Wer mich lange kennt, weiß: Ich bin ein richtiges Energiebündel. Es muss schon wirklich viel passieren, dass ich mal nicht morgens früh laufen gehe oder mit dem Rad durch die Stadt sause.
Als Early Bird übe ich Yoga am liebsten am Morgen. Die Abfolge des Sonnengrußes, der traditionell in der Frühe geübt wird, durchläuft mein Körper inzwischen fast automatisch, wenn ich mich auf die Matte stelle. Ein richtiger Energiekick für den Tag!
Mit fünf Runden Sonnengruß auspowern? Fehlanzeige!
Seit einiger Zeit läuft mein Energiehaushalt aber eher auf Sparflamme, dank Dauerstress durch Masterarbeit und nun meine Reiseplanung nach Indien. Yoga hat nun eine ganz neue Bedeutung für mich bekommen: Statt mich für den Tag zu pushen, muss ich nun mein Monkey Brain im Zaum zu halten, um nicht noch mehr Energie zu verlieren.
Um meine festgefahrenen Gewohnheiten zu durchbrechen, habe ich viel ausprobiert. Auch im Yoga ging ich nicht wie sonst zur üblichen Morgenstunde, sondern besuchte die Abendklasse. Durch meine Yogalehrerin Katharina Middendorf von nivata Yoga lernte ich dann schließlich den Mondgruß kennen.
Während ihrer Yogaausbildung in Indien lernte sie diesen von ihrem Lehrer Swami Dayanand Shankya Yogacharya. Voller Begeisterung für diese Sequenz machte sie es sich zur Aufgabe, den Mondgruß in Deutschland bekannter zu machen.
Fly me to the Moon – Die Kraft des Mondgrußes
Ich muss zugeben, als ich das erste Mal den Mondgruß übte, war ich ziemlich überfordert. Anders als im geradlinigen Sonnengruß, bei dem alles entweder nach vorne oder nach hinten geht, bewegte ich mich auf einmal in alle Richtungen.
Mir schwirrte der Kopf und ich musste mich sehr konzentrieren, nicht den Anschluss zu verlieren. So viele Drehungen und Asanas nach nach vorne, dann zur Seite gerichtet, dann wieder nach oben und nach unten. Definitiv eine Herausforderung für alle, die sich mit Orientierung schwer tun!
Höre ich “Mondgruß,” denke ich eher an Schlaflieder, Nacht und Ruhe. Also wie passt das zusammen?
Die Sonne und der Mond werden im Yoga den beiden Energiekanälen (Nadis) namens Pingala und Ida zugesprochen, die sich in yogischen Energie- und Körpermodellen durch unseren Körper schlängeln.
Während Pingala und die Sonne der männlichen Energie in uns zugesprochen werden, werden die Kraft des Mondes und Ida der weiblichen Energie zugeordnet. Die Abfolgen des Sonnen- und Mondgrußes aktivieren jeweils diese beiden Energien in uns.
Der Sonnengruß ist linear, fokussiert und geht von vorne nach hinten und stärkt so die männliche Seite in uns, die sich besonders durch Konzentration, Zielstrebigkeit und Disziplin auszeichnet.
Der Mondgruß umfasst den ganzen Raum und ist eher mehrdimensional. Die Energie des Mondes wirkt ausgleichend auf uns. Zum einen aktiviert er unsere Kreativität, Intuition und Leichtigkeit. Durch ihn werden wir geerdeter und ruhiger. Gerade am Abend ist der Mondgruß eine gute Möglichkeit, Stille zu erfahren, wenn der Alltag wieder besonders laut war.
Stille vs. Monkey Brain
In unserer schnelllebigen Zeit, in der wir immer schneller, weiter und höher wollen, verlieren wir schnell die Verbindung zu unserer inneren Ruhe und versuchen unserem selbst auferlegten Alltagsrhythmus Schritt zu halten. Die dynamische Abfolge des Sonnengrußes befeuert diese Dynamik noch zusätzlich.
Die Abfolge des Mondgrußes kann ausgleichend dazu wirken. Mit ihr können wir wieder zu unserer inneren Stabilität und Ruhe finden. Durch die verschiedene Richtungsabfolgen üben wir, in uns selbst verankert zu bleiben. So lernen wir, trotz äußerer Einflüsse nicht unser inneres Gleichgewicht zu verlieren.
Es gibt viele Variationen des Mondgrußes. Hier beschreibe ich die erste Stufe des Mondgrußes, die sich besonders gut als Anfänger*in üben lässt.
Tadasana (Berghaltung)
Zunächst beginnst du in der Berghaltung. Du stellst dich in die Mitte deiner Matte zur längeren Mattenseite gerichtet. Die Füße sind zusammen und die Fersen leicht geöffnet.
Mit der Einatmung hebst du die Arme über die Seite nach oben und führst die Hände über deinen Kopf zusammen. Du schaust nach oben zu den Händen und streckst dich leicht nach oben und hinten. Ausatmen: den Blick senken und nach vorne schauen.
Tiryaka Tadasana (Wiegende Palme)
Du atmest ein und lässt dabei die Hände und Arme in der gestreckten Gebetshaltung. Du beugst den Oberkörper nach links und schaust dabei nach rechts oben. Wichtig dabei ist es, die Hüften nach vorne ausgerichtet zu lassen.
Du atmest aus und richtest den Körper wieder in der Mitte aus. Bei der nächsten Einatmung wiederholst du es auf der rechten Seite, dabei schaust du nach links oben. Ausatmen: den Blick senken und nach vorne schauen.
Chandrasana (Mondhaltung)
Zunächst folgt der halbe Mond: Du atmest ein, öffnest die Arme und winkelst sie zur Seite an. Lass die Ellenbogen sinken und dreh deine Handflächen nach vorne. Gleichzeitig grätscht du dabei deine Beine. Du öffnest die Füße leicht zur Seite und beugst deine Knie.
Beim Ausatmen begibst du dich in die ganze Mondhaltung: Du streckst die Arme und Beine. Arme sollten auf Schulterhöhe ausgestreckt sein und die Handflächen zeigen nach oben.
Parivrtta Trikonasana (Gedrehtes Dreieck), Variante 1
Du atmest ein und drehst dich mit deinem Körper seitlich nach links. Du machst einen Ausfallschritt, linker Fuß nach vorne, der rechte Fuß bleibt hinten, dreht sich aber nach vorne. Hüften bleiben parallel, streckst die Arme zur Seite aus und lässt die Handflächen nach unten zeigen.
Du atmest aus und drehst nur den Oberkörper weiter nach links. Achte dabei die Hüften parallel nach vorne gerichtet zu lassen. Die Arme bleiben lang gestreckt, folgen dem Oberkörper und zeigen nun auch zur linken Seite. Der Blick geht zur hinteren Hand.
Parshvottanasana (seitlich gestreckte Haltung)
Bei der Einatmung drehst du den Körper wieder zur linken Seite nach vorne, der Oberkörper bleibt aufgerichtet und legst die Hände auf dem Oberschenkel ab. Die linke Hand ruht auf der rechten Hand.
Bei der Ausatmung bleiben die Beine gestreckt und du beugst den Oberkörper von der Hüfte aus nach unten. Die Stirn berührt dabei das Knie.
Pranamasana (Gebetshaltung)
Du atmest ein, richtest den Oberkörper wieder auf und nimmst die Hände in die Gebetshaltung.
Du atmest aus, beugst dein vorderes Knie und gehst in eine halbe Vorbeuge. Achte darauf den Körper parallel zum Boden auszurichten. Die Hände führst du in der Gebetshaltung zum dritten Auge an die Stirn.
Namaskarasana (Begrüßungshaltung)
Mit der Einatmung drehst du dich wieder zur Seite in die Ausgangshaltung. Dann beugst du deine Beine, gehst in eine hohe Hocke und stellst die Füße leicht nach außen. Du nimmst die Hände wieder in Gebetshaltung vor dein Brustbein.
Mit der Ausatmung streckst du die Arme mit der Gebetshaltung nach vorne, Handflächen bleiben dabei geschlossen. Runde den Rücken und senke den Kopf so, dass du den Kopf zwischen den Armen hältst. Mit der Ein- und Ausatmung wiederholen.
Nun folgt die gleiche Abfolge auf der rechten Seite. Du drehst dich nach rechts und wiederholst die Asanas, mit dem rechten Bein geführt. So entfaltet der Mondgruß erst seine balancierende Wirkung.
Du bist neugierig geworden und möchtest mehr zum Mondgruß erfahren?
In diesem Video erklärt dir Katharina Middendorf die ganze Abfolge des Mondgrußes, die du ganz leicht Zuhause für dich üben kannst. Oder schau in Berlin bei einer ihrer Stunden in der Yogaschule Zehlendorf vorbei!
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In ihrem Buch Female Yoga* liest du noch einmal ausführlicher, wie sich der Mondgruß auch auf unseren Chakren auswirkt und wie du so deine feminine Energie stärken kannst.
Ich hoffe du konntest neue Inspirationen für deine Yogapraxis mitnehmen.
Welche Yoga Asanas helfen dir, wieder mehr Energie zu tanken und zur Ruhe zu kommen? Gehörst du zu den Frühaufstehern oder praktizierst du doch lieber am Abend? Teile gerne deine Gedanken mit mir.
Ich wünsche dir viel Spaß beim Üben des Mondgrußes!
Alles Liebe
Valerie
Titelbild © Unsplash, sonstige Fotos © Philipp Arnoldt
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Vielen Dank für den interessanten Artikel zum Thema Yoga. Mein Motto lautet „Turne bis zur Urne.“ Schöne Grüsse aus Osnabrück