Ayurvedische Ernährung leicht gemacht: ein Einstieg und 9 Tipps

Mit ayurvedischer Ernährung körperliche Symptome lindern und Gleichgewicht herstellen: Viele schwören drauf. Aber was genau steckt dahinter? Was musst du beachten? Hier erfährst du, wie ayurvedische Ernährung aussehen kann und bekommst einen guten Einblick, in ein sehr komplexes, vielschichtiges Thema.

Viele meinen, dass ayurvedische Ernährung allerlei schwierige Regeln umfasse.

Auf den ersten Blick mag das vielleicht stimmen, denn es sind einige Dinge, die für uns neu oder ungewohnt sind. Wichtige Regeln gibt es dabei eigentlich nur ein paar, deren Beachtung nicht kompliziert ist, die aber häufig schon einen entscheidenden Unterschied in deinem Wohlbefinden ausmachen können.

Ernährung: persönliche Sache oder gesellschaftlich definierte Norm?

Es ist vollkommen normal, dass jede Ernährungsumstellung an die Substanz geht, denn wir definieren uns stark über unsere Essgewohnheiten – Ernährung ist etwas sehr Persönliches.

Damit sind wir aber schon beim ersten Schritt zur Erkenntnis: Es ist wichtig, Ernährung zu etwas Persönlichem zu machen. Häufig folgen wir nur der Norm oder etwas, das uns als persönlich erscheint, in Wahrheit jedoch stark von äußerem Einfluss geprägt ist.

Die drei ayurvedischen Ernährungstypen: die Doshas Vata, Pitta und Kapha

Ernährung ist im Ayurveda Typsache, das bedeutet: Dein körperlicher Konstitutionstyp bestimmt, welche Nahrung und wie viel davon, wann und wie zubereitet du sie am besten aufnehmen kannst. Die drei Typen heißen Vata, Pitta und Kapha, Doshas genannt. Diese zeichnen jeweils ganz bestimmte Eigenschaften aus. Allerdings sind auch Mischtypen möglich.

Vata-Typen brauchen eine Ernährung, die beruhigend auf ihr Dosha wirkt; Vatas kann eine gewisse Unruhe und Hektik auszeichnen und sie haben häufig Verdauungsprobleme. Auch sind sie oft recht dünn oder untergewichtig. Förderlich: leicht verdauliche Speisen, warm und frisch gekocht. Z.B. Porridge, Eintöpfe oder Suppen
Geschmacksrichtungen: salzig, sauer, süß
Vermeiden: Aufblähendes. Das schnelle Essen unterwegs oder fehlende Mahlzeiten

Pitta-Typen haben im Gegensatz zu Vata eine top Verdauung und einen schnellen, effektiven Stoffwechsel. Sie wirken häufig dynamisch und sind körperlich und geistig sehr leistungsstark. Sie vertragen viele Lebensmittel und Speisen, egal ob kalt, warm oder schwer.
Förderlich: Gemüse, Obst, Kohlenhydrate und Proteine. Auch Rohkost wird gut vertragen
Geschmacksrichtungen: herb, bitter, süß
Vermeiden: sauer oder scharf. Zu viel Fett, Frittiertes oder Gebratenes. Übermäßige Portionen. Alkohol, Kaffee, Weißmehl und Zucker

Kapha-Typen sind tendenziell eher träge. Ihr Körperbau ist meist stabil, mit schweren Muskeln und Gelenken. Auch für sie ist warmes und gekochtes Essen besser verträglich, fette und schwere Nahrung hingegen weniger.
Förderlich: heiße Getränke. Viel Gemüse, scharfe Gewürze, trockene Lebensmittel, Hülsenfrüchte wie Linsen oder Bohnen. Fasten und spätes/gar kein Frühstück kann gut sein
Geschmacksrichtungen: scharf, bitter, herb
Vermeiden: kalte und schwere Gerichte. Fleisch, Milchprodukte und Snacks. Ebenso spätes Abendessen.

>>Tipp: Möchtest du wissen, welcher Konstitutionstyp du bist? Dann kannst du hier einen Test machen

>>Lesetipp: Ayurvedisch gut durch den Winter: 5 Tipps für Immunpower

Der Kern ayurvedischer Ernährung: das Verdauungsfeuer Agni

Im Ayurveda geht es nicht darum, eine möglichst große Nährstoffdichte oder bunte Kreationen auf dem Teller anzurichten, sondern um die wichtigste Komponente des Essens: unsere Verdauung. Ein Element, dass wir schnell vergessen und auch in der Ernährungswissenschaft kaum zum Thema gemacht wird. Wir wollen unser Verdauungsfeuer, Agni, bestmöglich am Laufen halten und durch unsere Nahrung unterstützen. Denn wenn der Körper nicht in der Lage ist, Vitamine und Nährstoffe ausreichend aufzunehmen, nützt einem auch die gesündeste Ernährung wenig.

Du kannst Agni auf die Sprünge helfen, indem du

  • deine Ernährung den Tages- und Jahreszeiten anpasst. Schwerere Mahlzeiten nimmst du am besten mittags bzw. im Winter zu dir, da Agni dann am besten funktioniert. Morgens, abends, im Sommer, sowie nach dem Sport oder bei Krankheit ist die Zeit für leichte Speisen.
  • nur isst, wenn du wirklich, WIRKLICH Hunger verspürst! Versuche, dich während der Essensaufnahme ganz auf deine Mahlzeit zu konzentrieren, kaue langsam und achtsam. Auch Ablenkungen wie Fernsehen sind eher kontraproduktiv,
  • ein Gemisch aus Wasser, Kreuzkümmel, schwarzem Pfeffer, Ingwerpulver und Steinsalz zu dir nimmst, um Agni anzufachen. Dazu lässt du eine Tasse Wasser und die Gewürze für ca. 10 Minuten köcheln und trinkst das Getränk ungefähr 30 Minuten vor dem Essen.

Darüber hinaus geht es darum, alle Ebenen unseres Körpers zu nähren, nicht nur die physische. Stattdessen opfern wir häufig unser Wohlbefinden, um Regeln von vermeintlich gesundem oder kalorienarmem Essen einzuhalten.

Dabei Ist es viel anstrengender, ständig Nährstoffgehalte und Kalorien zu einem Essens-Mantra zu erheben. Dies spiegelt weder die wahre Wirkung des Nahrungsmittels wieder, noch die Wertschätzung, mit der wir unsere Nahrung betrachten sollten. Essen wird so zum Feind auf dem Teller und die tiefere Bedeutung der Nahrung geht verloren.

Im Ayurveda musst du dich nicht um Kalorien, Kohlenhydrate oder Vitamingehalte sorgen, sondern darum, was du verträgst und was deinem Körper gut tut. Und das ist viel mehr mit fühlen verbunden, als mit verkopften Regeln.

5 Tipps für einen leichten Einstieg in die Ayurveda-Welt

Die folgenden Tipps zeigen dir, wie du es ohne große Umstände und mit ein bisschen Gewohnheit schaffst, deiner Verdauung mit Ayurveda auf die Sprünge zu helfen, unabhängig von deinem Konstitutionstyp.

1. Spüre, was das Essen mit dir macht

Lösche Nährstofftabellen und Vorurteile aus deinem Gedächtnis und spüre einmal nach, wie sich das Nahrungsmittel auf deine Verdauung und dein Gemüt auswirkt.

2. Lass Snacks weg

Widerstehe der Versuchung zwischen den Mahlzeiten zu snacken, sodass dein Verdauungsfeuer ordentlich brennen kann, bevor du es fütterst.

3. Trinke nicht zum Essen

Wasser ist gut und wichtig – aber nicht direkt zu den Mahlzeiten, wo es das Verdauungsfeuer löscht und die Verdauungssäfte verdünnt. Hast du dir es einmal ohne angewöhnt, vermisst du es schnell gar nicht mehr.

4. Iss regional und saisonal

Mama Erde hat sich etwas dabei gedacht, dass bestimmt Dinge zu gewissen Zeiten wachsen. Kohl im Winter zum Beispiel balanciert das im Winter erhöhte Kapha aus und hilft uns gesund zu bleiben. Das heißt nicht, dass du den ganzen Winter nur Kohl essen sollst, aber in der Summe sollten sich unsere täglichen Gewohnheiten überwiegend an der lokalen Ernte orientieren; plus Ausnahmen! Ein Saisonkalender hilft, oder ein Blick im Supermarkt auf das Herkunftsland hilft, den Überblick zu behalten.

5. Kombiniere smart

Milch und Früchte haben in einer Mahlzeit nichts zu suchen. Sie werden am besten für sich gegessen, entweder als Snack oder Ersatz für eine Mahlzeit, aber in keinem Fall zusammen als Milchmixgetränk oder Fruchtjoghurt.

6. Koche, frisch und warm

Warme Nahrung ist für jeden Konstitutionstyp am besten verdaulich und nährt und wärmt dich von innen. Koche mit natürlichen, frischen Nahrungsmitteln und verzichte auf Fertigprodukte, Konservierungs- und Farbstoffe sowie Nahrungsmittelzusätze.

7. Ausreichend trinken

Trinke täglich etwa zwei Liter, am besten abgekochtes Wasser, Tees oder goldene Milch. Kalte Gerichte und eiskalte Getränke mit Eiswürfeln sind zu vermeiden.

8. Würze dein Essen

Gewürze wie Koriander, Ingwer, Fenchel, Kardamom und Kurkuma sind verdauungsfördernd.

9. Pausiere zwischen den Mahlzeiten

Achte darauf, dass zwischen jeder Mahlzeit nach Möglichkeit drei bis vier Stunden liegen, damit der Magen leer ist. Gerade nachts ist eine Pause von 12 Stunden ideal: um 19 Uhr Abendessen und frühestens um 7 Uhr Frühstück. 

Natürlich gibt es noch viel mehr Dinge, die beachtet werden könnten.

Aber manches braucht Zeit um mit dir zu wachsen, Schritt für Schritt, wenn du bereit dafür bist. Dann kannst du dann mit Hilfe einer ayurvedischen Ernährungsberatung immer noch tiefer ins Thema einsteigen. Auch fühlt es sich dann nicht nach Verzicht an, sondern nach Bereicherung für deinen Körper und dein Wohlbefinden.

Wieso fällt es eigentlich so schwer, Gewohnheiten zu ändern?

Der häufig erste Impuls auf Ernährungsratschläge ist die Angst vor Verzicht oder dem Eingeengtwerden durch zu viele Vorschriften. Dabei vergessen wir häufig, dass wir bereits einer viel größeren Zahl von Regeln folgen, die lediglich kultiviert und zur Gewohnheit geworden sind, sodass wir uns derer gar nicht mehr bewusst sind:

Kaffee ist mittlerweile Typ-Sache und kommt einer Wissenschaft gleich; der Aufwand, der heute um das Heißgetränk betrieben wird, wäre früher wohl als hemmungslos übertrieben betitelt worden. Typisch deutsches Brot wird mit Butter oder Paprika-Cashew-Aufstrich gegessen, zu Spaghetti gehört die obligatorische Tomatensauce, ein gesunder Smoothie ist grün und das süße Dessert kommt immer zum Schluss.

Während es in anderen Kulturen ganz normal ist, mit Reis oder Suppe in den Tag zu starten, haben wir uns so sehr an unsere Vorstellung von Frühstück gewöhnt, dass alles andere total absurd scheint. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass all diese Dinge auch nur erfundene Regeln sind, kulturell anerzogen und kaum hinterfragt.

Nurture yourself,

Dania

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5 Kommentare / Schreibe einen Kommentar

  1. Ich bin mit 66 endlich Rentner und schaue auch mal bei Ayurveda vorbei.
    Jetzt habe ich ein Smartphone und lese viel im Internet darüber, Zeit habe ich ja.

  2. Mit dem Punkt ‚Kombiniere smart‘ bin ich nicht ganz einverstanden… In jedem Ayurvedischen Restaurant oder Kochbuch findet man diverse Lassis u.ä. Diese werden meist noch mit Kardamom, Kurkuma etc. verfeinert :)

  3. Liebe Dania, ein sehr schöner, unkomplizierter Artikel! Ich hab nur eine Frage zur Kombi Milch & Frucht – wie ist das denn beim Mango Lassi?? Oder ist das eine eher „europäische Erfindung“? Danke & liebe Grüße :)

    1. Liebe Anna,
      vielen Dank, das freut mich! Mango-Lassi ist eine „indische Erfindung“, aber keine ayurvedische. Vielleicht gehört er zu den Dingen, bei denen man es ab und zu eine Ausnahme machen kann, denn Mango ist eher eine süße Frucht und Lassi ist noch mal von den Eigenschaften unterschiedlich von der Milch. Dann sollte es aber lieber Mittags getrunken werden, da das Verdauungsfeuer mittags stärker ist. Besser ist der Lassi aber ohne Früchte. Schau wie es sich für dich anfühlt!
      Alles Liebe, Dania

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