im Vorfeld sogar ein bisschen romantisiert. Na klar, von schlaflosen Nächten habe ich gehört. Und dem Spagat zwischen Familie und Beruf. Aber meine Vorstellung war eher schemenhaft. Zu viel wollte ich wohl auch gar nicht wissen.
Nun bin ich selbst seit zweieinhalb Jahren Mama und merke: Wow!
Was für eine Aufgabe. Was für eine einzigartige, wunderbare Aufgabe. Und was für eine herausfordernde Aufgabe. In vielerlei Hinsicht. Da gibt es Schlafentzug und Krankheitsphasen. Auf einmal diese 24/7 Verantwortung für ein anderes Wesen. Dann tauchen da Partnerschaftsprobleme auf und Elternabende in der Kita. Redaktionskonferenzen und Kundengespräche. Und dann stirbt noch jemand aus der Familie.
Der ganz normale Wahnsinn des Lebens, der einen natürlich schon ohne Kinder ziemlich herausfordert. Doch neben dem Versuch das alles unter einen Hut zu bringen, fehlt mir als Mama vor allem eines: Regenerative Zeit für mich. Oder formuliere ich es mal besser so:
Zeit für mich muss ich mir nun ganz bewusst kreieren.
Sonst lande ich schnell im Hamsterrad von Tun und Machen und merke meist ein bisschen zu spät: Boah, ich bin echt erschöpft. Also nicht nur so oberflächlich, sondern in der Tiefe. Die Akkus sind leer.
Und damit bin ich offensichtlich nicht allein: Rund 150.000 Mutter-Väter-Kind-Kuren werden jährlich bei den Krankenkassen beantragt. Seit zehn Jahren haben übrigens auch Väter das Recht mit ihren Kindern eine Kur zu machen. Dennoch bleiben Eltern-Kind-Kuren meist Sache der Mütter.
Egal ob Familie, Job oder andere Herausforderungen: Meist landen wir dann in einer schweren Erschöpfung, wenn wir vergessen oder verdrängt haben, uns um uns selbst zu kümmern. Im Funktionsmodus des Lebens merken wir manchmal nicht mehr wann eine Pause angesagt ist.
Dabei ist Selbstfürsorge die beste Prävention. Egal ob physischer oder psychischer Natur, wenn wir uns im Sinne der Salutogenese schon frühzeitig um uns kümmern, könnten wir so manche Krankheit verhindern. Beine hochlegen, Badewasser einlassen, in der Sauna schwitzen. Was auch immer dazu beiträgt, dass wir aus dem Hamsterrad des Alltags und unserer Gedanken aussteigen und uns wirklich entspannen können.
Selbstfürsorge fängt bei den körperlichen Grundbedürfnissen an
Wobei Selbstfürsorge für mich bei den körperlichen Grundbedürfnissen anfängt. Schlafe ich genug? Esse ich regelmäßig? Trinke ich ausreichend? Das mag dem ein oder anderen banal erscheinen, doch haben wir alle in stressigen Phasen schon mal vergessen zu essen. Und früh ins Bett zu gehen.
Das macht sich meist nicht direkt bemerkbar. Nach ein paar Wochen aber schon. Selbstfürsorge hängt dabei sehr eng mit der Selbstwahrnehmung zusammen: Wie gut bin ich mit mir im Kontakt? Kann ich meinen Körper spüren? Meine Bedürfnisse wahrnehmen?
Meine Bedürfnisse zählen
Die wichtigste Voraussetzung für eine funktionierende Selbstfürsorge ist: Du musst dir selbst erlauben, überhaupt für dich zu sorgen. Klingt selbstverständlich? Ist es aber für viele Menschen nicht. Warum? Bei mir ist das so:
Irgendwie habe ich abgespeichert, dass ich mir Selbstfürsorge erst verdienen muss. Ich kann mir ja nicht einfach so etwas Gutes tun. Warum eigentlich nicht? Ich musste mir wirklich erst immer wieder bewusst erlauben, für mich zu sorgen. Und mir sagen:
„Ich zähle. Meine Bedürfnisse zählen.“
Denn Selbstfürsorge bedeutet als erst einmal, dass ich mir meiner Bedürfnisse bewusst werde. Dass ich mich selbst und meine Bedürfnisse Ernst nehme. Und Mitgefühl mit mir habe.
Die Yogapraxis hat mir auf dem Weg dorthin unheimlich geholfen. Denn auch in der Yogaphilosophie spielt das Mitgefühl eine wichtige Rolle: Ahimsa Maitri bedeutet Nächstenliebe und Mitgefühl mit anderen. Aber auch mit uns selbst. Ahimsa wie in den Yogasutren von Patanjali beschrieben fordert Gewaltlosigkeit gegenüber anderen Lebewesen, aber auch gegenüber uns selbst.
In Taten, Worten und Gedanken. Kein unwichtiger Aspekt, denn wie oft richten wir die eigenen Gedanken gegen uns? Die Reinheit der Gedanken wird in der Yogaphilosophie als Saucha beschrieben. Eine der Regeln der Niyamas – die yogischen Empfehlungen für das persönliche Leben. Es ist sicherlich nicht im Sinne des Yogas, dass wir alle anderen liebevoll behandeln, aber uns selbst nicht.
Selbstfürsorge hat viele Facetten
Dabei gibt es aus meiner Sicht viele Facetten: Zur Selbstfürsorge gehört es auch, für Abwechslung, Zerstreuung, neue Impulse oder neue Lernfelder zu sorgen. Wenn unser Leben zu eintönig wird, dann kann die Lebendigkeit und Lebensfreude aus unserem Alltag verschwinden. Und auch Nähe und Austausch mit anderen Menschen sind Bedürfnisse, die wahrgenommen und erfüllt werden möchten.
Das sieht dann für jeden anders aus. Ich habe mir kinderfreie Tage organisiert. Vier ganze Tage nur für mich. Ich habe jeden Tag so lange geschlafen, wie ich wollte. Ich habe mir neue bunte Socken gegönnt, habe mich massieren lassen und an einer Kakaozeremonie teilgenommen. Ich habe mir ein neues Buch gekauft und dann ein paar Tage nur gelesen und Musik gemacht. Danach habe ich mich endlich wieder ausgeruht und kraftvoll gefühlt.
So gelingt dir mehr Selbstfürsorge im Alltag:
1. Mit Selbstfürsorge den Tag beginnen
Gleich nach dem Aufwachen das Handy checken? Nicht wirklich fürsorglich. Denn sofort fängt das Geratter in unserem Kopf an. Stattdessen empfehle ich: Nach dem Aufwachen noch einen Moment liegen bleiben, ein paar Mal tief in den Bauch atmen und dir drei Dinge sagen, für die du gerade dankbar bist.
Kreiere dir eine Morgenroutine, die dein Herz erfreut und sich für dich fürsorglich anfühlt: Vielleicht trinkst du ein Glas heißes Wasser. Oder einen Smoothie. Vielleicht bürstest du deine Haut ab. Vielleicht machst du den Sonnengruß und hörst dann dein Lieblingslied.
2. Bewegung im Alltag
Ganz gleich, ob Yoga, Aerobic-Stunde, Joggen im Park oder ein Spaziergang durch den Kiez: Am Besten du planst täglich mindestens eine halbe Stunde für eine Selbstfürsorge-Bewegungseinheit.
3. Du bist dein*e beste*r Freund*in
„Oh je, das hätte ich wirklich besser machen können.“ Oder: „Mist, ich habe es ja gar nicht drauf.“ Mit niemandem gehen wir so hart ins Gericht wie mit uns selbst. Und das ist alles andere als fürsorglich. Im Gegenteil: Unser innerer Kritiker ist allzu oft dafür verantwortlich, dass wir uns mies fühlen.
4. Gönn dir was!
Ein heißer Kakao mit Kardamom, ein Besuch im Kino, ein Bad mit deinem Lieblingsöl, eine Gesichtsmaske: Versuch einmal dir jeden Tag etwas zu gönnen. Und sei es nur eine Kleinigkeit. Denn du hast es wirklich verdient, dir jeden Tag etwas Gutes zu tun. Dafür musst du nicht erst warten, bis du eine bestimmte Sache geschafft oder erreicht hast.
Du bist so wie du bist wertvoll. Jeden Tag!
5. Höre auf deinen Körper
Unser Körper sagt uns eigentlich ganz genau, was wir brauchen, wann wir es brauchen und in welchem Maß wir es brauchen. Leider haben die meisten von uns verlernt, wirklich auf die Signale ihre Körpers zu hören. Erst, wenn er krank ist, wenden wir uns ihm meist liebevoll zu.
6. Bitte um Hilfe!
Ja, auch das gehört zur Selbstfürsorge: Andere um Hilfe bitten. Viele von uns sind so programmiert, da wir es nicht mehr gewöhnt sind, in einer unterstützenden Gemeinschaft zu leben und um Hilfe zu bitten. Und dabei muss es sich gar nicht um große fundamentale Dinge handeln. Auch kleine Gesten können schon enorm unterstützend sein: „Es wäre schön, wenn du mich mal kurz umarmst“ oder „Ich würde mich freuen, wenn du mir einen Tee machst.“
Zu diesem Thema lege ich dir das Buch ‚The Art of Asking“ von Amanda Palmer ans Herz.
Ich hoffe, dass dich dieser Artikel zu mehr Selbstfürsorge in deinem Leben inspiriert. Pass gut auf dich auf!
Daniela
3 Kommentare / Schreibe einen Kommentar
Hi Daniela,
Ich bin Mutter von einem 6 Jährigen Sohn, ich arbeite zu 60-70% in einem „familienfreundlichen“ Job und mache auch Yoga.
Trotzdem langweile ich mich in meinem Familienleben zu Tode. Ich war früher viel international unterwegs und auch mein Job unterfordert mich total. Es ist halt das Opfer, das ich für mein Kind bringen muss. In meinem Beruf richtig Gas zu geben, heisst aber 150% Leistung und viel Reisetätigkeit (ich war früher Unternehmensberaterin). Hast Du mir einen Tip, wie ich wieder mehr Spass in mein Leben bringen kann? Das Familienleben ödet mich einfach an, mit anderen Familien abzuhängen liegt mir nicht. Mein Freundeskreis ist auch weitgehend kinderfrei. Ich war auch überzeugt kinderlos, bis ich durch einen Unfall schwanger wurde und mein Mann und ich uns auf das Abenteuer Kind einliessen.
Ich interessiere mich für Kunst, Kultur, Reisen, vieles was mit Kindern nicht machbar oder nur noch mühsam ist. Ich möchte aber mein Kind auch nicht ganz an eine Nanny auslagern, damit ich wieder meinen Interessen folgen kann. Nun warte ich einfach ab, bis mein Sohn in 12 Jahren endlich 18 ist und alt genug, um vielleicht bei meinen Interessen mitzuziehen. Ich kann jedoch mein Leben nicht für 12 Jahre „ausschalten“, nur weil ich ein Kind habe?!
Liebe Daniela,
danke für Deine wunderbares Dasein!
Ich finde das Dasein wird meist unterschätzt…
…Tun statt Sein wird meist überbewertet, meist wird das Machen belohnt…
…von Eltern, Lehrern und Umfeld nachahmend gelert und beigebracht bekommen…
…es geht eine zerstöreriche Gefahr davon aus, wenn es zerstörerischen globalen Wachstumswahn bedient!
deshalb:
Ich habe für mich die Wertschätzung des einfachen WUNDERBAREN!!! Daseins entdeckt.
Herzlich – Nancy
(49J., 2fache Mutter zweier flügge gewordener wunderbar daseinenden „Kinder“).
PS:
Danke für Deine wunderbare Stimme!
und .Gitarrenspiel (Rumi – Out beyond).
Liebe Daniela,
Ich bin durch Zufall auf diese Seite und deinen Beitrag gestoßen und fühle mich als junger Vater, in ähnlicher Lebenslage, sehr stark angesprochen. Meine Erfahrungen decken sich mit deinen und ich bin froh zu lesen, dass Yoga auch, in zunehmend seltenen Fällen, mal nicht als Leistungssport interpretiert wird. Ich wünsche dir alles Gute für deinen weiteren Weg und danke dir für die Inspiration!
Namasté.