Warum es wichtig ist negative Emotionen zuzulassen

Am liebsten laufen wir immer mit einem großen Grinsen im Gesicht herum. Das ist verständlich. Schmerz ist unangenehm und wir nutzen jede Möglichkeit, die wir kriegen können, um ihm möglichst auszuweichen. Es ist leichter sich abzulenken, Gefühle zu überspielen und nicht ernst zu nehmen. Negativität ist der Lord Voldemort unter den Emotionen – wir sprechen sie nicht aus in der Hoffnung, sie würde damit an Macht verlieren. Dabei sind negative Emotionen oft gute Wegbereiter, denn meist haben sie einen tieferliegenden Grund.

Annehmen was sich gerade zeigt

Any negative emotion that is not fully faced and seen for what it is in the moment it arises does not completely dissolve. It leaves behind a remant of pain.“ – Oprah Winfrey

Das Wichtigste ist erstmal, eine negative Emotion anzunehmen. Wenn wir versuchen, sie zu unterdrücken oder wegzuschieben, sorgt sie für Anspannung und inneren Druck. Emotionen gehen dadurch nicht weg, sondern setzen sich vielmehr im Körper fest und sorgen für festgefahrene Energie. Die Spannung bleibt im Nervensystem und auch im Körper erhalten.

In dem Moment, in dem wir einer Emotion Raum geben, kann sie beginnen, sich zu lösen. 

Anstatt Gefühle mit dem Verstand überzuanalysieren, ist es hilfreich, die Aufmerksamkeit bewusst zurück in den Körper zu lenken und wahrzunehmen, wo im Körper sich die Emotion zeigt. Es ist hilfreich, den Fokus dabei auf dem Atem zu halten und im Bewusstsein zu behalten, dass alle Gefühle, egal ob gut oder schlecht oder irgendetwas dazwischen, nur vorübergehend sind:

Richtig intensive negative Emotionen halten laut Dr. Jill Bolte Taylor nur 90 Sekunden an. 

Danach lässt die Intensität schon nach. Indem wir uns nicht dagegen wehren, bieten wir der Energie der Emotion die Möglichkeit, sich zu transformieren – Feeling is healing!

Negative Emotionen sind okay! Wenn uns etwas widerfährt, was uns traurig macht, dann macht es Sinn, die Trauer auch zu spüren und ihr ausreichend Raum zu geben. Wir müssen ein Gefühl nicht sofort verändern und helfen uns viel mehr, indem wir uns fürsorglich um uns kümmern, ohne das Gefühl, auf Zwang immer gut drauf sein zu müssen.

Unterdrückte Emotionen blockieren dich

Wenn wir nie gelernt haben, negativen Emotionen einen Raum zu geben, werden wir Getriebene unserer unterdrückten Gefühle. Gerade in der spirituell geprägten Weltsicht kann es verführerisch sein Spiritual Bypassing zu betreiben – die Tendenz, spirituelle Praktiken zu nutzen, um negative Gefühle zu übergehen. Wir tun dann alles dafür so zu tun als ob, um vor unseren Gefühlen wegzurennen, aber das funktioniert nicht –  What you resist, persists.

Wir können sogar so heilsame Praktiken wie Yoga dazu benutzen, unseren Emotionen aus dem Weg zu gehen. Uns geht es dann zwar kurzfristig besser, die Emotionen poppen aber trotzdem wieder auf. Das ist aber nicht der Sinn.

Abgespaltene Emotionen führen zum Beispiel dazu, dass wir bestimmte Dinge einfach gar nicht mehr fühlen wollen. Es entsteht ein permanentes Wegrennen, das zu großem Stress führt und viel Kraft kostet. Klassische Ablenkungsmanöver sind z.B.: Vermeidung, Ablenkung durch Konsumieren (Netflix, Instagram, Shopping), Leugnung oder Betäubung (Alkohol, Drogen u.a.).

Unterdrückte Emotionen können dazu führen, dass wir immer wieder die gleichen Erfahrungen anziehen und wir einer tiefen zwischenmenschlichen Verbindung aus dem Weg gehen.

Denn um Verbindung zu spüren, ist es wichtig, dass wir uns ehrlich einander zeigen und zumuten. 

Mit allem was dazugehört. Negative Emotionen sind menschlich und in der Menschlichkeit können wir uns verletzlich und ehrlich begegnen. Zum anderen ist es wichtig, dass wir ein Gefühl zu anderen entwickeln, Empathie leben. Dafür benötigen wir einen Zugang zu unseren eigenen Emotionen, den positiven genau so wie den negativen.

Im nächsten Schritt macht es Sinn zu schauen, was hinter der Emotion steckt, denn oft sind es Bedürfnisse, die in der Vergangenheit nicht erfüllt wurden oder im Jetzt nicht erfüllt sind. Sich intensiver mit ihnen auseinanderzusetzen, unterstützt den eigenen Seelenfrieden und gibt dir tiefere Erkenntnisse über dich selbst.

Ursache für die Emotionen erforschen

Negative Emotionen haben einen Grund und einen Sinn. Ursprünglich sollen sie uns vor bedrohlichen Situationen schützen. Sie weisen uns darauf hin, dass etwas in unserem Leben Aufmerksamkeit benötigt.

Zum Beispiel können sie ein Hinweis darauf sein, dass ein Bedürfnis nicht erfüllt wird oder etwas, das in der Vergangenheit passiert ist, noch großen Einfluss auf uns hat und nach Heilung sucht. Wenn wir erforschen, was die Ursache für die Emotion ist, dann können wir uns tiefer damit beschäftigen und daran wachsen. Egal ob Neid, Wut oder Trauer, die Frage ist:

Welches Bedürfnis steckt hinter der Emotion und was kann ich tun, um es zu erfüllen? 

Emotionen haben ihren Ursprung in vergangenen Erfahrungen. Sie sind immer für uns, auch wenn sich das oft in dem Moment nicht so anfühlt: Sie wollen uns zum Beispiel schützen vor Verletzung oder Verurteilung. Nehmen wir zum Beispiel einmal Neid. Es entsteht oft, wenn andere etwas haben, was wir haben wollen. Auch hier gilt es erstmal wahrzunehmen, dass dies einen Schmerz auslöst. Hinter dem Neid liegen häufig Angst und nicht gelebtes Potenzial, das aus Angst zurückgehalten wird. In dem Fall ist es hilfreich, sich den Schatten genauer anzuschauen, der dahinter steckt, zum Beispiel mit gezielter Schattenarbeit. Der Schmerz im Schatten enthält ein Geschenk, das darauf wartet, ausgepackt zu werden.

Ist die Emotion hilfreich oder nicht?

Ist die Emotion berechtigt und braucht Raum oder ist es eine Gewohnheitsemotion, die dich dich vom Handeln abhalten will? Das merkst du daran, dass du eigentlich etwas verändern willst, aber immer wieder dieselben negativen Emotionen auftauchen und dich von der Veränderung abhalten.

Das sind negative Glaubensmuster, die auf einer Wiederholungsschlaufe laufen. 

Durch die Wiederholung ist eine emotionale Autobahn entstanden. In dem Fall geht es darum, neue neuronale Netzwerke zu erschaffen, indem du dich mit den Emotionen verbindest, die du spüren willst und mutig ins Handeln kommst. Emotionale Regulation ist dann wichtig und das Erkennen, dass du nicht die Emotion bist, auch wenn du sie hast.

Auch diese Gewohnheitsemotionen wollen etwas Gutes, denn meist schützen sie dich. Allerdings oft nicht zu deinem Vorteil. Wenn negative Emotionen zu Ausreden und zu Vermeidungsstrategien führen, dann gilt es, ins Handeln zu kommen trotz und mit den Emotionen.

Verallgemeinerungen sind zum Beispiel ein guter Hinweis darauf, dass wir in solchen Gewohnheitsemotionen festhängen. Erlernte Angst, die dich in deiner Komfortzone hält, auch. Wenn wir ehrlich sind, wissen wir meist genau ob es eine Emotion ist, die Raum braucht, oder eine gewohnte Emotion, die uns vom Handeln abhalten will. Den Mut und die Bereitschaft, uns dem zu stellen, haben wir in uns und du bist nicht allein damit – negative Emotionen hat jede*r!

Je mehr wir erkennen, dass negative Emotionen nicht gegen sondern für uns sind, umso mehr können wir uns auch als Kollektiv weiterentwickeln hin zu innerem und äußerem Frieden. Wir können uns in turbulenten Zeiten – wie jetzt in der Corona Krise – so gegenseitig Kraft spenden und uns emotionale Nähe geben – mit allem was sich zeigt.

With love & passion,

Heike

Titelbild © Heike Dittmers

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