Always on? In drei Schritten zu mehr Offtime

Fun Fact: Mitarbeiter*innen in Apple-Shops fassen nie die Smartphones der Kund*innen an, weil sie ganz genau wissen, dass viele sich die Zeit auf der Toilette mit Instagram und Co. vertreiben.

Ob das wirklich stimmt, weiß ich nicht. Fakt ist aber, dass es wenige Orte gibt, vor denen unsere Smartphones Halt machen: Schlafzimmer, Yogamatte, Esstisch, Bürgersteig. Letztens habe ich erst wieder gesehen, wie eine Frau während des Tippens gegen ein Straßenschild gebumst ist. Haha!

Nein, die Frau war nicht ich. Aber ja:

Mein Online-Verhalten ist problematisch.

Es gibt Tage, an denen hasse ich mein Handy und frage mich, wieviel Zeit ich wohl schon mit dem kleinen Gerät sinnlos vertrödelt habe. Meistens dann, wenn mein Freund und ich mal wieder nebeneinander am Frühstückstisch sitzen und blöde in unsere Handys glotzen. Oder letzten Sommer, als mir nicht nur die Schulter vom vielen Arbeiten am Laptop, sondern auch der Daumen vom wilden Tippen unzähliger WhatsApp-Nachrichten wehtat.

Obwohl ich bereits viele Artikel über Digital Detox geschrieben habe, die Hilfsprogramme für mehr Selbstkontrolle kenne und theoretisch weiß, wie ich mein Online-Verhalten sinnvoll strukturieren kann, bin ich always onDas stört mich.

Ich glaube nämlich, dass das viele Onlinesein langfristig auf Kosten unserer Offline-Beziehungen geht.

Statt der Frau an der Bushaltestelle nett zuzulächeln oder einfach mal in die Luft zu kucken, starren wir auf unsere Smartphone-Screens in der Hoffnung, eine neue Nachricht vertreibe die Langeweile. Konzerte, Essen und Hochzeitsreden werden gefilmt statt genossen. Dass wir dabei hinter dem Bildschirm verschwinden wie die wackeligen Aufnahmen in den Untiefen unsere Telefons, scheint nicht so wichtig.

Im Zeit-Magazin stand dazu diese Woche sehr passend:

Und plötzlich ist es so: Die besten Augenblicke werden ständig auf ihr Like-Potenzial abgeklopft. Der erste Schnee oder dein erstes Zimmer oder sogar die ersten Schritte eines Kindes. Aus den privatesten Situationen, aus Momenten, in denen du ganz bei dir warst, werden plötzlich Momente, in denen dir theoretisch Hunderte über die Schulter schauen.

Und selbst wenn du sie am Ende gar nicht öffentlich machst: Allein darüber nachgedacht zu haben, wie die Schlittenfahrt bei den anderen ankommen könnte, hat dem Moment seinen Kern geraubt – seine Gegenwärtigkeit. Statt dich darin zu verlieren, hast du dich selbst von außen betrachtet.

(nach Bibiane Kim) 

Wer außen vor bleibt, ist vor allem eines nicht: mittendrin. Und ist es nicht genau das, worauf es ankommt? Tief einzutauchen in den Moment, hinter die Oberfläche zu schauen und Verbindung zu suchen – mit sich Selbst und den Menschen um sich herum?

Ich glaube, um das Leben in alle seiner Größe erfahren zu können, müssen wir lernen, unsere digitalen Kommunikations-Tools zu beherrschen. Sie so nutzen, dass sie unsere Leben bereichern statt uns immer an der Oberfläche zu halten.

Deshalb erkläre ich hiermit den Dezember zum Digital-Detox-Monat. 

Im kommenden Monat möchte ich mich an einen festen Plan halten, wann und wie ich online erreichbar bin. 30 Tage lang. Ich hoffe, dass mir diese neue Routine hilft, gesündere Gewohnheiten zu etablieren und im neuen Jahr beizubehalten.

Klingt gut für dich? Dann mach mit! So geht’s.

Schritt 1: Warum willst du digital detoxen?

Stürzt dich die strahlende “Realität” auf Instagram regelmäßig in die Identitätskrise? Bestimmt die Anzahl der Likes auf ein Bild deine Laune? Versetzt es dich in Panik, wenn der Akku deines Handys zu versagen droht? Hast du ständig Angst, was zu verpassen? Es gibt viele gute Gründe, das eigene Online-Verhalten mal zu überdenken.

Zum Start frag dich also: Wie wirkt sich weniger Online auf dein Offline aus? 

Das erhoffe ich mir von meiner neuen Routine:

  • Fokus: Ich bin entspannter, konzentrierter und kreativer, wenn ich nicht ständig an Computer oder Telefon hänge
  • Zeit: Weniger Online-Zeit bringt mehr freie Zeit für Treffen in der physischen Welt
  • Respekt: Ich gehe aufmerksamer durch die Welt, weil ich nicht ständig abgelenkt bin

Notiere dir am besten, wie der Digital-Detox dein Leben bereichern soll. Das hilft, durchzuhalten.

Schritt 2: Wie bringst du mehr Offtime in deinen Alltag?

Endlos-Chats auf WhatsApp, ständiges Mailchecken und unfokussiertes Rumhängen auf Instagram und Facebook fressen bei mir Zeit und Aufmerksamkeit. Um die Kanäle in Zukunft sinnvoller zu nutzen, habe ich mir ein paar Regeln verordnet.

  • Kein Social Media, Mail und Messaging zwischen 22 und 10 Uhr – diese Zeit gehört mir und den Personen, mit denen ich diese Zeit verbringe
  • Mails checke ich unter der Woche dreimal am Tag – und bearbeite sie nach Möglichkeit auch direkt. Am Wochenende gar nicht.
  • Social Media: Zweimal täglich nehme ich mir eine halbe Stunde Zeit für Instagram und Facebook. In dieser Zeit checke ich News, beantworte Kommentare und Nachrichten und plane eventuelle Postings ein.
  • WhatsApp: Hier fällt es mir schwer, mich auf Zeiten festzulegen. Deshalb werde ich erst einmal die Push-Benachrichtungen ausschalten, das Handy in der Tasche lassen, wenn ich anderweitig beschäftigt bin und telefonieren, statt mich in Chats zu verlieren.

Das kommt dir viel vor? Ja, mir auch. Nur findet ein Großteil meines Jobs im Internet statt, insofern ist das für jemanden, der sonst immer immer Online ist, schon ein guter Anfang. Überlege dir einfach, was für dich funktioniert und welche Regeln für dich im Alltag gut umsetzbar sind.

Schritt 3: Wie willensstark bist du?

Zuerst die schlechte Nachricht: Der Anfang wird nicht einfach. Du wirst dem Impuls, deine Lieblings-Kanäle zu checken, erst einmal mit starker Willenskraft unterdrücken müssen. Es ist sogar wissenschaftlich erwiesen, dass Social Media eine Art Sucht-Charakter hat. Warum das so ist, erklärt dieses Video.

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Die gute Nachricht: Nach zwei, drei Tagen lässt der Drang nach. Bei meiner letzten Offtime im Urlaub hatte ich mein Telefon schnell vergessen und vermisste es überhaupt nicht mehr. Die harten Addicts unter euch finden in diesem Artikel gute Tools, die bei der Selbstkontrolle helfen.

Triff am besten eine eindeutige Entscheidung, leg einen Zeitraum für deine digitale Auszeit fest und halte dich daran. Das schützt dich vor ständig neuen Diskussionen mit dir selbst. Es müssen ja nicht gleich 30 Tage sein.

Wenn du magst, dann teile deine persönliche Challenge unter dem Hashtag #digitaldetoxdezember. Öffentlichkeit verpflichtet – und das macht es in diesem Falle mit Sicherheit leichter. 

Vielleicht gelingt es uns allen auf diese Weise, öfter abzuschalten, um tiefer einzutauchen in die wunderbare Gegenwärtigkeit des Momentes.

Dein Monatsmantra: Ich mache Platz für die wichtigen Dinge im Leben

Ich freue mich in jedem Fall zu hören, wie es dir mit deinem Detox ergeht und werde selbst auf Instagram darüber berichten – natürlich nur innerhalb des erlaubten Social-Media-Fensters.

Titelbild: Jule Müller Fotografie

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