Big Yoga Tutorial: Raus aus dem Kopf, rein in deinen Körper!

Im ersten Teil dieser Serie habe ich mir die Frage gestellt, ob wir Big Yoga, ein spezielles Angebot für Übende mit Übergewicht, überhaupt brauchen. Gemeinsam mit Anja Liedkte, ihres Zeichens Big Yogalehrerin, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass sie die manchmal recht normative Yogawelt unglaublich bereichern! Im zweiten Teil sind wir auf die häufigsten Fragen rund um das Üben mit Mehrgewicht eingegangen und wie du den Einstieg in die Yogapraxis findest. 

Nun ist die Yogamatte geschnürt, deine erste Probestunde gebucht und dennoch ist deine innere Stimme gerade dabei, dir 1000 Gründe zu nennen, warum du es doch besser sein lassen solltest mit dem Yoga?

Asteya: Höre auf, dich durch hinderliche Gedanken selbst zu sabotieren!

Asteya ist eines der Yamas des achtgliedrigen Yogapfads und besagt, dass wir nicht stehlen sollen. Die Yamas sind Teil eines yogischen Leitfadens von Patanjali, der uns auch jenseits der Matte dabei helfen soll, Yoga im Alltag zu leben. 

Obwohl sich dieses Gebot eher auf den Umgang mit unserer Umwelt bezieht, sind wir selbst doch auch Meister*innen darin, uns durch ein negatives Mindset die eigene Energie zu stehlen. Schluss damit! Versuche, den/die eigene*n Kritiker*in in deinem Kopf für einen Moment auszuschalten, die eigenen Ressourcen auf der Matte in Energie umzuwandeln und so für dein inneres Wachstum zu nutzen. 

Remember why you started

Wenn die negative Stimme in deinem Kopf Überhand gewinnt, dann rücke dein Vorhaben nochmal ins rechte Licht und verbinde dich erneut mit deiner Intention, warum du überhaupt Yoga üben möchtest. Denn einzig und allein darum geht es!

Ist das Kopfkino erst einmal überwunden, heißt es nun, dein Vorhaben wirklich in die Tat umzusetzen. 

Jetzt heißt es: Ab auf die Matte!

Sprich deine*n Lehrer*in vor der Stunde an und weise auf etwaige gesundheitliche Einschränkungen, wie Bluthochdruck oder Gelenkbeschwerden, hin.

Somit kann dein*e Lehrer*in sich bereits vor der Stunde bestmöglich auf dich einstellen. 

Wichtig ist beim Yoga üben, dass du selbst stets auf die Signale deines Körpers hörst, um über die Instruktionen deines*r Lehrers*in hinaus gezielt auf die Bedürfnisse deines Körpers eingehen zu können. 

Diese Modifikationen können dir dabei helfen, deine Praxis an die Bedürfnisse deines Körpers anzupassen:

Blöcke und Co.: Props sind deine Freunde!

Statte dich zunächst mit Yogahilfsmitteln, sogenannten Props, aus. Bolster, Blöcke und Decken dienen als sanfte Unterstützung, um den Zugang zu manchen Posen zu erleichtern, beziehungsweise das längere Halten diverser Stellungen zu vereinfachen. 

Gurte werden gerne als Verlängerung der Arme und Beine genutzt. Zudem wird der Gurt im Big Yoga oft dafür verwendet, um die Oberweite an den Körper zu binden, falls diese beim Üben im Weg sein sollte. Genaueres kannst du auch hier gerne nochmal nachlesen. Alternativ kannst du hierfür auch einen Schal oder ein Tuch verwenden. 

Falls du dir nicht sicher bist, wie die verschiedenen Hilfsmittel deine Praxis ergänzen und unterstützen können, dann lasse dir durch deine*n Lehrer*in eine Einführung geben, eventuell sogar im Rahmen einer Privatstunde. 

Props eröffnen einen ganz neuen Zugang zu vermeintlich unmöglichen Asanas.

In der Regel werden Hilfsmittel von den meisten Studios zur Verfügung gestellt. Frage im Zweifelsfall jedoch lieber vorher mal nach, welche Ausstattung vorhanden ist. Ansonsten kann sich für das regelmäßige Üben und auch für Zuhause die Anschaffung eigener Props lohnen. 

Big Yoga #3 Tutorial: Raus aus dem Kopf, rein in deinen Körper
Sucirandhrasana
Big Yoga #3 Tutorial: Raus aus dem Kopf, rein in deinen Körper 2
Paschimottanasana

Gelenkschonend üben: Höre auf die Bedürfnisse deines Körpers

Ein höheres Körpergewicht geht oftmals mit Gelenkbeschwerden einher. Deshalb heißt es hier: Achtsam hineinspüren und ausloten, wo deine individuellen Grenzen liegen! Es gibt im Yoga einige Haltungen, wie beispielsweise den Vierfüßlerstand, in denen ein Großteil des Körpergewichts auf den Knien lastet. Hier kann es ratsam sein, eine Decke als weiche Polsterung unterzulegen. 

Big Yoga #3 Tutorial: Raus aus dem Kopf, rein in deinen Körper 3
Vierfüßlerstand

Eine der bekanntesten Haltungen in der Yogapraxis ist wohl der herabschauende Hund, Adho Mukha Svanasana. Eine Haltung, in der sich die Handgelenke bei zu langer Belastung jedoch gerne mal schmerzhaft zu Wort melden. 

Sollte dies der Fall sein, dann setze deine Knie für den Fersensitz, Vajrasana, einfach für einen Moment am Boden ab und kreise deine Hände um das Handgelenk. Du kannst zum Ausgleich auch abwechselnd deine Finger ausstrecken und sie dann wieder zu Fäusten zusammenballen, um sie ein wenig zu entspannen. 

Big Yoga #3 Tutorial: Raus aus dem Kopf, rein in deinen Körper 4
Vajrasana

Sollte der Fersensitz für dich unangenehm sein, dann kannst du dich zunächst in den herabschauenden Hund begeben und dann mit deinen Händen in Richtung der Füße laufen, um in die stehende Vorwärtsbeuge zu kommen und dann deine Handgelenke vom Boden zu nehmen, zu kreisen und somit zu entlasten. 

Wahlweise kannst du dich jederzeit, wenn du eine Pause brauchst, für ein paar Atemzüge in die Stellung des Kindes mit weit geöffneten Knien begeben. 

Weichteilsperre überwinden: Lerne, Platz für deinen Körper zu schaffen

Keine Frage: Augenscheinlich scheint der Körper in vielen Yogahaltungen zunächst im Weg zu sein. Doch viele vermeintliche Hindernisse lassen sich mit dem richtigen Know-How gut umgehen. 

Einige Haltungen, wie beispielsweise die klassische Vorwärtsbeug im Sitzen, Paschimottanasana, oder auch die stehende Vorwärtsbeuge, Uttanasana, werden oftmals mit geschlossenen Beinen angeleitet. Hier passiert es bei einem größeren Körperformat schnell, dass der Oberkörper eine Begrenzung darstellt, obwohl die nötige Flexibilität, um tiefer zu gehen, eigentlich da wäre. Ein Hindernis, das auch als Weichteilsperre bekannt ist. 

Zum einen kannst du probieren, sowohl im Stehen als auch im Sitzen den Abstand zwischen deinen Beinen zu variieren, um für deinen Oberkörper Platz zu schaffen.

Big Yoga #3 Tutorial: Raus aus dem Kopf, rein in deinen Körper 5
Uttanasana

Eine weitere Möglichkeit: Hebe deinen Bauch bewusst mit beiden Händen an und lege ihn dann gezielt auf deinen Beinen ab, um dich besser aus dem Bereich der Hüfte nach vorne lehnen zu können. Letztere Variante funktioniert vorwiegend im Sitzen. 

Eine weitere beliebte Asanas ist apanasana, die sogenannte Knie-zum-Kinn Position, die auf dem Rücken ausgeübt in vielen Stunden als Ausgleichshaltung genutzt wird. Statt deine Beine hier geschlossen zur Körpermitte zu ziehen, empfiehlt es sich, die Hände jeweils auf deine Knie aufzulegen, um deine Beine zur Körperseite zu ziehen.

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Apanasana

Rückbeugen modifizieren: Verletzungen vorbeugen

Viele Rückbeugen lassen sich unbedenklich auch mit Mehrgewicht umsetzen. Eine Rückbeuge, von der Anja jedoch eher abrät, ist der Fisch, Matsyasana, da das Gewicht zu stark auf der Halswirbelsäule lastet. 

Komme stattdessen lieber zum Stehen oder auch in den Kniestand, setze deine Hände im Bereich der Hüften auf und lehne dich sanft zurück, bis sich die Beuge im Rücken bemerkbar macht. 

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Kniestand

Umkehrhaltungen modifizieren:  Feet up! 

Beliebte Umkehrhaltungen wie der Schulter- (Sarvangasana), Kopf- (Shirshasana) , Unterarm- (Pincha Mayurasana) oder Handstand (Adho Mukha Vrksasana) sind aufgrund der Gewichtsbelastung nur schwer umzusetzen und gesundheitlich tatsächlich auch nicht immer ratsam. 

Unbedenklicher in der Umsetzung sind dabei Viparita Karani, der halbe Schulterstand mit ausgestreckten Beinen an der Wand, oder Viparita Karani frei im Raum auf einem Bolster aufliegend. Beide Alternativen belasten den Nackenbereich weitaus weniger als die gängigen Umkehrhaltungen.

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Viparita Karani an der Wand
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Viparita Karani mit Bolster

Drehhaltungen modifizieren: Auf die Ausrichtung kommt es an!

In sitzenden Drehhaltungen entsteht oft die Tendenz, sich zu weit nach hinten zu lehnen und so den Rücken zu stark zu runden. Lege dir hier einfach ein Kissen unters Steißbein, um dem Becken einen Impuls zu geben, es leicht nach vorne zu kippen. Gedanklich kannst du dir zudem vorstellen, dass du deine Sitzbeinhöcker wie Druckknöpfe in den Boden, beziehungsweise dein Kissen drückst, um in der unteren Wirbelsäule Stabilität zu schaffen. 

Schaue außerdem, dass du dich stets zur offenen Seite aufdrehst, sprich dein Oberkörper sollte in der Drehung Platz haben, statt sich zum Körper hin zu schließen. Dadurch verhinderst du, dass du dich in der Asana selbst beschränkst. 

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Gleichgewichtsübungen modifizieren: Mehr Balance durch gezielte Atmung

Prinzipiell lassen sich die meisten Gleichgewichtsübungen wunderbar umsetzen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt hier vielmehr in einem tiefen und beständigen Atem. Du kannst aber auch deine Matte in Nähe einer Wand positionieren, um hier bei Bedarf Unterstützung in Anspruch zu nehmen. 

Verweile zu Beginn nicht allzu lange in den Gleichgewichtsübungen, da sich die Gelenke erst langsam daran gewöhnen müssen, das gesamte Körpergewicht zu tragen.

Dies gilt übrigens auch für viele kraftvolle Asanas, wie beispielsweise die Kriegerpositionen, in denen vor allem die Fußgelenke stark beansprucht werden.  

NIPSLD: Nicht in Problemen sondern Lösungen denken

Klar kann es frustrierend sein, wenn einem der eigene Körper im Weg steht. Doch als Faustregel gilt: Sei flexibel und traue dich zu modifizieren!

Es mag zunächst ein wenig befremdlich sein, den Instruktionen der/des Lehrer*in nicht zu 100% zu folgen. Doch sei dir stets dessen bewusst, dass ein*e Lehrer*in nur selten auf alle Bedürfnisse gleichermaßen eingehen kann. Anleitungen in Yogastunden stellen eher eine Empfehlung dar, an die du dich zwar halten kannst, aber nicht zwangsläufig musst. 

Schaue vielmehr, dass du deine Ausführungen so anpasst, dass für dich eine Praxis entsteht, die dir Spaß macht und von der du profitierst.

Hast du noch Tipps, wie du deine Big Yoga Praxis an deine Bedürfnisse anpasst? Dann teile sie gerne mit uns unten in den Kommentaren. 

Viel Spaß beim Üben! 

Deine Franzi 

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4 Kommentare / Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo! Kleine Anmerkung zu Matsyasana, dem Fisch: unabhängig vom Körpergewicht sollte eigentlich fast gar kein Gewicht auf der Halswirbelsäule lasten. Der Kopf sollte maximal mit seinem eigenen Körpergewicht den Boden berühren. Einer der alten Meister, ich denke es war P. Jois oder Krishnamacharya, hat sogar gesagt, dass man unter dem Kopf ein Blatt Papier durchziehen können sollte. Klar, das braucht Muckis in den Oberarmen, aber dann ist der Fisch eine wunderbar herzöffnende Asana, die für alle lohnt. Und bis die Muskeln soweit sind, wäre der passive Fisch am Bolster oder einem kleineren Kissen eine schonende Alternative. Liebe Grüße, Marion

  2. Hi,
    Ich finde es toll, dass du dich des Themas annimmst. Ich bin auch durch emotionales Essen in den letzten 2 Jahren von Gr. 38 in 44 gerutscht bzw. gefressen. Ich hab früher auch Yoga und diverse Sportarten gemacht, jetzt traue ich mich nicht mehr weil ich zu fett bin. Auch Knieprobleme und Gelenkschmerzen kenne ich gut.

    Ich passe auch nicht mehr in die schönen Yogapants.
    Und dann sehe ich in deinem Artikel eine Werbung für Yogaklamotten. Ich klicke und schon ist der Frust wieder da und ich könnte schon wieder zur Schoki greifen, wenn welche da wäre.

    Die yogapants gibt es bis 40/42

    Sollte nicht auch die Werbung auf den Artikel abgestimmt sein? Wie schade.

    Trotzdem werde ich gleich ein paar Übungen machen.
    liebe Grüße
    Angela

    1. Liebe Angela,

      vielen Dank für deinen Kommentar.
      Unsere Banner sind automatisch wechselnd, dadurch haben wir keinen direkten Einfluss darauf, welcher Banner wann angezeigt wird. Aber du hast natürlich total recht!
      Wir haben den Contentbanner entfernt.
      Ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Üben.

      Liebe Grüße
      Sheila

    2. Hallo liebe Angela,

      auf die Werbung habe ich keinen direkten Einfluss, werde mich mit der Redaktion gleich mal in Verbindung setzen, um zu schauen, was man da machen kann. Ich danke dir fürs Vorbeischauen & dein wertvolles Feedback! Schau dich gerne auch mal im 2. Big Yoga Artikel nach Anregungen zum Shoppen um, hier sind nämlich einige Hersteller verlinkt, die auch über die Größe L hinaus produzieren.

      Von Herzen,
      Franzi

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