“Nee, da ist kein zweiter Strich, der ist viel zu dünn. Ich mach noch einen Test!”
Tja, der Strich auf dem zweiten Test war zwar genauso schwach, schwanger war ich aber trotzdem. Seit 20. Juni weiß ich das jetzt, offiziell bestätigt durch zwei Schwangerschaftstests und eine Frauenärztin und freue mich ziemlich doll darüber.
Doch bei aller Freude kamen auch direkt in den ersten Tagen die ersten Sorgen.
Was wird das denn für meinen Unterricht bedeuten? Wie wird mich die Schwangerschaft beeinträchtigen? Wird es für die Schüler*innen seltsam sein? Kann ich mein Retreat noch unterrichten? Und was passiert mit meiner eigenen Praxis, aus der ich schließlich auch ziemlich wichtigen Input für meine Klassen ziehe?
Mittlerweile konnte ich bereits ein paar Erkenntnisse und Antworten auf meine Fragen finden, die ich gerne mit euch teilen möchte.
>> Spoiler alert: Ja, ihr Retreat wird Sabine von 19. bis 21. Oktober noch unterrichten – zusammen mit Bauch und Tanya Reuter. Ein paar Plätze für Spontane sind noch frei!
Schwanger im ersten Trimester: Freude, Sorgen und ein kleines Geheimnis
Vor meiner eigenen Schwangerschaft war ich mir immer relativ sicher, dass ich es schnell meinem Umfeld mitteilen würde, dass ich ein Baby erwarte. Ist doch was schönes und falls ich tatsächlich innerhalb der ersten Wochen einen Abgang haben sollte, dann wär das ja schließlich etwas, wofür jeder Verständnis hätte.
Als ich dann die frohe Botschaft erfahren habe, war es plötzlich anders.
Wenn du erfährst, dass du in der vierten Woche schwanger bist, fühlst du dich erstmal noch so gar nicht schwanger.
Und irgendwie fühlte es sich nach nichts an, was ich bereits teilen wollte. Zunächst war es ein kleines Geheimnis zwischen meinem Freund und mir und ich musste mir erstmal erlauben, mich wirklich schwanger nennen zu dürfen. Klingt vielleicht komisch, aber für mich was das ein Prozess, den ich erstmal mit mir selber ausmachen musste.
Hinzu kommt, dass diese Sorge vor einem Abgang halt nun mal doch da ist. Plötzlich erfährt man von viel mehr Frauen, als man bisher dachte, die den Embryo in den ersten Wochen wieder verloren haben und liest blöderweise Statistiken, die das Risiko einfach nochmal verdeutlichen. Irgendwie scheut man da ganz automatisch davor zurück, die ganze Welt schon am fragilen Babyglück teilhaben zu lassen.
So habe ich dann also unser kleines Geheimnis noch etwas länger völlig unsichtbar mit mir herumgetragen.
Mein Körper hat sich allerdings so gar nicht an meinem “ich bin ja erst ein bisschen schwanger”-Motto orientiert.
Der fand mich nämlich schwanger genug und erinnerte mich mit bleierner Müdigkeit und anhaltender Kurzatmigkeit daran, dass jetzt eine Phase des Kürzertretens begonnen hat.
In diesen ersten Wochen fand ich unterrichten wahnsinnig anstrengend.
Umso anstrengender, weil es ja auch niemand wusste und ich kam mir sehr oft unzulänglich vor und wie eine “schlechte Lehrerin”.
Rückblickend habe ich folgende Lehren daraus gezogen:
1. Lieber eine Klasse weniger unterrichten, als völlig energielos sein
“Schwangerschaft ist keine Krankheit.” Ja, seh ich genauso. Dennoch ist es ein Wunder, was mit unserem Körper während einer Schwangerschaft passiert. In den ersten Wochen stellensich der komplette Hormonhaushalt und auch der Körper darauf ein, ein Kind auszutragen.
Da ist die Hölle los, ohne dass man es im Äußeren wirklich mitbekommt.
Es ist ok und auch notwendig das zu akzeptieren und sich auch mal Ruhe zu gönnen. Gerade die Klassen später am Abend waren schwierig für mich. Manche, die mit Morgenübelkeit geplagt sind, finden vielleicht frühe Stunden schwieriger. Eventuell lässt sich ja ein bisschen was tauschen, so dass du trotzdem regelmäßig unterrichten kannst, es dir aber dennoch ein bisschen leichter machst.
2. Die Qualität einer Klasse hängt nicht von deiner Asana-Performance ab
Ich bin momentan in der 17. Woche und langsam wächst mein Bauch. Das bedeutet, dass viele Schüler*innen nach wie vor nicht wissen, dass ich schwanger bin. Müssen sie ja auch nicht, ich hab ja keine ansteckende Krankheit, über die ich sie informieren sollte.
Natürlich will ich, dass meine Schüler*innen eine positive Erfahrung machen und bereichert nach Hause gehen.
In den ersten Wochen habe ich deswegen auch noch ganz normal assistiert und auch mal eine bestimmte Asana oder ein Pranayama demonstriert, von denen ich nicht weiß, ob das so wahnsinnig clever war im ersten Trimester.
Mittlerweile mache ich das nicht mehr, vielleicht weil mein Körper mir die Grenzen schneller aufzeigt, vielleicht auch weil ich mich immer mehr schwanger fühle und damit auch die Verantwortung für den Zwerg mehr empfinde.
Und auch bei Assists halte ich mich teilweise zurück, wenn ich zum Beispiel das Gefühl habe, dass ich dafür meinen Bauch zu sehr anspannen muss. Um ehrlich zu sein habe ich deswegen immer noch manchmal ein schlechtes Gewissen und habe Sorge, dass den Schüler*innen deswegen etwas in meinen Klassen fehlt. Aber ernsthaft?
Fandest du schon mal eine Yogaklasse schlecht, weil du nicht diesen einen Assist bekommen hast?
Oder der/die Lehrer*in nicht seine/ihre Asana-Skills ausgepackt hat? Ich denke zu einer guten Klasse gehört mehr als das. Und vielleicht ist die Schwangerschaft auch ein guter Zeitpunkt, das Verständnis des eigenen Unterrichts nochmal zu überdenken. Je länger wir unterrichten, umso mehr schleichen sich auch Routinen ein. Bestimmte Assists, die wir immer machen, bestimmte Sequenzen, die wir immer unterrichten.
Wenn das aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr geht oder sich nicht mehr stimmig anfühlt, dann muss was Neues her und das kann ja auch für die Schüler*innen sehr bereichernd sein. Mir hat zum Beispiel eine Freundin gesagt, dass ich viel sanfter geworden bin in meinem Unterricht. Das fand ich ein schönes Feedback.
3. Die eigene Praxis wandelt sich. Akzeptiere das und nimm die schönen Aspekte für dich mit
Seit ca. 2,5 Jahren übe ich hauptsächlich Ashtanga Yoga. Das ist eine ziemlich fordernde Praxis, bei der der Fokus auf innerer Reinigung durch das Entfachen von innerer Hitze liegt. Wenn man sich überlegt, dass gerade die ersten Wochen einer Schwangerschaft sehr fragil sind und es grundsätzlich beim Schwangersein darum geht, ein Kind in sich zu bewahren und groß werden zu lassen, hat sich der Gedanke von Reinigung, etwas loswerden wollen, einfach nicht mehr richtig angefühlt.
Dazu kommt, dass in der traditionellen Ashtanga-Yogapraxis Frauen im ersten Trimester der Rat gegeben wird, gar nicht zu üben. Viele moderne Ashtanga-Lehrer sehen das mittlerweile ein bisschen anders, darunter auch meiner.
Aber natürlich muss die Praxis während der Schwangerschaft angepasst werden.
Ich lasse Drehungen weg, alle Lotus-Haltungen, ich mache kaum noch oder nur ganz kurz intensivere Umkehrhaltungen und alle herausfordernden Rückbeugen fallen weg. Meine Praxis-Dauer hat sich verkürzt und geschwitzt habe ich beim Üben schon echt lange nicht mehr.
Es gibt Tage, da würde ich gerne mal wieder schwitzen, Handstand üben und habe Angst um meine mühsam erarbeiteten Kapotasana-Fortschritte.
Es gibt aber auch Tage, da spüre ich, wie gut mir diese Form der Praxis tut. Wie ich mir erlaube, weich zu werden, mehr Mediation statt Asana zu üben, nicht alles geben zu müssen. Darüber hinaus lerne ich, wie sinnvoll sich Hilfsmittel in der eigenen Praxis einsetzen lassen. Das ist wiederum etwas, was ich auch in meinen Unterricht einfließen lasse.
Plötzlich macht all das Predigen vom Loslassen des Egos und vom Grenzen respektieren wirklich Sinn.
Ich spüre, wie mich die Praxis unterstützt, ohne mir Energie zu rauben. Außerdem wird mir wieder klar, was für ein Geschenk diese Praxis ist, wie wunderbar es ist, dass wir für jede Phase unseres Lebens die passenden Übungen zur Hand haben, wenn wir nur hinhören was für uns richtig ist.
Bist oder warst du schwanger als Yogalehrerin? Dann schreib mir doch, wie du dich dabei fühlst oder gefühlt hast und was sich bei dir so verändert (hat).
Alles Liebe,
Deine Sabine
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6 Kommentare / Schreibe einen Kommentar
Liebe Sabine,
vielen Dank für diesen Artikel, den ich genau im richtigen Moment gefunden habe. Ich bin gerade noch ganz am Anfang meiner Schwangerschaft in der achten Woche. Ich unterrichte nur drei Klassen pro Woche, aber im Moment ist es eine riesengroße Herausforderung in jeglicher Hinsicht. Ich bin so kurzatmig, dass mir das Sprechen manchmal schwer fällt und ich habe sehr gemischte Klassen, in denen fast immer komplette Anfänger sind, so dass ich das Gefühl habe, mitmachen zu „müssen“. Die Klassen sind dadurch deutlich sanfter geworden und manchen gefällt das mehr und anderen weniger. Ich hoffe sehr, dass irgendwann wieder etwas mehr Energie zurück kehrt. Im Moment könnte ich problemlos den ganzen Tag im Bett liegen. In meinen ersten beiden Schwangerschaften war ich deutlich fitter, aber damals habe ich noch nicht Yoga unterrichtet, so dass ich da nicht den direkten Vergleich habe. Aktuell komme ich neben dem Familienleben leider nicht zu meiner eigenen Praxis und das fehlt mir sehr. Und trotzdem schaffe ich es gerade einfach nicht. Ich wünsche Dir alles, alles Gute für den weiteren Verlauf Deiner Schwangerschaft und nochmals Danke für das Teilen Deiner Erfahrungen!
Hallo liebe Sabine, danke für deinen Artikel. Ich bin selbständige Yogalehrerin und in der 15. Woche schwanger. Da es leider bei mir gleich am Anfang zu Komplikationen kam, musste ich die letzten 4 Wochen nur im Bett liegen und „darf“ leider auch zukünftig keine Asanas praktizieren. Die eigene Praxis fehlt mir sehr und ich versuche so gut wie möglich mit Mediation auszugleichen. Mein Unterricht beginnt diese Woche wieder und es wird eine Herausforderung alles verständlich anzusagen, ganz ohne Demo. Ich bin sehr gespannt, wie sich mein Unterricht in der Schwangerschaft entwickeln wird und hoffe sehr, dass meine Schülerinnen gut damit zurecht kommen. Dein Artikel hat mich auf jeden Fall ermuntert auf mich zu hören und das zu tun, was möglich und gut ist für mich und mein Baby. Arbeiten werde ich wohl bis zum Mutterschutz – auch das wird herausfordernd aber sicherlich machbar. Kennst du vielleicht eine schöne Mama- Baby-Meditation? Ich hoffe dir geht es sehr gut und wünsche dir noch eine wundervolle Schwangerschaft. Alles Liebe, Nina
Vielen Dank für den schönen Beitrag.
Ich habe auch nebenberuflich Yoga unterrichtet, als ich schwanger wurde. Meine Abschlussprüfung zur Yogalehrerin habe ich im 9. Schwangerschaftsmonat gemacht. Meine eigene Yogapraxis hat sich in der Schwangerschaft verändert. Sie wurde achtsamer und zentrierter. Das hat sich auch in meinem Unterricht widergespiegelt, was meinen Teilnehmer sehr gefallen hat. Der körperliche Aspekt wird am Ende anstrengend (wie komme ich jetzt bloß ohne Hilfe wieder vom Boden hoch ?), aber der geistige Aspekt erweitert sich und die Ausstrahlung verändert sich. Alles hat seine Zeit im Leben.
Alles Gute für Dich.
Liebe Sandra,
danke dir für deinen lieben Kommentar. Ja, über das wieder nach oben kommen hab ich auch schon nachgedacht. Bin mal gespannt, wie sich das entwickelt ;)
Alles Gute für dich!
Danke, danke, DANKE für diesen Artikel! Ich bin ebenfalls Yogalehrerin und seit Kurzem schwanger und ich verstehe deine Fragen und mitunter Selbstzweifel nur zu gut. Werde ich meinen Schülern noch gerecht? Wie gestalte ich die Stunde ansprechend und rund, ohne mich zu überfordern? Schaffe ich alle Kurse überhaupt noch oder sollte ich was streichen? Ich bin nebenbei berufstätig und komme oft an meine Grenzen, nicht nur im 1. Trimester, sondern noch immer. Meine Ruhepol ist ebenfalls meine eigene Praxis – auch sie ist weicher geworden, ruhiger, mehr nach innen gerichtet. Schön, dass auch andere Yogalehrerinnen in der Schwangerschaft zuweilen überfordert sind. Wie lange unterrichtet du noch? Bis zum Mutterschutz? Ich wünsche dir eine zauberhafte Schwangerschaft und hoffentlich genügend Zeit, diese gebührend zu genießen! Liebste Grüße, Annemarie
Liebe Annemarie,
danke dir :)
Wie weit bist du denn inzwischen? Unterrichtest du nach wie vor?
Ich hab schon geplant bis zum Mutterschutz zu unterrichten, bisher geht es mir echt gut. Aber es ist ja auch erst Halbzeit, also mal sehen ;)
Alles Liebe auch für dich!
Sabine