Dirk Bennewitz: Ein Gespräch über Kampfkunst, Yoga und das Fliegen lernen

Dirk Bennewitz zählt definitiv zu den spannenden Menschen der deutschen Yogaszene. Er leitet nicht nur gemeinsam mit seiner Partnerin Andrea Kubasch die Yogaschule Poweryoga Germany, nein, er ist außerdem ein echter Bodyguard, Aikido Meister mit 35 Jahren Erfahrung, Buch-Autor und ehemaliger Fallschirmspringer bei der Bundeswehr. Das Fliegen hat er im Übrigen bis heute nicht verlernt. Bei unserem letzten Abstecher nach Hamburg haben Franziska und ich Dirk’s Flyschool besucht und uns zeigen lassen, wie man am besten die Beine in den Himmel streckt und nebenbei auf den Händen, dem Kopf oder den Unterarmen balanciert.

Nach zwei wirklich lustigen Stunden upside down wollten wir noch ein wenig mehr wissen und haben uns Dirk für ein kleines Interview geschnappt. Dirk Bennewitz über das Fliegen, Eliteeinheiten der Bundeswehr und seine Arbeit als yogischer Bodyguard.

1. Hallo Dirk, Stichwort Fliegen. Schon bei der Bundeswehr und jetzt auch beim Yoga ganz dein Thema. Was reizt dich so daran?

Ich glaube ich bin ein Erd-Typ. Alles was mit „Erdung“ und Gleichgewicht zu tun hat, fällt mir leicht. Den Erdboden dann mal zu verlassen, ist für mich eine wirklich tolle Erfahrung. Dazu kommt natürlich, das wir bei jeder Art von „Fliegen“ mit Ängsten konfrontiert werden und das ermöglicht uns, mal aus unserem ultra-bequemen Vollkasko Leben auszubrechen und dort hinzugehen, wo eine wirkliche Transformation möglich ist.

2. Dein Lebenslauf ist auf den ersten Blick ungewöhnlich. Wie und warum bist du beim Yoga gelandet?

Ich bin durch meine Frau zum Yoga gekommen. Seit 35 Jahren trainiere ich Kampfsport, und das ganze hat viel mit Yoga gemein, deswegen bin ich mitgekommen. Nachdem ich dann beim Bikram Yoga meine anfänglichen Vorurteile überwunden habe, bin ich meinen Weg immer weiter gegangen.

Komische Reaktionen habe ich am Anfang, also mittlerweile vor über 15 Jahren von Männern schon bekommen. War mir aber egal. Ich hab ich nie versucht jemanden zu bekehren, es ist nun mal nicht alles für jeden. Im Moment finden Männer das eher cool, das spiegelt sich auch in meinen Klassen wieder, wir haben mittlerweile einen Männeranteil von 40%.

3. Du und Andrea bildet auch Yogalehrer aus, unter anderem in Yin Yoga. Wie passen Kampfkunst, Bundeswehr und Yin Yoga zusammen?

Eliteeinheiten sind, neben dem Fokus auf den operativen Fähigkeiten, immer auch Charakterschulen. Eigenschaften wie Zielstrebigkeit, Mut und Teamgeist sind dort, gepaart mit einem strengen Ehrenkodex, ganz selbstverständlich. In den Kampfkünsten sind diese Verhaltensregeln ebenfalls vorhanden. Und im Yoga, mit dem Ziel der Selbstentfaltung und der lebenslangen Praxis, existiert diese Disziplin ganz genauso. Yin-Yoga hat nichts mit Wellness zu tun, auch wenn es heutzutage manchmal so verkauft wird. Es ist ein Weg der Selbsterfahrung und des körperlichen und mentalen Trainings, der einem ein glücklicheres und gesünderes Leben verschafft. Das Stichwort dabei ist Balance. Der Weg ging über den Kampfsport zur Armee und dann zum Yoga.

4. Und deine Arbeit als Bodyguard? Wen deiner Schützlinge konntest du schon zum Om überreden?

Ich mache mit einigen meiner Kunden Yoga. Nennen kann ich aber nur Roger Cicero, wir arbeiten seit 2007 zusammen und seitdem ist auch gemeinsame Yoga Praxis angesagt. Ich musste ihn aber gar nicht überreden, er war vorher schon Yogi. Mit einer sehr erfolgreichen Sängerin übe ich immer am Nachmittag, nach dem Soundcheck und bevor die Türen aufgehen, auf der Bühne Yoga. Ich leite an und alle, die mögen, können mitmachen. Dabei läuft Musik über das Soundsystem der Halle. Das ist schon sehr witzig, wenn man in der noch leeren O2-World steht und auf der Bühne eine Stunde anleitet.

5. Was haben Aikido und Yoga gemeinsam und wo liegen die Unterschiede?

Beides zielt auf die Harmonisierung von Energien ab. Ki im Ai-Ki-Do ist das gleiche wie Prana im Yoga.

Im Yoga habe ich mit mir selber zu tun und arbeite mich durch die Schichten meiner Persönlichkeit zum Kern. Man hat dabei eigentlich immer mit sich selber zu tun. Im Aikido (und in anderen Martial Arts) lernt man, mit einem Partner zu arbeiten. Dinge wie Rücksicht und Vorsicht lernt man da automatisch und ganz natürlich.

Yoga und Kampfkunst teilen auch sonst viele Gemeinsamkeiten. Zu den Kampfkünsten gehören alle Disziplinen, die über den rein technischen Aspekt hinaus auch der Vervollkommnung des Charakters und der Erschaffung einer friedlicheren Welt dienen. Dazu gehören u.a. das aus China stammende Kung-Fu und japanisches Aikido. Der Sammelbegriff für diese Disziplinen ist Bushido. Die Silbe „Do“ bezeichnet dabei den „Weg“ als lebenslange Praxis oder den „inneren Weg“, „Bushi“ steht für Krieger. Zusammengesetzt bedeutet es also „Weg des Kriegers“. Die drei Silben des Aikido bedeuten Ai=Harmonie/Balance, Ki=universelle Lebensenergie, Do=der Weg. Diese Kampfkunst wurde im letzten Jahrhundert entwickelt, ihr Begründer Morihei Ueshiba starb im Jahre 1969. Auch Aikido versucht mit seinen Techniken zuerst Einheit von Körper und Geist zu schaffen, um später dann die Harmonie mit dem ganzen Universum zu erzeugen. Das klingt nicht nur nach Yoga, es ist die gleiche Zielsetzung. Es ist nur eine scheinbare Gegensätzlichkeit, mit kriegerischen Fähigkeiten eine harmonischere Welt zu schaffen. Wie in der Yogapraxis auch steht das eigentliche Tun im Vordergrund und nicht das, meistens nebensächliche, Ergebnis.

6. Was bedeutet Spiritualität für dich? Wie integrierst du sie in deinen Alltag?

Spiritualität muss wie selbstverständlich im Alltag passieren. Wenn einem das nicht gelingt, sind viele Mühen umsonst. Beim Yoga Retreat in der Toskana ist es leicht, spirituell zu sein. Aber in der Woche danach, am Mittwoch um 6.30h morgens auf dem Weg zur Arbeit noch locker und entspannt zu bleiben, das ist die eigentliche Herausforderung. Spiritualität findet ja gerade nicht ausserhalb unseres normalen Alltages statt. Ich integriere sie in meinen Tagesablauf durch regelmäßige Übungen. Ich meditiere jeden morgen und mache anschliessend Asana Praxis. Die Themen meiner Meditation variieren ungefähr alle 40 Tage. Vergebungs- und Dankbarkeitsmeditationen sind die häufigsten Inhalte.

7. Dein Unterrichtsstil ist sehr bodenständig, ein knackiger Spruch zwischendurch darf immer sein. Was willst du deinen Schülern mit auf den Weg geben?

In meinen Stunden, egal in welchen, versuche ich den Schülern praktisches Wissen über das jeweilige Thema zu vermitteln. Darüber hinaus ist es immer mein Ziel, sie zum Nachdenken und zur Transformation anzuregen, denn das ist ja erst der eigentliche Mehrwert beim Yoga und in der Kampfkunst. Irgendwelche Positionen und Techniken kann man mit genügend Training ja lernen, aber das löst nun mal keine Alltagsprobleme. Was wichtig ist, sind die Gedanken. Die meisten von uns sind auf Sportlichkeit getrimmt, wollen Ergebnisse erreichen, unter Opferung ihres Körpers. Im Yoga kommt es aber darauf an, das Ego zugunsten der Gesundheit und der Transformation aufzulösen. Diese Dinge vermittle ich meinen Schülern ohne esoterisches Bimmelbammel drumherum, sondern in Kombination mit meinen spirituellen Erfahrungen aus der japanischen Kampfkunst.

8. Du hast ein Yogabuch nur für Männer geschrieben. Warum? 

Ein Yogabuch für die Männer war aus meiner Sicht überfällig. Ich konnte dafür aus meinen eigenen Erfahrungen schöpfen. Außerdem gibt es Unterschiede in der Yogapraxis von Männern und Frauen. Frauen haben tendenziell eher Angst vor den herausfordernden Haltungen und müssen dafür etwas motiviert werden. Männer muss ich in ihrem „Wo-steht-das-Klavier“-Enthusiasmus meistens etwas zurückhalten, bei Ihnen ist da dann weniger mehr. Trotzdem kann man diese Aspekte nicht zu 100% verallgemeinern, aber das ist die Tendenz.

9. Wie sieht dein perfekter Sonntag aus?

Das kann ganz unterschiedlich sein. Mal entspanne ich, mal mag ich Action. Im Moment ist es meine neue Leidenschaft, das Gleitschirmfliegen. Am Startplatz zu stehen, ein paar Meter zu laufen und dann ganz von alleine zu fliegen.

10. Zum Schluss die klassische Fuck Lucky Go Happy Frage: Wie findest du die Balance zwischen Shanti und High Life?

Ich verlasse mich auf mein inneres Gefühl. Mittlerweile weiß ich schon ganz gut, wann ich einen Yang-Exzess mache (lange arbeiten, dann lange feiern,wenig schlafen und wieder von vorne…) und wie ich anschliessend die Yin Seite auslebe. Ich glaube aber, das Yoga im prallen Leben stattfindet. Deswegen gehören die Ausschläge in die eine und die andere Richtung auch ganz natürlich dazu. Wenn man auf sich selber hört, kommt das Gleichgewicht ganz von alleine.

Vielen Dank für das Gespräch und bis bald!

Wer jetzt neugierig geworden ist, kann Dirk in einem der beiden Hamburger Studios von Poweryoga Germany kennenlernen. Gute Nachrichten auch für die Nicht-Hamburger: Dirk und Qbi sind gut unterwegs, hier findest du ihren Tour-Plan.

dirk bennewitz

Das Interview führte Rebecca.

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  1. Hallo Rebecca,

    Tolles Interview das du geführt hast. ich denke auch das andere Sportartn sehr gut zu Yoga passen, ich z.B. betreibe noch Mixed Martial Arts.

    Gruss,
    FrankG

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