Kurz bevor meine Großmutter gestorben ist, beschlich mich das erste Mal das Gefühl, dass ich mit ihr als Frau und als Großmutter meinen Frieden schließen müsste, um mir – auch als Frau – näher kommen zu können. Erst Monate nach ihrem Tod war ich bereit, mit ihr, als auch mir selbst, die Auswirkungen von negativer weiblicher Dominanz zu verzeihen.
Warum ich das schreibe?
Unser Verhältnis zur unserer Sinnlichkeit, unserer Sexualität und zum Potential, welches in unserem Zyklus steckt, ist durch die Familie und den kulturellen Background geprägt. Erst, wenn wir negative oder negierende Bilder von Weiblichkeit innerhalb unserer Familie richtig erkennen, können wir uns von ihnen lösen.
Mit dem Friedensritual ist es mir gelungen, mich Stück für Stück von dem Bild destruktiven, trennenden Frau-Seins zu befreien und mich endlich auf die Suche nach verbindender, liebender, weiblicher Kraft zu begeben.
Hand in Hand mit dieser Suche nach der eigenen autentischen Kraft und Weiblichkeit, geht die Integration des hormonellen Zyklus.
Klar, der Zyklus ist ein ganz natürlicher Prozess, aber er gibt uns auch die Möglichkeit, unsere körperlichen und geistigen Vorgänge zu verstehen, uns besser zu erkennen und letztlich uns selbst zu akzeptieren.
Und: dieser Schritt ins Zyklische ist gar nicht schwer. Im Grunde genommen ist es ein ganz einfacher und natürlicher Weg, um dir selbst ein Stück näher zu kommen.
Die Begegnung mit deinem Rhythmus
Erinnerst du dich noch an deine erste Regelblutung? Und erinnerst du dich an die Reaktion von deinem Vater und vor allem die deiner Mutter und auch Großmutter auf dieses Ereignis? Und fühlst du, wie du genau bei dieser Frage innerlich abwinken willst, mit dem Gedanken: Hey, das ist doch ewig her, was hat das mit mir jetzt zu tun?
Glaub mir, es lohnt sich wirklich, noch einmal genauer hinzuschauen und in die Situation zurückzugehen, um zu sehen und zu verstehen, welchen Wert Fruchtbarkeit hatte und welche Form von Weiblichkeit in deiner Familie gezeigt und gelebt wurde. Vielleicht erkennst du Parallelen in deinem Frauen-Bild.
Die erwachende Weiblichkeit
Mit der hormonellen Umstellung und dem Wachsen zu Frau werden wir ‚Mehr‘ in der Welt, runder, sichtbarer. Dies ist der Zeitpunkt, in welcher sich positive, wie negative Assoziationen mit Weiblichkeit in uns verankern.
Gita Iyengar schreibt in ihrem Buch Yoga für die Frau über den Übergang vom Mädchen zur jungen Frau: „Eine gesunde Atmosphäre und richtige Anleitung in der Schule und Elternhaus sind notwendig in dieser Zeit der Neuorientierung.“ Das ist nüchtern, total logisch – und in den meisten Fällen leider gar nicht selbstverständlich.
Unsere Gebärmutter speichert bereits da Gefühle von Ablehnung, Verlorenheit, Angst, ebenso wie die von körperlicher Akzeptanz, von weiblicher Verbundenheit und Liebe, von Ehrfurcht vor dem Geschenk der beginnenden Fruchtbarkeit. Eine ganz klassische Folge, wenn das familiäre Umfeld nicht unterstützend auf die Veränderung reagiert, sind kurz- oder langzeitige Essstörungen.
In unserer Leistungsgesellschaft ist gleichbleibende Leistung, Ausdauer und größtmögliche Flexiblität hohes Gut. Hormonelle Schwankungen, körperliche Schwäche und mentales Ungleichgewicht sind Störfaktoren, die Angst machen und denen meist kein Raum zugeschrieben wird.
Dabei sind unkontrollierbare Veränderungen, Gefühle von Liebe, Trauer und Wut natürliche Begleiterinnen unseres Zyklus.
Mit dem Blick auf den Zyklus nehmen wir uns diesen Raum und begreifen auf größerer Ebene, was für eine Kraft der Veränderung und der Transformation von Monat zu Monat in unseren Körpern steckt.
Die vier Phasen des menstruellen Zyklus
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Die vier Phasen des menstruellen Zyklus gleichen den vier Mondphasen. Ein Mondzyklus dauert 29 Tage, viele Frauen haben jedoch kürzere oder längere Zyklen – und das ist gar kein Problem.
Der Zyklus der Frau besteht aus der Monatsblutung, der Zeit nach der Monatsblutung, der Ovulation und dem Hormonabfall, nach dem Eisprung.
Ihrer Monatsblutung sehen viele Frauen immer noch als ‚Behinderung‘ entgegen. Diese Zeit ist verbunden mit Schmerzen, Unwohlsein, körperlicher Schwäche, Unkontrollierbarkeit des Blutes und oft auch mit Gefühlen von Trauer und Einsamkeit.
Wir sollten während der Blutung jede Gelegenheit dazu nutzen, uns auszuruhen, um dem Körper in dieser empfindsamen Zeit zu schonen. Je mehr uns das gelingt, um so leichter lassen sich Schmerzen balancieren, um so geringer wird das Gefühl von Unwohlsein und um so eher können wir uns entspannen und die Blutung als das sehen, was sie wirklich ist: Spiegel unserer Fruchtbarkeit.
Nach der Monatsblutung fühlen wir uns oft wie neu geboren. Es ist, wie ein Schritt ins Licht nach emotionaler Dunkelheit. In dieser Zeit fühlen wir uns jung und lebendig und voller Energie.
Je mehr es auf die Ovulation zu geht, um so sinnlicher fühlen wir uns. Vielleicht hast du selbst gemerkt, dass du an bestimmten Tagen im Monat eine andere Anziehungskraft ausübst. Jetzt sind wir meist ausgeglichen, in Harmonie mit uns und unserem Umfeld.
Nun folgt die Phase des hormonellen Abfalls. Wenn das Ei nicht befruchtet worden ist, dann sinken Östrogen und Progesteron ab. Die Harmonie geht flöten und wir sind mit einem Mal ungeduldig, unwirsch, oft sogar intolerant gegenüber uns selbst und anderen.
Was sich manchmal schrecklich anfühlt, kann sehr kraftvoll sein. Das Wilde, Dunkle, das jetzt in uns zum Vorschein kommt, ist in unserer Gesellschaft oft nicht akzeptiert und wird als nerviges PMS abgetan. Gerade die Umdeutung dieser Phase als Moment von Kreativität und Schaffenskraft, kostet einige Übung.
Aber – so viel kann ich dir versichern – es wird von Mal zu Mal einfacher!
Leben mit dem natürlichen Rhythmus
Alles, was du zum Einstieg in das Leben mit deinem natürlichen Rhythmus brauchst, ist ein Buch, in dem du deinen Zyklus notierst. Richtig gut eignet sich dafür auch ein Mondkalender, denn der Mondzyklus ist ganz elementar mit unserem weiblichen Zyklus verbunden. Hier kannst du erstmal deine Blutungen, das Datum, die Intensität und die Dauer als auch deine Gefühle notieren.
Du kannst aufschreiben, wann du auf welche Aktivitäten so richtig Lust verspührst, welches Essen dich jetzt anspricht und was dir gerade so richtig gut und weniger gut gelingt.
Bald wirst du feststellen, dass deine Zeit von Aktion und Kommunikation, von Rückzug und Ruhe zyklisch ist. Du wirst merken, was du in welcher Phase besonders brauchst und wovon du dich gerade lieber fernhalten solltest. Du kannst hierfür auch die App ‚the Flow‘ zur Unterstützung nehmen.
Göttliche Kraft oder einfach Biologie?
Frauengruppen sind eine wunderbare Plattform, um dir, deiner Gebärmutter und ihrem Zyklus näher zu kommen. In der Szene gibt es mehr oder weniger spirituelle Ausrichtungen. Von Gebärmutter-Meditationen über ‚Wild Feminine‘ hin zu ‚die Frau als Göttin‘ ist alles möglich. Wenn du dir nicht sicher bist, wie du die Integration mit dem Zyklus angehen willst, dann lass dich einfach treiben und probiere aus, wohin dein Gefühl und dein Ruf dich führt.
Mit welchem Blickwinkel du an deinen Zyklus herangehst, ist letztlich egal. Wichtig ist, die Phasen bewusst zu beobachten und die psychischen und physischen und sexuellen Veränderungen zu verstehen und als Teil deiner selbst zu akzeptieren.
Der Fluss
Die Integration des weiblichen Zyklus ermöglicht ein Leben in Bewußtsein und Klarheit. Sie löst fest sitzende Ängste, Blockaden und eröffnet uns das Feld der Selbst-Erkenntnis. Sie ist ein wunderbares Mittel, die Liebe und Harmonie in uns zu stärken und unsere Mütter und Großmütter mit mehr Milde und Liebe zu betrachten. Dieser Schulterschluss ermöglicht uns, freiere Mütter zu werden, egal, welcher Form von physischer oder kreativer Geburt wir uns widmen wollen.
Das Wissen um die Kraft des Zyklus gibt uns den Raum und die Macht für Versöhnung, bewusste Entscheidungen und für ganz mutige Entfaltung, die uns zur Ganzheit führt.
Go cyclic!
Deine Julia
PS: Wenn dich das Thema interessiert, kannst du bei meinen Feminine Awakening Abenden vorbei schauen. Oder dich für eine Einzelsession zu einer Gebärmutterheilung bei mir anmelden. Alle Infos findest du auf meiner Seite rollingtiger.org
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Danke für diesen sehr spannenden Artikel! Ich habe vor knapp einem Jahr die Pille abgesetzt und lerne meinen natürlichen Zyklus und mich selber jeden Monat wieder ein bisschen besser kennen. Die Idee mit dem Zyklus-Buch gefällt mir sehr!