Was ich durch meine Gewichtszunahme über Selbstliebe gelernt habe

Triggerwarnung: In diesem Artikel geht es um Essstörungen. Falls dich das Thema zu sehr belastet, bitten wir dich, diesen Artikel nicht zu lesen.

Ich hatte elf Jahre lang mit einer Essstörung zu kämpfen. Für mich und meinen Körper fand ich vielfach unglaublich lieblose und verachtende Worte. Vor meinem Heilungsprozess wog ich ungesund wenig, fand mich selbst aber nie zu dünn. 

Als ich an den Punkt kam, meine Essstörung heilen zu wollen, nahm ich 20 kg zu.

Das war alles andere als einfach für mich. Ja, ich wollte meine Essstörung heilen, ja ich wollte mich satt essen und nicht mehr hungern. Doch ich würde lügen, würde ich sagen, die Zunahme hätte sich nicht auch auf meinen Selbstwert ausgewirkt. 

Ich fühlte mich wahnsinnig unsicher mit meinem veränderten Aussehen und machte mir Gedanken darüber, was Menschen in meinem Umfeld, die den Hintergrund der Gewichtszunahme nicht kannten, denken würden. 

Am liebsten hätte ich ein Schild mit der Aufschrift “Ich heile hier gerade meine Essstörung” mit mir herumgetragen.

Doch ich wollte den Schritt des ausreichenden Essens nicht mehr rückgängig machen. Ich realisierte, dass ich nicht mehr bereit war, mich aufgrund meines Äußeren selber abzuwerten. Die Zeit war gekommen, mir mit mehr Liebe zu begegnen und darauf zu Vertrauen, dass mein Körper die zusätzlichen Kilos loslassen würde, wenn er bereit dazu war. 

Wenn man so viel Gewicht zunimmt, kann man sich entweder für mehr Selbsthass oder endlich für Selbstliebe entscheiden.

So entschied ich mich schließlich für die Liebe zu mir selbst. Der Prozess der Gewichtszunahme zwang mich förmlich dazu. Ich begann, meinen Körper nicht nur auf seine Erscheinung zu begrenzen, sondern erkannte, was für ein geniales Teil der menschliche Körper ist.

Mein persönliches Schönheitsideal veränderte sich. Mein Anspruch war nicht mehr, ungesund dünn zu sein, denn ich wollte nicht mehr für körperlich schwach gehalten werden. Mein persönliches Ideal war nun ein gesunder, schlanker und sportlicher Körper. Und tatsächlich empfand ich nun für mein Äußeres viel mehr Liebe als noch in der Vergangenheit.

In diesem Prozess wurde mir mehr und mehr meine innere Schönheit bewusst.

Sie war schon immer da, doch nie zuvor hatte ich ihr so viel Aufmerksamkeit geschenkt. Ich setzte mich ganz aktiv damit auseinander, welche Charakterzüge und Eigenschaften ich an mir schätzte und schrieb sie auf. Immer dann, wenn meine Unsicherheit größer wurde, warf ich wieder einen Blick darauf, um mich selbst zu stärken. 

Ich verstand: Heilung beginnt im eigenen Kopf.

Die Verantwortung für die eigene Heilung, das eigene Wachstum liegt bei jeder*jedem Einzelnen von uns. Andere können uns vielleicht dabei unterstützen, aber den Weg mit all seinen Konsequenzen zu gehen, das können nur wir selbst. Das mag zunächst einsam klingen, vor allem ist es aber befreiend. Denn allein mit unserer eigenen Schöpfer*innenkraft können wir unser Leben verändern – wenn wir es denn wollen

Der wichtigste Schritt in Richtung Heilung ist, die Entscheidung für eine langfristig positive Veränderung zu treffen.

Ich wollte das langfristige Glück statt dem kurzfristigen Glücksmoment, den ein temporärer Gewichtsverlusts gebracht hätte.

Ich wollte eine langfristige Lösung, ein gesundes, ausbalanciertes Gewicht und kein Auf und Ab mehr. Ich distanzierte mich davon, kurzfristig vor der nächsten Party oder dem nächsten Fotoshooting abnehmen zu wollen und zu hungern.

Ich lernte, dass Heilung Zeit braucht und nicht von heut auf morgen passiert. Es lohnt sich zu warten. Diese Zeit hat mich Geduld und Vertrauen gelehrt. 

Auf dem Weg zu mehr Glück und Zufriedenheit erkannte ich, wie viel ich eigentlich schon hatte.

Manchmal legen wir den Fokus so sehr auf die Kämpfe und das Negative in unserem Leben, dass wir gar nicht erkennen, was schon alles Wundervolles in unserem Leben vorhanden ist. Wir alle haben so viel, für das wir dankbar sein können: Ein Dach über dem Kopf, genug zu essen, sauberes Wasser, Zugang zu Bildung, einen funktionierenden Körper und: Wir sind am Leben.

Statt also zu schauen, was alles fehlt und einzig auf eine Gewichtsbnahme und Heilung fokussiert zu sein, vergegenwärtigte ich mir täglich, für was ich in diesem Moment alles dankbar sein konnte. Für was bist du gerade dankbar?

Es gibt einige Übungen, die mich auf diesem Weg der Heilung begleitet haben und die möchte ich sehr gerne mit dir teilen.

Folgende Übungen haben mich auf dem Weg zu mehr Selbstliebe unterstützt:

Schreib auf, was du an dir schätzt.

Wir haben alle so viel Lebenswertes an uns. Schau dich mit liebenden Augen an und honoriere dich, deine Fähigkeiten und Eigenschaften.

Am besten legst du direkt mehrere Listen zu unterschiedlichen Bereichen an: Eine Liste könnte sich auf deine positiven Eigenschaften, eine andere auf deine Fähigkeiten und eine weitere auf dein Äußeres beziehen. Oder vielleicht sind es auch ganz andere Bereiche, zu denen du etwas aufschreiben möchtest. Gestalte deine Listen ganz intuitiv.

Setze dich zeitlich nicht unter Druck.Es ist nicht das Ziel, die Listen innerhalb kürzester Zeit auszufüllen.Nur schon anzufangen und die Listen wieder wegzulegen, wird dazu führen, dass du, bewusst und unbewusst, auf die Suche nach den wundervollen Dingen an dir gehen wirst.

Vielleicht erkennst du plötzlich dein wunderschönes Lachen. Oder du realisierst, wie sehr du am Wohl anderer interessiert bist. Oder du bemerkst, dass du wundervoll malen kannst.Beginne, Selbstliebe in deinen Alltag zu integrieren, indem du immer wieder den Fokus auf das Wunderbare an dir lenkst.

Lass dich auf neue Wege ein und konzentriere dich auf die langfristigen Ziele und Lösungen.

Um die Geduld für die grossen Projekte deines Lebens zu haben, hilft es, bei kleineren Projekten die eigene Frustrationsgrenze auszubauen.Statt beispielsweise deinen Feierabend mit Netflix zu starten, wie wäre es, eine Yoga-Einheit einzuschieben oder dir ein gesundes Abendessen zu kochen und erst dann als Belohnung eine Folge deiner Lieblingsserie zu schauen?

Je mehr du deine Geduld bei diesen kleineren Projekten übst, desto höher wird deine Frustrationsgrenze und somit dein Durchhaltevermögen bei den gröβeren Zielen sein.

Erkenne deine Schöpferkraft und welche Fähigkeiten in dir stecken, um wirklich etwas in deinem Leben zu verändern.

Schau einmal auf dein bisheriges Leben zurück und sieh, was du schon alles kreiert und auf die Beine gestellt hast, die schönen Momente, die du dir und anderen bereitet hast, die Meilensteine, die du erreicht hast.

Blicke voller Liebe zurück und erkenne, was du schon alles dadurch erreicht hast, dass du die Verantwortung für dich und deine Situation übernommen hast. Schreib dir immer wieder so viele dieser Dinge wie möglich auf und lies sie dir von Zeit zu Zeit durch. Ganz besonders dann, wenn du an deiner Schöpferkraft oder deiner Fähigkeit, eigenverantwortlich zu handeln, zweifelst.

Schreibe dich in einen Dankbarkeitsrausch und erkenne, was schon alles da ist.

Notiere dir morgens und/oder abends, wofür du gerade dankbar bist. Du wirst sehen, wenn du einmal beginnst, dich mit Dankbarkeit zu beschäftigen, dannwirst du in deinem Leben mehr und mehr Dinge bemerken, für die du dankbar sein kannst. 

Egal, wie schnell oder langsam du eine oder mehrere dieser Übungen integrieren wirst, tue es mit Liebe und Geduld, dir selbst gegenüber.

Du hast es verdient auf deinem Weg der Weiterentwicklung und des Wachstums voller Liebe von dir selbst begleitet zu werden. Ganz besonders, weil zu wachsen und sich weiterzuentwickeln, vielleicht sogar zu heilen, meist Anstrengung bedeutet. Anstrengung, die sich auszahlt – das weiß ich aus eigener Erfahrung.

Hast du schon die Erfahrung einer Gewichtszunahme oder einer anderen körperlichen Veränderung gemacht? Was hast du daraus gelernt? Lass es mich gerne in den Kommentaren wissen.

Viel Liebe,

Deine Anna

Titelbild © Jennifer Burk via Unsplash

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