Anzeige. Seit Anfang der 90er-Jahre unterrichtet Dr. Patrick Broome Yoga. Im Jahr 2000 ging der promovierte Psychologe nach New York, um von Sharon Gannon und David Life, den Begründer*innen der Jivamukti Yoga Methode, zu lernen. Zurück in Deutschland und mit einer ganz neuen Art Yoga zu unterrichten im Gepäck, prägte er die hiesige Yoga-Szene maßgeblich mit: Patrick ist der Yogalehrer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, bildet seit vielen Jahren Yogalehrer*innen aus, besitzt zwei Studios in München und ist gern gesehener Gast auf den Yoga-Konferenzen der Republik.
Als ich ihn zu Beginn des Interviews frage, wer er ist, lacht er und sagt: “Ein alter Sack, der zwei Kinder hat und schon ziemlich lange Yoga unterrichtet.” Ich habe mit ihm über seine Anfänge als Yogalehrer gesprochen, darüber, wie er die Yoga-Szene heute sieht, wie er sich als Lehrer verändert hat und was die Menschen in diesen Zeiten wirklich brauchen.
Wenn du mit Patrick Broome Yoga üben möchtest, kannst du das jetzt sofort auf yogaeasy.de, Deutschlands größter Plattform für Online-Yoga tun. Patrick ist mit zahlreichen Videos und einem tollen Programm dort vertreten. Egal, wie viel Yoga-Erfahrung du mitbringst – Patrick Broome versteht es wie kein anderer, Yoga in all seinen Aspekten zu vermitteln.
Du unterrichtest seit circa 30 Jahren Yoga. Wie hat sich die Yoga-Szene in dieser Zeit verändert?
Damals war alles Pionier-Arbeit: Wir wollten die Leute für Yoga interessieren und Yoga in die Medien bringen. Wir wollten, dass Yoga populär wird, dass die Menschen wissen, was Yoga ist und zeigen, dass Yoga auch cool sein kann. Das war der vibe damals. Heute ist Yoga nur noch cool. Alles andere ist irgendwo verloren gegangen. Ach, ich weiß auch nicht.
Was ist Yoga überhaupt?
Ein ganz intelligentes, altes System aus Indien, das dir helfen kann, tiefen, inneren Frieden zu finden und besser mit dir und dem Leben klarzukommen.
So wie wir es damals unterrichtet haben, war Yoga aber vor allem eine körperliche Praxis, die mit lauter Musik untermalt war. Dazu gehörten tiefer Atem und gemeinsames Schwitzen in einem vollen Raum – diese Praxis hat eine intensive Energie aufgebaut, die uns alle begeistert und getragen hat. Jivamukti Yoga, Power Yoga, Vinyasa Yoga, Ashtanga Yoga – diese stark physischen Praktiken, die intensive Körperarbeit, das war neu. Davor war Yoga eher Leg dich auf den Rücken und spüre nach, dass du dreimal deine Schulter gekreist hast. Wir waren alle elektrisiert. Das Leben fühlte sich an, als gäbe es keine limits. Eine unglaublich spannende Zeit.
Wie nimmst du die Yoga-Szene heute wahr?
Ich habe das Gefühl, dass echt die Luft raus ist. Vielleicht bei mir persönlich, weil ich echt schon lange dabei bin. Gleichzeitig finde ich die Yoga-Szene aktuell nicht besonders inspirierend. Daher spiele ich mit dem Gedanken, etwas anderes zu machen, aber ich weiß nicht, was ich anderes machen soll. Solange die Leute in meine Klassen und Studios kommen, ich ab und an zu einer Konferenz eingeladen werde, bleib ich dabei. Sollte das nachlassen, bin ich einer der Ersten, der sich rauszieht. Das ist meine momentane Stimmung.
Ist Yoga over?
Mein Gefühl ist: Wir rollen noch, aber der Reifen ist schon ganz schön platt. Dieses Yoga-Lifestyle-Ding, das vor zehn bis 20 Jahren noch total spannend war, schreckt mich heute ab. Ganz besonders, wenn ich es auf Instagram verfolge. Dieses Gefühl relativiert sich immer, wenn ich eine Klasse unterrichtet habe und ich sehe, wie gut die Praxis den Leuten tut. Die Yoga-Praxis ist nicht over, im Gegenteil, ich glaube, sie wird mehr gebraucht, denn je. Aber der Hype ist vorbei.
Meinst du nicht, das liegt am Älterwerden?
Vielleicht. Wenn ich jüngere Lehrer*innen in meinem Studio beobachte, dann sehe ich wieder diese high vibe Energie: Alle hüpfen rum, tanzen… Für mich passt das nicht mehr. Meine Praxis ist viel ruhiger, viel mehr nach innen gerichtet. Das Kathartische, das nach außen getragen wird, spricht mich nicht mehr so an, mich interessiert die Stille. Das würde ich gerne mehr unterrichten, aber die meisten Menschen bevorzugen eine aktive Praxis.
Wie hast du dich über die Jahre als Lehrer verändert?
Ich bin sehr viel entspannter in meinem Unterricht. Ich brauche es nicht mehr so sehr, von allen geliebt zu werden. Früher war es mir sehr wichtig, dass alle toll finden, was ich mache.
Ganz konkret versuche ich den Performance-Druck aus Asana-Klassen rauszunehmen, indem ich Dinge sage wie “wenn du magst, mach jetzt xyz, wenn nicht, dann bleib hier…”. Technisch habe ich über die Jahre sehr viel dazugelernt und ich glaube auch, dass ich mittlerweile die Leute tiefer führen kann als auf die rein körperliche Ebene der Asana.
Überspitzt gesagt: Mit 20 Party-Yoga und dann ab 40 in die Entspannung. Gibt es so eine Art yogische Entwicklungskurve?
Ich glaube, das ist eine individuelle Kurve. Am Anfang brauchst du diese Körperlichkeit, die Hitze, das Schwitzen. Auch, um eine Menge Mist zu verbrennen, den du im Laufe deines Lebens gesammelt hast. Mit der Zeit wird die Praxis tiefer. Erst geht es um energetische Arbeit, dann kommt man mit Emotionen in Berührung, dem sogenannten Schmerzkörper. Diese Phase dauert eine Weile und dann kommt die Ebene, wo es in der Praxis ruhiger wird.
Menschen, die mit 40 mit Yoga anfangen, sind auch eher im Aktions-Modus. Auf der anderen Seite gibt es Mitte 20-jährige, die schon als Kind mit Yoga Kontakt hatten und nach einer sehr ruhigen Yogastunde sagen: “Danke, danke, genau so eine Stunde habe ich gerade gebraucht.” Weil sie eben schon sehr lange Yoga praktizieren.
Was glaubst du, brauchen die Leute zur Zeit am meisten?
Ruhe. Gesellschaftlich ist die Stimmung immer noch auf Optimieren ausgelegt: Fitness-Programm, ausgeklügelte Ernährung, Arbeit, Familie, Verabredungen, aber kaum jemand gibt sich Zeit für Erholung, Regeneration und Stille. Diese Qualitäten scheinen nicht zu passen in unsere Zeit. Eigentlich ist das absurd, denn wenn man sich die klassische Trainingslehre anschaut, ist Erholung ein so wichtiger Faktor, auch für den Trainingserfolg.
Okay, aber wie kommen wir in die Ruhe?
Du musst den Mut haben, nach innen zu schauen, statt ständig Ablenkung im Außen zu suchen. Denk nur mal drüber nach, wie viele Informationen durch Instagram und Co. in nur zehn Minuten auf uns einprasseln. Das sind viel mehr Informationen als das Gehirn verarbeiten kann. Auch ich bleibe regelmäßig im Reel-Tunnel hängen und amüsiere mich über die Videos. Aber wäre es nicht viel besser, einfach mal die Augen zu schließen und auf den Atem zu hören?
Ersetze Doomscrolling mit einer Mini-Praxis. Auf jeden Fall eine gute Idee. Wie sieht deine persönliche Praxis aus?
Da ich kaum Regelmäßigkeiten in meinen Tagesabläufen habe, habe ich auch keine feste Praxis-Routine. Ich würde immer meine Kinder meiner Praxis vorziehen, wenn die mich in irgendeiner Form brauchen. Auch ich war nie diszipliniert genug, um aufzustehen, wenn alle noch schlafen, um meine Praxis zu machen. Also baue ich sie da ein, wo es für mich an diesem Tag passt.
Meine Praxis ist mal eher körperlich, mal will ich nur atmen und still sitzen. Wenn ich Asana übe, bin ich allerdings sehr festgefahren und bevorzuge eine feste Sequenz. Jahrelang war diese die Yoga for busy people Klasse, später der Spiritual Warrior aus dem Jivamukti Yoga. Heute übe ich eine kurze 30 Minuten Praxis, die Mark Whitwell als Heart of Yoga zusammengestellt hat. Um das Herz-Kreislauf-System zu stärken, gehe ich zweimal die Woche ins Fitnessstudio oder setze mich auf das Indoor-Bike, das bei uns im Keller steht.
Übe wie Patrick Broome! Die Spiritual Warrior Sequenz findest du von Patrick selbst unterrichtet auf yogaeasy.de.
Online-Yoga hat gerade während der Pandemie vielen Menschen geholfen, eine Yoga-Routine zu finden. Du unterrichtest auch Online, z.B. in deinem Studio oder für YogaEasy. Was ist der Unterschied von Online zu live?
Ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich nicht der größte Fan von Online-Yoga bin. Aus meiner Sicht fehlt die energetische Übertragung durch die lehrende Person im Raum – ich kenne nur wenige Lehrende, denen es gelingt, das Online zu erzeugen.
Gleichzeitig haben die vielen guten Online-Angebote Yoga zugänglicher gemacht. Menschen, die sich vielleicht nicht gleich in ein Studio trauen, konnten Yoga erstmal im eigenen Wohnzimmer ausprobieren.
Ähnlich ist der Gedanke hinter meinem YogaEasy-Programm Zurück zur Routine: Ich will Menschen, die ihre Praxis verloren haben, wieder zu einer eigenen Routine zurückführen. Wir schauen uns verschiedene Aspekte der Asana-Praxis an, stehende Haltungen, Rückbeugen, Umkehrhaltungen, und so weiter. Ich glaube auch, dass zwei Klassen dabei sind, die wirklich in die Tiefe führen. Aus diesen Elementen können sich die Übenden dann ihre eigene Praxis bauen. Viele haben ja kein Yogastudio in der Nähe oder brauchen eine Form der Praxis, die sie unkompliziert in den Alltag integrieren können.
>>Lesetipp: YogaEasy Erfahrungsbericht – was kann die deutsche Online-Yoga-Plattform?
Was kannst du Yoga-Begeisterten mit auf den Weg geben?
Dranbleiben! Auch, weil das gerade mein Thema ist. Hype hin oder her, die Yogapraxis hat das Potential, Stabilität ins Denken und Fühlen zu bringen – und das brauchen wir gerade alle.
Patrick, danke für das schöne Gespräch!
Titelbild © Christian Krinninger (Studio), Hendrik Stüwe (Insel)
*Das Interview ist im Rahmen einer Kooperation mit YogaEasy entstanden. Hinsichtlich der Interviewgestaltung, Fragen und Antworten waren wir komplett frei.
3 Kommentare / Schreibe einen Kommentar
Leider finde ich mich als fast 50jährige mit Bauch immer wieder in Yoga-Klassen, die keinen Unterschied machen, wer daran teilnimmt. Ich verliere dann schnell die Motivation, weil die Lehrer sich natürlich nach biegsamen 20jährigen richten. Ich habe das in meinem jetzigen Yoga-Studio schon angemerkt – aber es kam nur zurück, dass man beim Yoga ja keinen ausgrenzen möchte. Ich wünsche mir aber eine Ü40 Klasse, die alles etwas langsamer angeht, bei der es mehr um Entspannung vom stressigen Alltag und nicht um die optimale Gelenkigkeit geht. Das ist für junge Yogis etwas zu langweilig – aber in meinem Alter wäre es genau richtig. Vielleicht sollten sich die Yoga-Studios mehr auf Differenzierung einlassen – auch wenn der Grundsatz gilt, dass keiner ausgegrenzt werden soll. Die körperlichen und seelischen Ansprüche ändern sich einfach mit dem Alter.
Ich finde es wichtig den eigenen Weg zu gehen.
Yoga zu praktizieren für uns selbst ist etwas anderes als zu unterrichten.
Das Yoga so verkauft wird macht es zum etwas holen Livestyle.
Ich finde es sollten neue Wege der Dankbarkeit und des gemeinsamen Übens, vielleicht für die Erde und des Klimas generiert werden.
Wenn das ganze Geld welches im Yoga inzwischen verdient wird, zum Bäume pflanzen genutz würde. oder wenigstens nur für 10 Prozent
dann würde jede Yogaklasse einen auch selbstlosen dienenden Sinn bekommen.
Ich glaube Yoga darf nicht nur zum Geld verdienen genutzt werden.
Und ich habe mich immer gewundert warum Yogis ständig zu den schönen Orten der Welt fliegen müssen um dort ein gemeinsames Yogaerlebnis zu haben, das passt für mich irgentwie nicht zum Nachhaltigkeitsgedanke.
Wir haben hier auf der Erde ein großes Problem zu lösen und die Yoga Leute interessieren sie zu sehr für ihr Lifestyle finde ich oder eher gesagt es wird so in allen Medien verbreitet.
Zu hören das Patrick davon generft ist, freut mich
erhätte das Zeug als Vorreiter dem Yoga einen neuen Sin zu geben.
Jede Yoga Klasse für eine gesunde Erde.
20 Prozent für die Erde 80 Prozent für die Lehrer*innen.
Da könnten tolle Projekte unterstützt werden.
Wir sollten anfangen, unsere erlernte Yogakraft für gute Projekte einzusetzen!
Oder wofür machen wir sonst die ganzen Verbiegungen ???
Ich fühle mich etwas leer nachdem ich diesen Artikel gelesen habe. Patrick war immer sehr inspirierend für mich (habe auf Konferenzen und Festivals mit ihm praktiziert) und finde es sehr schade dass er dem Yoga scheinbar etwas müde geworden ist. Wahrscheinlich berührt mich das jetzt so weil es mir selbst ähnlich geht.
Wenn wir aber als Yogalehrer eins eigentlich wissen sollten: Mit am wichtigsten ist es authentisch zu sein. Wie lange wurde darüber diskutiert dass Yoga manchmal so furchtbar künstlich ist? Du willst mehr Stille unterrichten obwohl die Menschen vermeintlich eher eine aktive Praxis wollen? Bitte tu es! Vor allem wenn es dir eh nicht wichtig ist dass alle dich lieben. Die passenden Schüler werden da sein.