Andere Typen, andere Yogapraxis: So findest du „dein Yoga“

Yoga und Ayurveda sind zwei eng verwandte Wissenschaften, die beide in den indischen Veden wurzeln. Ayurveda lehrt uns Körper und Geist gesund zu halten, Yoga strebt nach Selbstverwirklichung und setzt einen gesunden Körper und Geist voraus. Die beiden Wissenschaften haben sich parallel entwickelt, sich ständig beeinflusst und ergänzen sich. Ayurveda bietet mit seinem einzigartigen Verständnis für die individuelle menschliche Konstitution jedem die Möglichkeit mit sich selbst in Einklang zu kommen. Yoga als Therapie wurde einst als Teil der ayurvedischen Medizin verordnet und beide Wissenschaften sind wie zwei Puzzlestücke, die erst gemeinsam ein vollständiges Bild ergeben.

Das wichtigste Bindeglied zwischen Yoga und Ayurveda ist Prana (die Lebenskraft), die das zentrale Element in den beiden Konzepten formt. Im Yoga werden Körperübungen (Asanas) und Atemübungen (Pranayama) genutzt um Prana ungehindert fließen zu lassen. Im Ayurveda wird Prana über die Ernährung und die Einnahme von Kräutern erhöht, sowie  der Fluß von Prana im Körper durch Massage optimiert. Sowohl Yoga als auch Ayurveda bieten uns damit Methoden für die Reinigung auf der Energieebene (Pranamaya Kosha), aber auch auf der physischen Ebene (Annamaya Kosha) unseres Körpers.

Wenn wir unseren Körper ayurvedisch betrachten, gibt es zwei „Anteile“:
 Zum einen strukturelle Anteile z.B. Gewebearten wie Muskel-, Fett- oder Nervengewebe; den zweiten Anteil machen Energien aus, die drei sogenannten Doshas Vata, Pitta und Kapha. Sie regulieren alle Funktionen im menschlichen Körper – wenn sie aus dem Gleichgewicht geraten, sind auch die Körperstrukturen davon beeinflusst.

Was hat das mit meiner Yogapraxis zu tun?

Jede Menge. Denn die Kernaussage des Ayurveda lautet:

Du bist das einzigartigste Wesen, das dieser Planet jemals gesehen hat

Das sollte sich nicht nur in deiner Ernährung widerspiegeln, sondern auch in deiner Yogapraxis.

Yoga für das Vata-Dosha

Das Prinzip von Vata ist Bewegung, was u.a. Atem, Magen-Darm-Trakt, Ausscheidung und auf psychisch-geistiger Ebene eine rasche Auffassung und geistige Beweglichkeit bewirkt. Die Vata Typen unter uns oder diejenigen, die ein „Zuviel“ an Vata haben, neigen häufig zu Verstopfung, Blähungen, Schwächezuständen, Arthritis, Nervenstörungen, Rastlosigkeit, oder Schmerzen im unteren Rücken und Ischiasnerv. Da das Vata Dosha für alle Bewegungsvorgänge im Körper zuständig ist und im Geist oft zu Unruhe und einem Mangel an Erdung führt, sollte eine ausgleichende Yoga-Praxis ruhig, langsam, stetig, erdend und stabilisierend sein. Besonders im Becken und Dickdarm sammelt sich Vata an daher sind besonders geeignete Asana für Vata solche, die Verspannungen im Bereich der Hüften, Lendenwirbel und Kreuzbein lindern und Bewegung dämpfen. Auch Vorwärtsbeugen beseitigen Vata, da sie beruhigend auf das Nervensystem wirken. Sanfte Drehungen mit dem Fokus auf den Atem befreien Vata-Ansammlungen im Nervensystem und mindern Steifheit, die oft bei diesen schlanken Typen in den Gelenken auftritt. Daher ist auch ein gutes Aufwärm-Programm Pflicht für Vata Typen.

Yoga für das Pitta-Dosha

Das Pitta-Dosha ist zuständig für Umwandlungsprozesse, z.B. für die Aufnahme der Nahrung im Verdauungstrakt. Pitta-Funktionen auf psychischer Ebene sind ein scharfer Intellekt, Ehrgeiz und Durchsetzungsvermögen. Da dieser Typ ohnehin schon viel Hitze hat, ist es wichtig das Hitzeprinzip nicht noch zusätzlich zu verstärken, da er ansonsten anfällig für Fieber, Entzündungen, Übersäuerung des Magens, Lebererkrankungen, starkes Schwitzen und Hautausschläge wird. Die Schlagworte, die im Vordergrund der Asanapraxis stehen sollten, sind: kühlend, entspannend, hingebungsvoll, verzeihend, sanft und ausströmend. Drehungen im Sitzen reinigen die Leber, bringen die Verdauung ins Gleichgewicht, Vorwärtsbeugen und Umkehrstellungen kühlen und beruhigen. Aber auch der Spaß an der Praxis darf nicht zu kurz kommen.

Pitta Menschen sollten sich nach der Praxis kühl, zufrieden und ruhig fühlen, ohne Verspannungen im Bauchraum. Der Geist sollte klar und entspannt sein, die Emotionen beruhigt.happy yoga

Yoga für das Kapha Dosha

Das Kapha-Dosha steht für Stabilität und Struktur im Menschen, bewahrt die natürliche Geschmeidigkeit von Schleimhäuten und Gelenken, auf der mentalen Ebene sind diese Menschen besonders geduldig und mitfühlend. Kapha Typen neigen schnell zu Erkältungen, Grippe, verstopften Nebenhöhlen, Bronchitis, und durch ihren langsamen Stoffwechsel leichter zu Trägheit, Übergewicht, Diabetes oder Wasseransammlungen. Um dem gegenzusteuern, sollten die Asanas anregend, bewegend, erwärmend, erleichternd, dynamisierend mit dem Fokus des Loslassens sein. Stehende Positionen, die mit Bewegung oder Dehnungen kombiniert werden oder Sonnengrüße sind daher besonders gut für Kapha Typen, lange sitzende Positionen hingegen fördern eher Trägheit und Müdigkeit im Körper.

Yoga mit dem Flow

Das heißt nicht, dass du nun nie wieder eine offene Yogaklasse besuchen kannst, weil sie nicht speziell auf dein Dosha ausgerichtet ist. Es gibt Momente im Alltag oder Phasen im Leben an denen ein Dosha vermehrt im Körper auftritt, und das muss nicht immer das Dosha sein, welches unsere Konstitution dominiert. So kann auch eine Kapha Person nach einem stressigen Tag zu viel Vata haben – in diesen Momenten wo wir uns nervös, aufgedreht oder überempfindlich fühlen, sollte auf jeden Fall immer Vata ausgeglichen und damit auch unser Nervengewebe beruhigt werden. Pitta ist im Übermaß, wenn du dich übermütig, angriffslustig oder übermäßig ehrgeizig fühlst. Dann ist es wichtig diese Energie zu zerstreuen, indem eine Asana-Praxis gewählt wird, die kühlend sowie entspannend wirkt und ein Gefühl der Weite schafft. In jedem Fall solltest du in diesem Moment vermeiden deine Praxis zu einem harten Workout zu gestalten. Bringe dich statt dessen mit Meditation und sanft fließenden Bewegungen ins Gleichgewicht zurück, auch wenn der erste Impuls zu erhitzenden Übungen neigt. Ganz im Gegensatz dazu heißt es in den Augenblicken in denen wir Dinge und Ziele vor uns herschieben, Anhaftung oder Lethargie empfinden solche Asanas zu wählen, die mit Schnelligkeit, Hitze und Anstrengung praktiziert werden, um Kapha zu verringern. Schwitzen ist in diesem Fall das gewünschte Ziel, um auf das Fett- und Lymphgewebe einzuwirken.

Aber nicht nur unsere Stimmung hat einen Einfluss auf unsere Yogapraxis, auch unsere Umwelt spielt eine wichtige Rolle – denn je nach Jahreszeit werden einzelne Doshas verstärkt. Vor allem im Herbst/Winter ist das Vata Dosha von Natur aus dominant, oft merken wir dies in unserem Körper an einer trockenen Haut, wir fühlen uns gestresst oder haben vermehrt das Bedürfnis nach Rückzug. Der Sommer bringt mit seiner Hitze auch vermehrt Pitta in den Körper. Die Zeit des Kapha Doshas ist im Winter und Frühjahr, Erkältungen und Verschleimungen stagnieren im Körper, die Durchblutung ist fast Winterschlaf-ähnlich auf ihrem Minimum. In jedem Fall helfen auch hier genau die Asanas, die ausgleichend wirken.

Make it your own practice!

Nur du kannst deine Praxis zu deiner ganz eigenen, individuellen Zeit auf der Matte gestalten. Denn wie schnell, fließend oder meditativ du den Sonnengruß ausführst, bestimmst allein du. Ob du mit Ehrgeiz, Langeweile oder Hektik ein Asana ausführst, liegt ganz allein an dir. Das wichtigste in jedem Asana ist deine innere Einstellung. Was gleicht dich in deiner Praxis aus? Ich freue mich wenn du deine Erfahrung auf der Matte in den Kommentaren teilst!

Happy Practice!

Alles Liebe, Dania

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