Warum eigentlich Ayurveda?

Hast du dich jemals gefragt: „Was ist denn nun wirklich gesund?“

Nährstoffreferenzwerte, Warnungen vor bestimmten Inhaltsstoffen, neue Erkenntnisse in der Ernährungsforschung – und der Hype um das neueste Superfood sind gerade ganz groß, während sich schon negative Stimmen und Kritiker mit einem „aber“ zu Wort melden. Foodblogs und der nächste Ernährungs-Bestseller propagieren die neueste Ernährungsrevolution. Welche Zubereitung – gekocht oder doch roh? Ist vegan nun besser oder glutenfrei? Nährstoffe zusätzlich zuführen ja oder nein?

Du fühlst dich auch überfordert im Dschungel der Meinungen?

Als ich mein Studium der Ernährungswissenschaft begonnen habe, wollte ich mehr über den Zusammenhang von Ernährung und Gesundheit erfahren. Durch das Studium hat sich mir eine vollkommen neue Welt des wissenschaftlichen Arbeitens eröffnet und mir gezeigt, dass bereits viele Studien existieren, die die Medizin immer mehr revolutioniert haben.

So viele positive Ergebnisse bereits existierten, so oft lagen jedoch genauso viele gegensätzliche Studien vor. Während ich mich immer mehr der Biochemie und Genetik in der Entstehung von Krankheiten widmete, wurde ich im Behandlungsansatz vor allem von dem vielverheißenden Feld der Ernährungsmedizin enttäuscht.

One apple a dayViel Obst und Gemüse, Lebensmittel meiden, die Beschwerden auslösen, Vollkornprodukte bevorzugen: Frei nach dem Motto „one apple a day keeps the doctor away“ – nur verstand ich nie warum ich jedes Mal unangenehmes Bauchgluckern nach rohen Äpfeln verspürte. Äpfel sind doch gesund – und so aß ich tapfer weiter.

Die guten Vollkornspaghetti lagen mir jedes Mal wie Steine im Magen und führten zu Magenkrämpfen, das gesunde Vollkornsauerteigbrot hatte die Nachwirkung im Namen: sauer. Während ich im Master fleißig Reagenzgläser schaukelte und Zellen beobachte war es erschreckend wie unterschiedlich die Ergebnisse der Wiederholungen eines einzelnen Versuchs waren. Mit dem Mittelwert wollte ich mich nicht zufrieden geben:

Die Suche nach den Antworten auf meine Fragen

Sie führte mich nach Indien wo ich an einer ayurvedischen Universität Ayurveda lernte. In der ayurvedischen Medizin werden verschiedene Konstitutionstypen unterschieden, die sich aus drei „Doshas“ zusammensetzen: Vata, Pitta und Kapha. Und zum ersten Mal hat alles Sinn gemacht. Was ich schon ahnte als ich zum ersten Mal eine ayurvedische Typenbeschreibung las, bestätigte sich: meine Konstitution ist Vata. Vata-Typen vertragen meist keine rohen Äpfel und die Verdauung ist schnell mal mit schwer verdaulichem Hartweizen überfordert. Auch erklärte sich dadurch der ständige Drang nach Bewegung, kreativen Beschäftigungen, und Reisen – alles immer möglichst schnell – Geduld gehörte noch nie zu meinen Stärken.

Aber um zu erkennen, dass bei mir noch ein zweites Dosha dominant ist, brauchte ich etwas Hilfe. Eine meiner Lehrerinnen brachte mich auf die Fährte: „Denk auch daran, zuVata welchen Krankheiten oder Ungleichgewichten du am meisten neigst.“ Besonders gaben mir die Hautprobleme, die mich immer begleitet haben Hinweise. Ebenso passten manche Eigenschaften des Vata Typs nicht ganz auf mich: statt mit dem Kopf in den Wolken zu sein, war ich schon als Kind mit einer kräftigen Portion Willen gesegnet (was wohl zum elterlichen Leidwesen zählt). Das Lesen der schön ausformulierten Grundschulzeugnisse sorgt nicht nur für herzliches Lachen, sondern kann auch eine gute Hilfestellung in der Erforschung der eigenen Konstitution sein, denn die Charakterzüge der Doshas zeigen sich meist früh. Damit war die Diagnose gestellt – ich darf mich vorstellen: eine astreine Vata-Pitta Konstitution.

Aber was sagt mir meine Konstitution eigentlich?

Die eigene Konstitution zu kennen bietet die Chance dich selbst besser zu verstehen und vor allem heraus zu finden, was dir wirklich gut tut. Bei einigen Dingen hatte ich schon eine Ahnung, aber war unsicher vor lauter Infos und Meinungen. Und bei anderen Themen war ich total auf dem Holzweg. Während ichlotus Wettkampfsport und jede Art von Auspowern liebte, merkte ich doch erst durch Yoga was mir wirklich gut tut. Zwar möchte der Vata Typ sich immer bewegen und der Pitta Typ sich gerne messen, aber ins Gleichgewicht bringt beide Typen vor allem das zur Ruhe kommen in der Meditation. Während ich anfangs noch intensives Vinyasa bevorzugte – und weiterhin stets nach dem Gefühl der Ausgeglichenheit suchte – habe ich erst in meiner Ausbildung erfahren, wie sich die perfekte Yogastunde für mich anfühlt – wenn der Geist beruhigt ist und der Körper, statt ausgebrannt, angenehm durchblutet und erholt ist.

From asana arises steadiness of body and mind, freedom from disease and lightness of the limbs.

Hatha Yoga Pradipika 1.17

Stück für Stück, je tiefer ich in das alt-indische Wissen eintauchte, hat sich meine Wahrnehmung immerkichari mehr verfeinert. Durch den Ayurveda habe ich ein tieferes Verständnis von mir selbst bekommen, sowohl körperlich als auch mental und emotional. Ich verstehe nun, welche Dinge mich ins Gleichgewicht bringen und welche mich aus dem Gleichgewicht bringen – und das ist das größte Geschenk: Ich muss nicht mehr außerhalb meiner selbst suchen was gut für mich ist, nicht mehr hin- und hergerissen sein zwischen den Meinungen anderer Leute. Es hat mir die Selbstsicherheit gegeben mich auch nicht mehr vor anderen rechtfertigen zu müssen, was ich esse oder warum ich was nicht esse. Wenn ich weiß, dass mir ein bestimmtes Lebensmittel nicht gut tut, wieso sollte ich es dann essen, nur weil es jemand anderem gut tut oder er der Meinung ist, dass ich es essen sollte. Für mich heisst das zum Beispiel warmes Essen und viel hochwertiges Öl, auch wenn ich mit meinem Konsum vielleicht über den klassisch empfohlenen Referenzwert komme. Für einen Kapha Typ wäre das genau kontraproduktiv, da bietet der Referenzwert schon die obere Grenze.

Ayurveda teaches us to cherish our innate-nature – to love and honor who we are, not as what people think or tell us, who we should be.

― Prana Gogia

Zu wissen, dass wir alle unterschiedlich gestrickt sind, lässt auch Verständnis für unsere Mitmenschen wachsen. Wenn es mich nervt, dass jemand nicht aus dem Knick kommt, weiß ich, dass ich als Vata-Typ einfach nur schneller ticke und mich in Geduld üben muss: Kapha-Typen arbeiten langsam, aber sehr gründlich, und sie sind vor allem sehr geduldige und liebevolle Wesen. Die Pittas neigen gerne zu scharfer Kritik, aber meist haben sie auch die höchsten Ansprüche an sich selbst – kein Grund also mich auf persönlicher Ebene angegriffen zu fühlen. Auf die zerstreuten Vatas ist vielleicht nicht immer Verlass, vor allem was die Pünktlichkeit betrifft, und still sitzen können sie auch schlecht, dafür ist ihre kreative und kommunikative Seite umso liebenswerter.

Ayurveda geht tiefer als wir begreifen können

Nicht nur persönlichen hat mir der Ayurveda sehr geholfen, sondern auch meine wissenschaftlichen Fragen hat er teilweise beantwortet. Wie tief das Wissen des Ayurveda ist, wird mir immer mehr bewusst, wenn ich mir ayurvedische Themen von einem wissenschaftlichen Standpunkt anschaue: die neuesten Studien und Ergebnisse finden oft genau das heraus was im Ayurveda schon längst geschrieben steht.

GewürzeLetztens habe ich eine Studie gefunden, die zeigt, dass Chili die Testosteron-Level im Körper steigen lässt und Aggressivität fördert. Klar, dachte ich: Chili steigert ja auch Pitta, und ein Übermaß an Pitta steigert Wut und aggressives Verhalten. Und eine weitere Studie ließ mein Herz besonders hoch schlagen: Ein Forscherteam hat sich daran gemacht die Drei-Dosha-Konstitutionen mit einer Genanalyse zu überprüfen und konnte tatsächlich feststellen, dass es mit der Konstitution übereinstimmende genetische Unterschiede zwischen den Typen gibt!

Auch Nahrungsmittelintoleranzen haben ihre Ursache in einer falschen individuellen Ernährung oder einem schwachen Verdauungsfeuer, sowie der falschen Kombination von Lebensmitteln. Und siehe da: mittlerweile wächst auch die Anzahl der Studien, die bestimmte Ernährungsmuster mit bestimmten Krankheiten verknüpfen. Auch kommt die Ernährungswissenschaft langsam auf den Trichter, dass jeder Stoffwechsel ganz individuell funktioniert und sich jeder Körper anders an die Ernährung anpasst. Mit diesen Zusammenhängen zwischen Ernährung und genetischer Veranlagung beschäftigt sich die Nutrigenomik, um in Zukunft für jeden einzelnen Menschen die ideale Ernährungsweise zum Gesundbleiben zu bestimmen.

Bevor eine genbasierte Ernährungsberatung zum Einsatz kommen kann, sind allerdings noch große Fortschritte in der Nutrigenomik erforderlich – zu komplex sind die Zusammenhänge, als dass anhand der bisherigen Ergebnisse direkte Empfehlungen abgeleitet werden könnten. Zum Glück ist der Ayurveda da schon ein Stück weiter – nicht nur die Ernährungsempfehlungen sind individuell bedacht, sondern auch Medizin und Therapiekonzepte.

Wenn also das nächste Health-Food im Trend ist, lass dich nicht verunsichern, sondern deine Konstitution entscheiden was für dich gut ist!

Stay happy, stay healthy.

Deine Dania

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  1. Hallo,

    tja,ich bin 60-40 Vata-Pitta.Ausgeglichenheit ist immer mein erstes Ziel,dann ist alles gut.Im stressigen,Alltag nicht immer
    leicht umzusetzen.
    Entgegen Ayuverda,kann ich auch sehr gut Quinoa und Hirse verdauen,tut mit gut.
    Gruß Heike

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