Alles, was du über Krieger I wissen musst

Hinten zwickt das Knie, vorne brennt der Oberschenkel und dazwischen meldet sich der untere Rücken. So oder ähnlich kennst du es sicher, wenn du in Virabhadrasana I länger als einen Moment bleibst. Und das passiert in Yogaklassen ziemlich häufig.

Der Krieger I ist eine der herausforderndsten Asana.

Das liegt daran, dass bei dieser Asana alle Gelenke etwas anderes oder sogar gegensätzliches machen. Um diese Standhaltung bequem üben zu können, hilft es, zu verstehen, was da genau vor sich geht und welche Varianten und Vorbereitungen sinnvoll sind.

Am häufigsten scheint es mir Unklarheiten zu den Fragen “Was macht der untere Rücken?” und “Ferse hoch oder runter?” zu geben. Zeit, das zu klären!

Eines vorweg: Rücken- und Knieschmerzen zählen weltweit zu den häufigsten Beschwerden am Bewegungsapparat überhaupt.

Das heißt, auch wir Yogis fallen unter diese Statistik. Wer hat beim Yoga nicht selbst schon ein Stechen im unteren Rücken oder ein unangenehmes Ziehen in den Rückseiten der Oberschenkel gespürt?

Warum Schmerzen überhaupt entstehen hat viele Gründe: In den allermeisten Fällen ist allerdings davon auszugehen, dass zu hohe Spannungen in den Muskeln und Faszien der Grund dafür sind.

Stellt sich noch die Frage: Warum verspannen wir uns?

Schmerzen  entstehen seltener durch die tägliche (wenn wir ehrlich sind ja eher kurze) Yoga-Asanapraxis, sondern durch die Bewegungen, die wir die restlichen 23 Stunden machen bzw. nicht machen: Sitzen, unter Druck arbeiten, schlafen, Netflix schauen und über kleine Bildschirme swipen. Alles sehr eintönige Bewegungen, die tendenziell dafür sorgen, dass sich die Muskulatur auf der Körpervorderseite verkürzt, was wiederum zu Spannung auf der Körperrückseite führt.

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Das gilt natürlich nur, wenn du keine strukturellen Verletzungen hast, also solche, bei denen irgendetwas abgerissen, oder durchgebrochen ist.

Nehmen wir zum Beispiel das Knie. Das Knie ist ein sehr komplexes anatomisches Gebilde – jedes hat zwei Kreuzbänder, ein Innen- und Außenband, einen Innen- und einen Außenmeniskus; theoretisch also viel, was kaputt gehen könnte. Jedoch reißt davon nur durch schnelle Bewegungen oder unter viel Druck, wie bei einem Skiunfall oder ungünstigen Sturz tatsächlich etwas ab oder durch.

Auch am Knie sind es eher Überspannungen vor allem der Waden- und Oberschenkelmuskulatur, die für Unbehagen verantwortlich sind.

Mit der richtigen Ausrichtung solltest du aber stabil und schmerzfrei in den Knien im Krieger I stehen können. Wie immer gilt: Wenn du beständige Schmerzen hast, bitte immer ärztlich abklären lassen.

Ausrichtung im Krieger I: Das musst du wissen

Nimm es nicht zu wörtlich, wenn du als Anweisung hörst: Bloß kein Hohlkreuz machen! Der untere Rücken ist nämlich natürlicherweise gekrümmt, in Richtung Bauchnabel. Das bedeutet: Krieger I ist eine Rückbeuge. Der untere Rücken darf in seiner natürlichen Krümmung sein; du solltest nicht krampfhaft versuchen, dagegen zu arbeiten.

Im Gegenteil: Das Dehnen der Vorderseite des Körpers (Bauchmuskulatur und Psoas), wie es bei Rückbeugen passiert kann Wunder wirken, wenn es um die Beseitigung von unteren Rückenschmerzen geht.

Für keine Asana gibt es die eine richtige Ausrichtung.

Vermutlich kannst du in zehn verschiedene Yogaklassen gehen, vielleicht sogar bei dem/der gleichen Lehrer*in, und du lernst zehn verschiedene Alignments der gleichen Asana. Und das ist auch gut so. Unser Körper und Geist wollen gefordert werden, stetige bewusste Veränderung und Herausforderung kann auf magische Weise unser Bewusstsein erweitern und uns bisher Unbekanntes erleben lassen.

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Nimm diese Ausrichtungsanleitung als Grundlage und dann beginne zu experimentieren.

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  1. Bringe die Füße eine Beinlänge auseinander.
  2. Drehe den vorderen Fuß 90° nach rechts, den hinteren 30° einwärts.
  3. Die hintere Ferse steht in Verlängerung des Fußgewölbes des vorderen Fußes.
  4. Presse die hintere Ferse stark in den Boden und strecke das hintere Bein.
  5. Zieh die Hüfte des gebeugten Beins nach hinten, die andere nach vorne, möglichst auf eine Höhe.
  6. Halte den Druck im hinteren Fuß und beuge das vordere Knie 90°
  7. Strecke die Arme nach vorne, Handflächen zusammen.
  8. Hebe die Arme nach oben und blicke zu deinen Fingern.
  9. Atmen.

Beginne mit dem rechten Fuß vorne, dann übe die linke Seite. Es kann sein, dass du die Ferse hinten erst mal heben musst, oder den Schritt verkleinern. Eventuell gehen deine Hände auch nicht zusammen. Und all das ist vollkommen in Ordnung, du näherst dich diesem Ausrichtungsvorschlag Stück für Stück an. Denk daran, es nennt sich Yogaübung.

Versuche nur, folgende ungünstige Ausrichtungen zu vermeiden:

  • Hinteres Knie gebeugt. Hinterer Fuß nicht geerdet
  • Vorderes Knie fällt nach innen
  • Arme zu weit hinten, also neben den Ohren

Die Kriegerschule – Vorbereitungen für den großen Kampf

Um dich gut auf Virabhadrasana I vorzubereiten, beschreibe ich dir hier drei Übungen:

Kraftaufbau, Balancefindung und Erdung

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In einem großen Ausfallschritt mit hinterer Ferse gehoben, hebe deinen Oberkörper und die Arme. Mit der Einatmung drücke den vorderen Fuß in den Boden und strecke dadurch dein vorderes Bein. Mit der Ausatmung beug das vordere Bein wieder, strebe aber weiterhin durch die Fingerspitzen nach oben und halte dein hinteres Knie gestreckt. Wiederhole das fünfmal je Seite.

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Brustkorböffnung und richtige Armposition

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Lege eine Yogagurtschlaufe um den oberen Brustkorb, die Schnalle ganz mittig auf dem Brustbein. Beide Handflächen aneinander legen und den Gurt dazwischen halten. Schiebe die Hände jetzt langsam am Gurt entlang nach oben. Lege dich gedanklich nach hinten über den Gurt im Rücken und spüre die Verbindung vom Herzraum zu den Händen. Nimm hier fünf Atemzüge und wiederhole dann mit dem anderen Bein vorn.

Zur Ausrichtung des Oberkörpers und der Hüften

Mit Blick Richtung Wand komme in Virabhadrasana I. Deine vorderen Zehen berühren die Wand und mit dem vorderen Knie drückst du einen Block gegen die Wand. Am besten nimmst du einen Kork-  oder Kunststoffblock, für den Fall dass er dir doch ausversehen auf den Fuß fällt. Strecke beide Arme gerade nach vorne und bring die Fingerspitzen zur Wand. Beide Arme müssen gleichmäßig gestreckt sein. Zieh die vordere Hüfte zurück die hintere nach vorne. Bleib hier fünf Atemzüge und dann wechsle zur anderen Seite.

Back to the mystics: Wer oder was ist überhaupt dieser Virabhadra?

Virabhadra heißt übersetzt eigentlich “großartiger Held”. In der Mythologie ist Virabhadra ein Diener Shivas. Shivas Geliebte wollte sich während einer Opferzeremonie selbst verbrennen, denn ihr Mann wurde nicht eingeladen und sie dafür von ihrem eigenen Vater verspottet.

Als Shiva davon erfuhr, erschuf er Virabhadra und befahl ihm, das Opferfeuer zu zerstören. In diesem Kampf kam es zu großen Tumulten, es entstanden Tsunamis, Erdbeben und schlimmste Gewitter. Virabhadra symbolisiert also eine immense Stärke und Kraft.

In manchen Versionen der Geschichte nimmt er drei verschiedene Formen an, aus denen dann später die Asana Virabhadrasana I, II und II entstanden. Wie bei allen Standhaltungen geht es auch im Krieger um die Verbindung zu Mutter Erde, der schöpferischen Kraft, der Energie von Brahma, dem Erschaffenden. Brahma war in diesem großen Kampf interessanterweise der Wagenlenker Virabhadras.

Standhaltungen stehen im Zusammenhang mit Muladhara Chakra, dem Wurzelchakra. Hier geht es um die Beziehung zu allem Grundsätzlichen: unseren Eltern, unserer Heimat und Geld. Nutze dieses mythische und esoterische Wissen, um das Üben von Standhaltungen auf eine andere Ebene zu bringen, die über das Physische hinausgehen kann.

Ein Kampf ist nicht immer etwas Angenehmes.

Genau so wenig ist es Virabhadrasana I. Am Ende des dramatischen Kampfs von Virabhadra haben sich alle wieder lieb und sind sich einig, dass Shivas Zorn nötig war, um Harmonie und Balance zu schaffen, aus der neue Kraft entspringen kann. Diese Asana braucht sicher oft Überwindung und einfach ein bisschen “Umpf”, um sie zu üben.

Aber ich verspreche dir: Es lohnt sich, deine*n innere*n Krieger*in wieder zu entdecken.

Viel Spaß beim Üben!

Moritz

Fotos © Lydia Hersberger

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