S.O.S., PMS? Symptome mit Ayurveda lesen und lindern lernen

PMS ist der Moment, wenn sich ein Hebel umlegt und plötzlich dunkle Wolken aufziehen, die Ängste, Wut oder Traurigkeit mit sich bringen. Der Moment, wenn dein*e Partner*in mit den Augen rollt und dir zum Austoben die Bühne lässt – da ihr beide wisst, es gibt gerade keine Alternative. So oder so ähnlich kann es aussehen, in der Zeit zwischen Ovulation und Menstruation.

„PMS“ steht für „Prämenstruelles Syndrom“ und umfasst eine ganze Bandbreite von Gefühlen und körperlichen Veränderungen.

Während wir nach der Menstruation mit Frische, Elan und Strahlen in den neuen Zyklus starten und den Höhepunkt von Harmoniebewusstsein, Fürsorglichkeit und Selbstaufgabe zur Zeit der Ovulation erleben, verwandeln wir uns vor der Blutung in fragile, ja auch dunkle, düstere Wesen.

Was passiert in meinem Körper?

Nach der Ovulation nimmt Östrogen in uns ab. Östrogen ist unser Yang-Hormon. Durch seine äußerst stimulierende Zusammenarbeit mit dem Glücksboten Serotonin wird es auch happy hormone genannt. Sinkt Östrogen in uns ab – weil ein Ei nicht befruchtet wurde – dann sinkt auch der Serotoninspiegel.

An ihre Stelle tritt nun Progesteron, unser Yin-Hormon. Progesteron hat einen beruhigenden Effekt und sorgt normalerweise für mildes PMS und eine ausgewogene Blutung. Dennoch spüren wir den Abfall von Serotonin, je nach Typ mehr oder weniger deutlich.

Auf jeden Fall verschiebt sich nach der Ovulation unser Fokus. Auf allen Ebenen beschreiten wir den Weg nach innen. Diese Phase wandelt uns auch äußerlich: die Haut und Lippen werden blasser, Gesichtszüge härter, der Körper steifer, schwammiger, die Haut gegebenenfalls ölig und pickelig. Unser Immunsystem wird schwächer.

Zudem sinkt unsere Alkoholtoleranz und unser Essverhalten ändert sich. Allgemein verstärkt sich Suchtverhalten durch die emotionale Instabilität vor der Blutung gewaltig.

Wieviel PMS ist „normal“?

PMS gehört, wie die Blutungszeit auch, zu den gesellschaftlich wenig tolerierten Phasen unseres Zyklus. Dies macht uns die Selbstakzeptanz besonders schwierig.

Die klassischen Anzeichen von PMS sind unter anderem eine Zunahme von Sensibilität und eine Abnahme an jeglicher Toleranz. Wir können weniger aushalten, tragen, ertragen. Wir werden steifer, weniger flexibel. Nicht nur im Körper, sondern auch im Kopf. „Defence is down“, nennt Dr. Claudia Welch diese Phase. Und das ist „normal“.

Wenn PMS mein Leben und Wohlgefühl stark beeinträchtigt, was kann ich tun?

Du hast das Gefühl, dein PMS ist mehr als das normale Pensum, also ein ziemlicher Ritt, der dich immer wieder aus der Bahn wirft? In der Ayurveda finden wir Antworten durch verschiedene Klassifizierungen.

PMS aus der Sicht der Ayurveda

In der Ayurveda ist jedes Wesen vollkommen. Vollkommen gelangen wir auf die Welt, gehalten in und durch unser ganz individuelles Gleichgewicht. Wenn sich das Gleichgewicht zu einer Dysbalance verlagert, können wir das oft anhand der Menstruationsblutung und an verstärkter PMS erkennen.

Vata: Die Sorgenreiterin

Du fühlst dich vor deiner Periode besonders dünnhäutig und ängstlich? Du wirst leiser, sensibler, andere Menschen sind dir zu viel und du reagierst empfindlicher auf Lärm? Du hast vermehrt Schmerzen im unteren Rücken und Luft im Bauch und deine Konzentration nimmt ab? Du wirst unsicher und du hast Verlustängste? Einschlafen fällt dir jetzt besonders schwer?

Dann ist wahrscheinlich das Vata-Dosha in dir dominant.

Süße, warme, erdende Speisen aus Wurzelgemüsen sowie Entspannungsbäder mit Lavendel, Selbst-Massage mit einem schönen Öl sind jetzt besonders wohltuend, um Nervosität und Wind zu stabilisieren.

Pitta: Die Wutschäumende

„When you throw a pillow in the face of your husband, you know, Pitta is high“ – meint Vasant Lad, ein bedeutender Ayurveda Lehrer und Mediziner.

Was erstmal antiquiert klingt, ist im Kern sehr wahr. Kannst du es vor der Blutung kaum aushalten, wenn etwas nicht nach deiner Vorstellung läuft? Du bist ungeduldig mit anderen und mit dir selbst? Ein ungemachter Abwasch oder Trödelei kann bei dir eine Explosion hervorrufen?

Allgemein fühlst du dich leicht provoziert, bist kontrollierend? Jeder Blick, jede Geste von dir ein Vorwurf gegen dich und die Welt? Du hast das Gefühl, dass dir Raum abhanden gekommen ist, den du nun lautstark zurück erobern möchtest? Vielleicht gierst du nach Salz und Fett und beobachtest Durchfall, Nachtschweiß oder Hautprobleme vor deiner Menstruation?

Diese Kriterien können auf ein erhöhtes Feuer oder Pitta-Dosha hinweisen.

Hier verstärken Alkohol, Kaffee und ein Übermaß an Salz und Zucker die Symptome. Ideal ist in diesem Fall in der zweiten Zyklushälfte darauf zu verzichten. Frische, grüne Kräuter und grünes Gemüse, gewürzarm zubereitet, können dein Pitta ausgleichen.

Kapha: Die Weltuntergangsmeisterin

Alles ist grau und du kommst nur schwer aus dem Bett? Du fühlst dich zum Weinen und überhaupt ist Schokolade – viel Schokolade – das einzige zu dir dringende Licht – während Brüste und Beine durch Wassereinlagerungen anschwellen und unangenehm drücken?

Das Kapha-Dosha sorgt im Überschuss für Lethargie, Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit. Vor der Blutung nimmt Müdigkeit und Verstopfung zu und du leidest unter dumpfem Kopfschmerz? Bei dir herrscht das Gefühl von Aufgedunsenheit und Schwere und das Menstruationsblut ist meist sehr klumpig?

Du kannst deine Langsamkeit jetzt nutzen, um besonders liebevoll zu dir zu sein und dich mit leichten Suppen und grünem, gekochten Gemüse sowie Brennessel, Kurkuma, Pfeffer und Pippali zu verwöhnen.

Schulmedizinische Sicht auf starkes PMS

In unserem Körper existiert ein ganz fein abgestimmtes System verschiedener Hormone. Diese beeinflussen sich gegenseitig und/oder wechseln einander zu bestimmten Zeiten ab.

Besonders deutlich merken wir dieses, wenn unser hormonelles System aus der Balance gerät. So können wir PMS auf emotionaler und körperlicher Ebene als besonders „hinderlich“ erfahren.

Mögliche Ursachen ausschließen

Wenn du an intensiver Ausprägung der oben genannten Symptome leidest, solltest du unbedingt einen Östrogenüberschuss und eine Progesteron-Disbalance ausschließen. Idealerweise lässt du deine Hormone um den 21. Zyklustag von einer GynäkologIn überprüfen.

Jod- oder Magnesiummangel und Schilddrüsenprobleme können ebenso verantwortlich sein, wie ein Mangel an Testosteron. Dieses ist auch für die Durchblutung unserer Geschlechtsorgane verantwortlich. Auch Endometriose oder PCOS (Polycystic Ovary Syndrome) können für Schmerzen bei der Ovulation und für intensives PMS sorgen. Ebenso Lebensmittelunverträglichkeiten bezüglich Laktose und Gluten.

Weitere wichtige Faktoren sind Probleme mit der eigenen Weiblichkeit; auch lang anhaltender Stress kann PMS verstärken. Vielleicht hilft es dir, den eigenen Lebensstil und die Ernährungsweisen zu hinterfragen.

„If women themselves treat femaleness as a disease, we are lost indeed.“

– Germaine Greer

Diese Lebensmittel solltest du bei starkem PMS meiden

Kaffee, Alkohol und Soja, das sind die klassischen Unruhestifter im hormonellen System. Alle drei erhöhen Säure und Stress im Körper und können so PMS-Symptome intensivieren.

Mögliche Linderungsmittel

Als Klassiker in der Frauenheilkunde und für weibliche Hormonbalance allgemein, finden wir Yamswurzel, Frauenmantel und Schafgarbe. Auch Teeaufgüsse mit Melisse, Lavendel, Tulsi oder Kamille können hier lindernd wirken.

Buchtipps:

In der Dunkelheit zaubern lernen

PMS gilt als die Zeit „ohne Kontrolle“. Und zugegeben, mit den heftigen Emotionen von PMS galant umzugehen, braucht etwas Übung. 

„Can you weather the storm of the dark goddess and her pre-menstrual wrath? She will tear you down. She will wreck your ship. Just let go, she begs of you. Will you?“

– Zsuzsi Hussla

Auch, wenn sich PMS intensiv zeigt, erzählt es eine Menge über uns. Über das, was uns fehlt, wo wir mehr auf uns Acht geben sollten und was wir ganz tief in uns wirklich brauchen. Die Dunkelheit zu halten, kann schmerzhaft sein. Doch liegt in ihr enorme kreative Schaffenskraft. Vielleicht hilft es dir zu tanzen, zu zeichnen, Yoga etwas zu intensivieren, um deine Gefühle zu kanalisieren.

Was erzählen deine Träume? Träume in der PMS Zeit haben besonders heilsame Wirkung.

Wir können PMS als Zeit der Lösungen nutzen. PMS ist die Zeit des seelischen Ausmistens. Wir verarbeiten unseren Zyklus hier emotional, bevor wir mit der Blutung in die Erde sinken und neue Kraft schöpfen.

Die dunkle Göttin in dir

Wenn wir die Zeit vor der Menstruation mit archetypischen Bildern gleichsetzen, dann kommen wir zum Bild der dunklen Zauberin. Sie ist sehr mächtig, hat einen starken Willen und arbeitet ohne Umschweife an ihren Zielen. Das kann mit einer Welle emotionalen Chaoses daher kommen.

Von Außen mag sie düster erscheinen, doch im Grunde ist sie eine Frau, die genau weiß, was sie will, beziehungsweise nicht will. Warum macht das uns und anderen immer noch so große Angst?

Happy wild woman days,

Deine Julia

Disclaimer: Dieser Artikel ersetzt keine persönliche Beratung durch Menschen mit Heilberufen. Wenn du Schmerzen, Probleme oder Fragen zu deinen Symptomen hast, sprich auf jeden Fall mit deinem Arzt / deiner Ärztin.

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Titelbild © Caroline Wood

3 Kommentare / Schreibe einen Kommentar

  1. Schöner Text über die dunkle und kraftvolle Seite des Zyklus. Ich beobachte meinen Zyklus schon viele Jahre sehr bewusst und versuche das beste daraus zu machen und das gute in der Tiefe zu entdecken. Hingabe und Selbstliebe sind das wichtigste dabei. Es tut gut zu Wissen das man nicht alleine ist mit diesen Gefühlen.

  2. Danke für diesen tollen Artikel!
    Ich kann die Bücher „Frauenkörper, Frauenweisheit“ von Christiane Northrup und „WomanCode“ von Alisa Vitti empfehlen.

  3. „In der Dunkelheit zaubern lernen“ – das wird mein Mantra für die nächste PMS-Phase. Danke für diesen tollen Artikel, ich bin ein absolutes PMS-Monster und werde mal anfangen, der dunklen Göttin mit den Tipps zu begegnen :)

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