Raus aus der Yoga-Bubble und rein ins Leben

Ich liebe die Yoga-Bubble. Dieses Parallel-Universum, das man zumindest in großen Städten um Yogastudios oder in anderen spirituellen Szenen findet. Hier gibt es Kokoswasser und Tee, vegane Kekse und Wohlfühlatmosphäre. Leggings sind das meist getragene Kleidungsstück und häufig riecht es gut nach edlem Räucherwerk. Fleisch existiert in dieser Welt praktisch nicht und über Themen wie die Energie von Räumen oder die Reinigung der Chakren (oder des Darms) zu sprechen, ist völlig normal. Berufsbedingt treibe ich mich relativ viel in diesem Parallel-Universum herum und ganz besonders in Phasen, in denen ich auch privat oft im Studio übe, laufe ich Gefahr völlig von der Yoga-Bubble verschluckt zu werden.

Die Yoga-Bubble ist kein Großstadt-Phänomen, sie entsteht eigentlich immer, wenn Menschen zusammenkommen, sich gemeinsam irgendeiner spirituellen Aktivität hingeben. Vielleicht ist sie mehr ein Zustand, ein Gefühl, das sich zum Beispiel auf Yoga-Retreats, nach intensiven Yogaklassen oder bei schamanischen Ritualen einstellt. Die Welt draußen, egal ob Job, Kinder oder die Beziehung, ist plötzlich nicht mehr so wichtig, denn alles was du brauchst, ist da. Gemeinschaftsgefühl, eine spirituelle Praxis, die dich erfüllt und Menschen, mit denen du dich den ganzen Tag über deine tiefen Erfahrungen austauschen kannst.

Im geschützten Raum der Yoga-Bubble kommst du wieder in Kontakt mit deiner Essenz.

Von Zeit zu Zeit ist es wichtig, den Alltag außen vor zu lassen und sich wieder auf sich selbst einzustimmen. Wenn ich so richtig im Hamsterrad der ellenlangen To Do Listen feststecke, hilft nur eine Pause, um wieder die Balance zu finden und das Gefühl wieder kennenzulernen, mit dem ich mich im Alltag öfter verbinden möchte. Aber…

Mit der Alltagsrealität der meisten Menschen hat die Yoga-Bubble wenig zu tun.

So wunderbar eine starke spirituelle Praxis ist, so hat sie auch eine andere Seite. Vielleicht kennst du das: Du wirst so feinfühlig, dass dir die geflüchtete Familie am Hauptbahnhof die Tränen in die Augen treibt, die Energie deines schlecht gelaunten Kollegen kannst du nicht mehr ertragen und Events außerhalb deiner Yoga-Crew werden zur energetischen Herausforderung. Von Treffen mit der eigenen Familie ganz zu schweigen.

Letztens sagte eine befreundete Yogalehrerin zu mir, sie wäre sehr dankbar für ihren normalen Job in der Agentur, denn so würde sie den Bodenkontakt nicht verlieren. Ohne diese Anbindung an „das ganz normale Leben“ würde es ihr schwer fallen, sich in die Schüler und Schülerinnen reinzuversetzen. Damit hat sie einen wichtigen Punkt getroffen. Es ist so leicht, sich mit spirituellen Praktiken auf ein hohes Energielevel zu meditieren und mit vernebeltem Geist innerhalb der Bubble herumzuwabern.

Statt mit der Spiritualität Verbindung zu schaffen, errichten wir dann Grenzen.

Die Spiris und die Normalos. Die Yoga-Freunde und die Nicht-Yoga-Freunde. High Vibes und Low Vibes. Tauchen wir voll in die Yoga-Bubble ab, wird die Welt außerhalb schnell als Bedrohung wahrgenommen. Als etwas, dass den eigenen Glückszustand gefährdet oder zumindest langweilt. Wie sollen die alltäglichen Dinge des Lebens auch mit dem süßen Nektar mithalten können, den wir als Früchte der eigenen Praxis gelegentlich kosten dürfen?

So gut ich diesen Zustand kenne und verstehe, so wenig ist er auf Dauer alltagstauglich. Ständig auf der Hut sein zu müssen, dass nicht jemand mit einer großen Nadel die eigene Bubble zum Platzen bringt, ist anstrengend und selten von Erfolg gekrönt. Das Leben kommt irgendwann auf jeden Fall dazwischen.

Es geht nicht darum mit Yoga das Leben zu vermeiden, sondern Yoga zu leben.

Yoga ist etwas, das sich nicht nur in wohlriechenden Studios abspielt. Yoga ist überall. Es kann auf deiner neuen Jade-Matte genauso stattfinden, wie zwischen den Zigarettenkippen am Kottbusser Tor. Ausflüge in die Yoga-Bubble erleichtern den Zugang, aber als Alternative zum Leben taugen sie aus meiner Sicht nicht.

Ich glaube, der Sinn des Lebens ist es zu leben.

Anzunehmen, was kommt und mit offenem Herzen durch die Welt zu gehen. Die spirituelle Praxis hilft uns dabei, mit den Höhen und Tiefen des Lebens umzugehen und den Dingen auf den Grund zu gehen. Nicht wegzulaufen, sondern zu integrieren.

Für mich heißt das, manchmal ein Glas Wein zu trinken und vielleicht sogar eine Zigarette dazu zu rauchen. Es heißt, mich mit Freunden zum Abendessen zu verabreden und die Yogaklasse mal mit einem Teller Pasta zu ersetzen. Es heißt meine Steuererklärung nicht erst nach der letzten Mahnung des Finanzamtes zu machen und meine Rechnungen möglichst gleich zu bezahlen. Es heißt, Menschen, die mir wichtig sind, einfach so anzurufen und sie zu fragen, wie es ihnen geht. Es heißt auch, manchmal „Nein!“ zu sagen und mir ausreichend Zeit für die schönen Dinge des Lebens zu nehmen.

Diese Balance zu finden hat ein paar Jahre gedauert. Und manchmal kommt sie mir immer noch abhanden. In beide Richtungen übrigens. Was für dich am besten funktioniert, musst du selbst rausfinden. Mit einer regelmäßigen Yoga- oder anderen spirituellen Praxis hast du jedenfalls ein wertvolles Tool an der Hand, das dir Zugang zu einem Gefühl gibt, mit dem du dich auch im Alltag jederzeit verbinden kannst.

Dein Montagsmantra: Meine Praxis erlaubt es mir, voll ins Leben einzutauchen

Solange wir in einem menschlichen Körper stecken, müssen wir mit menschlichen Dingen umgehen. Es bringt nicht, sich dauerhaft abzuschirmen und sich eine vermeintlich heile Parallelwelt zu bauen. Denn auch dort tauchen früher oder später die urmenschlichen Themen auf und kratzen an der hübschen Fassade. Deshalb: Nutze deine Spiritualität, um echte Verbindung zu schaffen. Tauch ein in das Leben und strahle dein Licht auch in die dunkelsten Ecken. Dehne deine Yoga-Bubble aus und trag so dazu bei, die ganze Welt zu einem helleren Ort zu machen.

world healer

Der Gedanke, Yoga mit dem schönen Leben zu verbinden, steckt übrigens hinter dem Retreat, das ich im September in Süditalien unterrichte. LA VERA DOLCE VITA findet im September mitten im süditalienischen Leben statt und ist Urlaub PLUS Yoga-Retreat. Warum das so eine gute Idee ist, was das Besondere daran ist und wie du dich anmeldest, kannst du hier nachlesen.

Starte gut in die Woche!

Unterschrift XOXO Rebecca_pink

 

 

 

 

 

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14 Kommentare / Schreibe einen Kommentar

  1. Liebe Rebecca, ich lese heute dein Montagsmantra in einer Freistunde nach fünf gehaltenen Philosophiekursen und bin wieder mal total umgehauen davon, wie passgenau es ist. Heute hab ich, glaube ich, etwas von der guten Laune und Zentriertheit meiner gestrigen Anusara-Halbstunde mitgenommen und an meine Schüler verteilt… Ich freu mich immer auf den Montag, seit es euer Mantra gibt und auch der Italienurlaub spukt mir im Kopf herum!

  2. Liebe Rebecca,
    Liebe Franziska,

    zum x-ten Mal ein richtiger Volltreffer – dieses Montagsmantra !!! ;-) Ihr holt mich immer genau da ab, wo ich es am dringendsten brauche….gerade in den letzten beiden Wochen war jeweils ich schwer mit dem Quintessenz eurer Aussagen beschäftigt: Beziehungsdrama und diese unglaubliche Ernsthaftigkeit in der Yogapraxis in mir und um mich rum.
    Bin dieses WE beim Bhakti-Yoga-Summer in Berlin – darf ich Euch mal drücken kommen ? Ggf. beim Jivamukti, wenn ihr da noch unterrichtet ? Alles Liebe – Robert

  3. Guten Morgen und vielen Dank für die inspirierenden Zeilen. Dein Retreat liest sich auch total wunderbar und ich wäre so gerne dabei, habe aber leider zu der Zeit einige berufliche Termine. Planst du sowas öfter?

    Viele liebe Grüße, Christine

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