[Werbung] “Hey, cool, dass du wieder da bist. Wie alt ist das Baby denn jetzt und wie geht’s dir?”, fragte mich eine Yogaschülerin kurz vor Kursbeginn, als ich nach dem Mutterschutz wieder anfing zu unterrichten. “Hm, nicht so gut, ehrlich gesagt, das Baby ist gestorben. Er hatte Trisomie 13 und wir wussten, dass er nicht leben würde, aber es ist trotzdem schlimm”, sagte ich, inzwischen fast schon routiniert, meinen Satz auf.
Bähm. Da war sie wieder, die Stille, die Betroffenheit, der fast unerträgliche Moment, den ich in den letzten Monaten so oft aushalten musste.
“Oh, das tut mir leid!”, sagte die Schülerin, umarmte mich, drehte sich um und wackelte zurück auf ihre Yogamatte.
Diese Reaktion auf den Tod meines Sohnes zähle ich zu den guten. Obwohl ich mich die ganze Stunde über gefragt habe, was jetzt im Kopf der armen Schülerin vorgehen mag. Ob sie die Spannung aushalten kann oder ob sie lieber schreiend aus dem Raum hätte laufen wollen, sich aber aus Respekt nicht getraut hat.
Dass es schwer ist, den Tod von nahestehenden Menschen zu verkraften, wusste ich. Was für eine große Last es zusätzlich ist, andere mit dem Tod zu konfrontieren, war mir nicht bewusst.
Der Tod ist ein großes Tabu in unserer Gesellschaft. Gerne verbannen wir ihn in Krankenhäuser, Altersheime oder Hospize. Er sorgt in Krimis für gute Unterhaltung, in der Presse für Schlagzeilen, aber nur, solange wir ihn auf Distanz halten können. Wenn die Oma mit 90 das Zeitliche segnet, kommen wir vielleicht noch klar. Aber die außerordentlichen Geschichten, plötzliche Unfälle, Tod im jungen Alter oder unheilbare Krankheiten, konfrontieren uns knallhart mit der Tatsache, dass wir das Leben nicht kontrollieren können.
Im Alltag spielt diese Erkenntnis zum Glück eine untergeordnete Rolle. Es wäre ja auch absurd und wenig praktikabel, in ständiger Erwartung, selbst zu sterben oder einen geliebten Menschen zu verlieren, durchs zu Leben gehen. Dennoch halte ich es für enorm wichtig, mehr über den Tod zu sprechen, weshalb mir unsere Artikelserie in Kooperation mit der Versicherungskooperative DELA so am Herzen liegt.
Im Akutfall wissen Betroffene oft gar nicht, womit sie überhaupt anfangen sollen. Viel Sicherheit geben kann einem in diesem Moment die Expertise von einem außenstehenden Ansprechpartner. Die DELA bietet Sterbegeldversicherungen an, die nicht nur die Kosten für die eigene Bestattung (oder die einer nahestehenden Person) decken, sondern in deren Rahmen es auch leichter wird, die Wünsche der*des Verstorbenen zu dokumentieren und zu berücksichtigen. Ob es sich für dich oder deine Familie lohnt, eine solche Versicherung abzuschließen und alle Infos dazu findest du bei DELA Versicherungskooperative.
Nur, wer selbst bereit ist, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen, kann trauernden Menschen eine gute Stütze sein.
Das ist bei Weitem nicht einfach. Erstens gilt es, die eigenen Berührungsängste und Unsicherheiten zu überwinden und zweitens ist es nicht leicht, die richtigen Worte oder die beste Form der Unterstützung zu finden – denn am Ende brauchen alle Menschen etwas anderes.
Sogar ich, die selbst ihr Kind beerdigt hatte, fand es plötzlich schwierig, in ähnlichen Situationen angemessen zu reagieren. Obwohl ich so gut wusste, wie sich der Schmerz anfühlt, fragte ich mich: Ist das jetzt passend? Fühlt sie auch wie ich? Hilft das meiner Freundin auch, nur weil es mir gut getan hat? Trete ich ihr mit dieser Frage zu nahe?
Im Laufe der letzten Jahre habe ich mich mit vielen Menschen über Trauer unterhalten und darüber, was wirklich hilft, sie zu bewältigen. In dem Wissen, dass es keine Pauschallösungen gibt, will ich dennoch meine wichtigsten Erkenntnisse teilen.
10 Tipps, wie man mit trauernden Menschen umgeht
1. Auf keinen Fall ignorieren!
In diesem Punkt bin ich mir mit allen Menschen einig, die den Tod eines geliebten Menschen verkraften mussten: Nichts ist schlimmer als so zu tun als wäre nichts. Wenn Freund*innen das tragische Erlebnis nicht ansprechen, geschieht das meistens aus Respekt oder Unsicherheit, das kann ich sogar verstehen.
Trotzdem ist mein dringender Rat: Riskiere es, nachzufragen! Ein Wie geht es dir nach allem, was du durchgemacht hast? Oder ein Ich würde gerne mehr über die Geschichte mit XYZ erfahren, magst du vielleicht erzählen? zeigen Interesse und lassen den Gefragten die Möglichkeit, darauf einzugehen oder abzulenken. Alles andere führt dazu, dass man sich nicht gesehen fühlt und die ganze Zeit ein unsichtbarer Elefant mit im Raum sitzt, der echten Kontakt unmöglich macht.
2. Die eigene Unsicherheit formulieren!
Niemand kann wissen, was ein trauernder Mensch wirklich braucht. Deshalb ist es eine richtig gute und noch dazu einfache Idee, auszusprechen, was einem selbst durch den Kopf geht. Das kann so aussehen: “Ich bin total unsicher, wie ich mich dir gegenüber verhalten soll, will aber gerne für dich da sein. Kannst du mir helfen und sagen, was dir gerade gut tut?” Wichtig ist hierbei, dass die Frage auch wirklich so gemeint ist und du ein aufrichtiges Interesse an der Antwort hast.
3. Angebote machen
Trauernde haben oft Angst, sich mit ihrem Schmerz zuzumuten und haben vielleicht nicht einmal mehr die Kraft, um Hilfe zu bitten. Hier kann man Brücken bauen und statt einem Sag Bescheid, wenn du was brauchst konkrete Hilfsangebote machen.
Am besten sind ganz alltägliche Dinge: Einkaufen gehen, mal auf die Kinder aufpassen, fragen, ob man Lust auf einen Spaziergang hat. Über das leckere Bananenbrot, das mir eine Freundin kurz nach dem Tod meines Sohnes einfach so vor die Haustür gestellt hat, freue ich mich noch heute.
4. Der Beziehung angemessen reagieren!
Mein erster Tipp gilt vor allem für Menschen, mit denen man mehr zu tun hat. Bei flüchtigen Bekanntschaften oder Kolleg*innen, mit denen man sonst nur ein paar Worte wechselt, ist ein ausführliches Gespräch vielleicht unpassend. Wie im Fall der Yogaschülerin, von der ich geschrieben habe.
Oft sind in solchen Situationen ein Blick, ein Lächeln, das schnelle Drücken der Hand und ein aufrichtiges Tut mir leid! Gold wert. Wäre die Yogaschülerin in Tränen ausgebrochen und hätte mich mit Unterstützungsangeboten überhäuft, wäre das richtig komisch gewesen. Manchmal zeigt auch eine Karte oder eine liebevoll formulierte WhatsApp-Nachricht die Anteilnahme am besten.
5. Keine Ratschläge!
Menschen, die gerade dem Tod nah sind, wissen, was sie brauchen und was nicht. Wie viele Tipps habe ich bekommen, um den Verlust meines Sohnes möglichst schnell zu verarbeiten. Was sicherlich gut gemeint war, habe ich teilweise als übergriffig erlebt. Ich wollte nicht zur Heilerin, hielt mich selbst für die beste Expertin auf dem Gebiet Tod und Trauer und wusste außerdem sehr genau, was mir gut tat. Besser als Ratschläge sind auch hier wieder Angebote wie: “Meine Freundin hat auch ihr Kind verloren. Sie war danach in einer Trauergruppe, die ihr sehr geholfen hat. Wenn du willst, kann ich mal nachfragen, wo das war.”
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6. Den eigenen Schmerz nicht in den Vordergrund spielen!
Es geht nicht um dich. Sei dir bewusst: Egal, wie unsicher du bist, egal, wie sehr dich die tragische Situation emotional mitnimmt – die Betroffenen sind es, die den Schmerz aushalten müssen. Ich erinnere mich an einige Menschen, die auf die Nachricht, dass jemand gestorben war so schockiert reagierten, dass ich sagen wollte Ist nicht so schlimm, ich komme schon klar, nur um die Situation zu entschärfen.
Zusammenbrechen ist keine Option. Wenn eine angemessene Reaktion gerade nicht möglich ist, kann man ruhig sagen: “Tut mir leid, ich muss das mal kurz verdauen.” Dann am besten schnell das Weite suchen und vielleicht mit etwas Abstand nochmals ein paar mitfühlende Worte schreiben.
7. Zuhören statt quatschen!
“Ich weiß genau, wie du dich fühlst. Als letztes Jahr mein Hund gestorben ist…” Oder: “Die Schwester meiner Freundin hatte genau das Gleiche und…” Ich will mich davor hüten, die Trauer oder den Schmerz anderer als mehr oder weniger schlimm zu beurteilen. Dennoch: In diesem Moment sind Offenheit und Empathie das Heilsamste, was man Trauernden mit auf dem Weg geben kann. Zuhören, Verständnis äußern und dem Impuls widerstehen, den Schmerz mit gutem Zureden (siehe Ratschläge!) lindern zu wollen. Der Schmerz wird erst mit der Zeit weniger. Verständnis und das Gefühl nicht alleine zu sein, helfen enorm auf dem Weg.
8. Raum geben!
Sei dir sicher: Deine Anteilnahme wird gesehen und geschätzt. Erwarte keine Antwort oder Erklärungen, was jetzt wirklich passiert ist oder wie es den Betroffenen damit geht. Es kann sehr anstrengend sein, sich ständig mitteilen zu müssen. Wer einen Verlust zu verkraften hat, ist viel weniger leistungsfähig und meist schon voll damit ausgelastet, den eigenen Alltag irgendwie zu meistern. Zusätzliche Erwartungen oder Ansprüche erschweren die Trauerarbeit. Auch wenn jemand wieder auf Instagram aktiv ist, arbeiten geht oder wieder ganz fröhlich durch den Kiez wandert, heißt das nicht unbedingt, dass es der Person gut geht.
9. Zeit geben!
Ja, das Leben geht weiter, aber Trauer verläuft in ungeordneten Wellen. Sie kommt, sie geht, sie reißt einem den Boden unter den Füßen weg, sie verändert sich und manchmal macht sie auch Pause. Gesellschaftlich akzeptiert ist maximal das Trauerjahr, oft hat das Umfeld aber schon viel früher wieder vergessen. Das heißt nicht, dass man ständig zusammen weinen muss. Im Gegenteil, Menschen, die einen Verlust erlebt haben, sind ja mehr als Trauerklöse.
Schön ist aber ab und zu, auch nach längerer Zeit, mal nachzuhorchen, wie sich der Verlust eigentlich anfühlt und ob die Trauer gerade erträglich ist. Besonders wichtig: An die Geburtstage oder Todestage der Verstorbenen denken und der Person einen Platz geben, auch wenn sie körperlich nicht mehr da ist. Das kann in Gesprächen geschehen, mit einem Besuch auf dem Friedhof oder einer Kerze, die man in Gedenken an die verstorbene Person anzündet.
10. Auf sich selbst achten!
Es kann anstrengend sein, sich um Menschen in Trauer zu kümmern. Deshalb gilt auch hier die alte Flugzeug-Regel: Erst sich selbst und dann den anderen helfen. Es ist total okay, Pause zu machen und sich zu distanzieren. Außerdem braucht es gar nicht so viel, um Trauernden das Gefühl zu geben, gesehen zu werden. Die Worte Ich denke an dich zum richtigen Zeitpunkt können mehr wert sein als stundenlange Gespräche oder ständiges Nachfragen.
Wenn der Kontakt mit den Betroffenen auf lange Sicht mehr Energie kostet als bereichert, ist das oft ein Zeichen, dass sich die Trauer in Depression wandelt und professionelle Hilfe nötig wird. Pass gut auf dich auf, wie viel du geben kannst und willst. Denn mal ehrlich: Wer will den Hilfe von jemandem, der diese nicht geben will?
Ich hoffe, meine Tipps können dir ein Stück Unsicherheit nehmen, wenn das nächste Mal einen Trauerfall in deinem Umfeld passiert.
Und ja, ein Teil der Unsicherheit bleibt auch bestehen, wenn man selbst schon getrauert hat, denn jeder Mensch reagiert und trauert anders. Nur wäre es doch für alle leichter, wenn wir damit offener umgehen würden. Deshalb nochmals mein Wunsch: Lasst uns den Tod und die Trauerarbeit enttabuisieren. Schließlich ist er uns doch allen gemeinsam. Lasst uns mehr über den Tod sprechen und erforschen, was in Sachen Trauer wirklich unsere Bedürfnisse sind.
Titelbild © Kristina Tripkovic via Unsplash
Dieser Artikel ist der 3. Teil einer Serie, die in Zusammenarbeit mit der DELA Versicherungskooperative entstanden ist. Wir sind sehr dankbar, so großartige Partner*innen im Boot zu haben, die FLGH auf diese Weise unterstützen.