Dieses Jahr sollte Weihnachten ausfallen.
Wie jedes Jahr hatten mein Freund Andy und ich den leisen Plan gehegt, die winterliche Flucht aus Berlin schon vor dem heiligen Abend anzutreten. Weihnachten ohne Santa, ohne Christkind und ohne Konsumterror – so unsere schöne Idee. Doch das Jahr zog so schnell und gewaltig an uns vorbei, dass plötzlich Ende November war und wir immer noch nicht so richtig wussten, wann, wohin mit uns.
Jetzt werden wir Weihnachten hier in Berlin verbringen. Ganz unaufgeregt.
Und siehe da: Ich bin trotz Anti-Weihnachts-Haltung in Weihnachtsstimmung geraten und freue mich richtig, Heiligabend in Berlin mit Andy zu verbringen. Wir werden uns einen Weihnachtsbaum zulegen, ihn schmücken, uns aufbrezeln und festlich speisen. Außerdem werde zwei X-MAS-Yoga-Klassen unterrichten, für die ich schon jetzt fancy Weihnachtslieder sammle.
Da ich selbst ganz erstaunt war über meine plötzlich Gemütswandlung habe ich beschlossen, meine Erkenntnisse mit dir zu teilen. Vielleicht helfen sie dir ja auch weiter im Wahnsinn der Vorweihnachtszeit.
Dein Self-Help-Guide für wirklich frohe Weihnachten
Erste Regel: Niemand schreibt dir vor, wie du feiern musst.
Ich verstehe es sehr gut, dass man seine alleinstehende Mutter an Weihnachten nicht alleine lässt. Oder wegen des Opas, der nicht mehr reisen kann, wieder einmal statt auf einer romantischen Berghütte zu feiern, die Familienweihnacht in dessen Wohnzimmer verbringt. Seine eigenen Wünsche zurückzustellen und etwas für andere zu tun ist ja auch eine feine Sache. Leider ist es nicht ganz so einfach.
Wenn du zu deiner Mutter fährst und dich die ganze Zeit im „Ich-hab-aber-keinen-Bock-Gefühl“ suhlst, hat keiner was davon. Das bringt meistens nur schlechte Stimmung. Gut zu wissen: Du hättest auch Nein sagen können.
Doch könntest du es wirklich aushalten, der Buh-Mann zu sein? Würdest du vor schlechten Gewissen sterben? Und machst du es somit nicht eigentlich auch für dich?
Meine Familie feiert gesammelt in Italien. Das hat sich relativ kurzfristig ergeben und ich hatte mich bereits zu weihnachtlichen Verpflichtungen in der Schwiegerfamilie bereit erklärt. Fast hätte ich kurz vor knapp umdisponiert, Andys Familie wieder ausgeladen und uns ein Ticket nach Neapel gebucht. Doch irgendwo fand ich, dass dieses Jahr Berlin dran ist, Andy und ich eine neue Tradition schaffen und die Schwiegeroma einen veganen Weihnachtsbraten probieren sollte.
Das heißt: Egal, was du entscheidest, entscheide dich bewusst dafür und lass dich dann darauf ein. Triff Vorkehrungen, die dir die Situation angenehm machen. Vielleicht fährst du zu deiner Mutter, buchst dir aber ein eigenes Hotelzimmer oder verabredest dich nach der Sause mit Freunden auf Drinks. Oder du übernimmst das Kochen und sorgst für Alternativen, die du gerne magst.
Quality time statt Besuchsmarathon
Schwierig wird es vor allem, wenn du und dein/e Liebste/r beide geschiedene Eltern habt. Statt ein oder zwei Familien gibt es dann plötzlich vier (oder noch mehr), die besucht werden wollen. Zusätzlich habt ihr eigene Weihnachtstraditionen, wie Brunch mit Freunden, Weihnachtsfeiern oder das Plätzchen backen mit den Nachbarn. Puh!
Nachdem mein Freund und ich ein paar Jahre lange Weihnachtstänze absolviert haben, die sogar Flüge zwischen München, Berlin und Italien beinhalteten, habe ich eine Strategie entwickelt.
Weniger Familie, mehr Ruhe und schöne Dinge: Sauna, Yoga, wenig Arbeit, Spazierengehen und ausschließlich spontane Verabredungen. Ich möchte diese magische Atmosphäre zwischen den Jahren genießen und mich voll und ganz dem Gefühl, die Zeit stünde still, hingeben.
Das heißt: Überlege, was du eigentlich brauchst und kommuniziere diese Bedürfnisse. Man muss nicht die ganze Großfamilie an Weihnachten besuchen, um zu zeigen, wie sehr man sie liebt. Triff deine Liebsten doch vor oder nach den Feiertagen und nehmt euch wirklich Zeit füreinander. Da haben alle mehr davon.
Übe dich in Dankbarkeit
Wenn du dir immer noch denkst: F**k Weihnachten und davon überzeugt bist, dass du die schlimmste Familie der Welt hast, ist die Frage: Was wäre wenn du sie nicht hättest?
Solange man immer die Option hat seine Familie (oder Ersatz-Familie) zu besuchen, ist es vielleicht eine reizvolle Möglichkeit, Heiligabend alleine vor dem Fernseher zu verbringen. Doch was, wenn man sich das nicht selbst aussucht? Weihnachten ist auch eine grausame Angelegenheit, die einem gegebenenfalls bitter die eigene Einsamkeit vor Augen führt.
Also: Egal wie oll du deine Sippe findest: Gibt es irgendetwas, für das du dankbar sein kannst? Egal, wie schwierig es manchmal sein mag, es gibt immer diesen kleinen Freiraum, eine kleine Lücke, in der sich ein wenig Weihnachtszauber versteckt. Vielleicht fällt dir dann auf, dass es wider Erwarten doch ganz schön mit der buckeligen Verwandschaft ist.
Das mit dem Wegfahren hat übrigens doch noch geklappt. Nach Weihnachten geht es für ein paar Tage nach New York. Genau das richtige Gegenprogramm für die Häuslichkeit der Feiertage.
Frohe Weihnachten, ihr Lieben. Lasst es euch gut gehen!
Titelbild: Luca Rosato via flickr
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2 Kommentare / Schreibe einen Kommentar
Oh, damit habe ich mich auch viel beschäftigt und einen Artikel geschrieben : Herzenhören zu Weihnachten. Ich finde da können wir uns nicht genug unterstützen!
Wundervoll.
Liebe Rebecca,
na da sprichst du mir ja aus der Seele!
Ich habe den Eindruck, du hast einen guten, stimmigen Weg gefunden, das Weihnachtsfest dieses Jahr zu gestalten – in deinem Sinne & auch im Sinne deiner Lieben, gar nicht so leicht…
Auch ich finde, wir dürfen uns mehr und mehr frei davon machen, die (Weihnachts-) Schablonen der Erwartungen anderer zu bedienen. Einen Besuchmarathon finde ich auch alles andere als erstrebenswert, letztendlich für niemanden. Dann tatsächlich mal lieber ein Treffen außerhalb dieser Feiertage ausmachen!
Ich glaube: Wenn wir uns bewusst (!) für einen Weg entscheiden – selbst wenn es der sein sollte, uns ein Stück weit „aufzuopfern“ um z. B. unserer Herkunftsfamilie eine Freude zu machen – ist das wunderbar.
Hab du’s gut, schöne Festtage wünsche ich dir,
Carolin