Sigillenmagie: Mit Hokuspokus zur Wunscherfüllung?

“Das Leben ist keine Wunschfabrik” spricht eine Figur aus einem meiner Lieblingsbücher. Klar, eine ausgefallene Wimper weg zu pusten und dann ganz fest hoffen, dass der Wunsch zur Realität wird, ist naiv. Trotzdem glaube ich, dass in jedem von uns eine kleine Wunschfabrik schlummert, die wir lernen müssen, in Gang zu setzen. Jetzt bleibt nur noch, die passende Bedienungsanleitung zu finden. Auftritt: Sigillenmagie!

Die Sigillenmagie ist ein Mix aus moderner Magie und der Psychologie Sigmund Freuds.

Sigillen (von lateinisch sigillum – „Siegel“), auch genannt Brillenbuchstaben oder Engelsschrift, sind mystische Symbole, die vor allem im Mittelalter verwendet wurden, um sich vor bösen Mächten zu schützen oder Heilige und Engel herbei zu rufen. Der Okkultist Austin Osman Spare bediente sich im 20. Jahrhundert dieser Methode und verknüpfte sie mit dem Konzept der Wunsch-Manifestation.

Aus einem ausformulierten Wunsch wird ein Symbol kreiert, das im Unterbewusstsein verankert werden soll, wo es eigenständig arbeitet und uns unterbewusst leitet. Das kann jedoch nur funktionieren, wenn der Verstand umgangen wird. Warum?

Der Verstand hält uns wie ein bockiger Türsteher davon ab, in die wilde Wunscherfüllungsparty hineinzugelangen.

Das Konzept der Sigillenmagie ist für den rationalen Teil in uns nicht logisch erklärbar. Ein Symbol kritzeln und abwarten, bis der Wunsch in Erfüllung geht? Klingt eher wie eine Nachmittagsbeschäftigung für Eso-Elke als eine Methode, die Früchte tragen könnte.

Daher meldet sich der innere Kritiker sofort zu Wort, überschüttet dich mit Zweifeln, erklärt dich für verrückt. Und da Zweifel wie Gift auf deine Wünsche wirken, schlägt die Sigillenmagie vor, den dafür Verantwortlichen, nämlich deinen Verstand, so gut es geht zu umgehen und die Arbeit dem Unterbewusstsein zu überlassen.

Das Unterbewusstsein ist weitaus mächtiger und einflussreicher als unser Bewusstsein.

Um die Schwelle zum Unterbewusstsein zu überschreiten, kreierst du aus einem aufgeschriebenen Wunsch nach einem bestimmten System ein Sigill. Ein abstraktes Symbol, das zwar die Essenz deines Wunschen trägt, den Inhalt rein äußerlich jedoch nicht verrät. Das ist ziemlich ausgeklügelt, da das Sigill auf deinen Verstand wie unverständliches Wirrwar wirkt, dein Unterbewusstsein jedoch sofort darauf anspringt, da es vor allem mit der Sprache der Bilder arbeitet.

Bevor es losgeht: Disclaimer!

Bevor wir loslegen, muss ich anmerken, dass ich weder eine Magierin, noch eine ausgebildete Hexe mit einem Diplom in Wunscherfüllung bin.

Ob du anhand der Sigillenmagie deinen Traumjob landen wirst oder das alles reiner Humbug ist? Ich weiß es nicht und ich bin genauso gespannt wie du, es herauszufinden. Let the magic begin!  

Schaffe dir deinen Space

Bevor du mit der Sigillenmagie beginnst, ist es wichtig, dass du die passende Atmosphäre kreierst. Tob dich mit Kerzen, Räucherstäbchen, Klangschalen und Kristallen aus oder lass es ganz schlicht, ohne Klimbim.

Finde heraus, was für dich passt. Du brauchst lediglich einen Stift, ein Blatt Papier und deinen Wunsch. Ein absolutes Muss ist, dass du ungestört bist, denn je mehr Aufmerksamkeit du dem Ritual schenkst, desto wirksamer ist es. Jetzt geht es für eine kurze Zeit nur um dich und deine Träume, genieße das!

Formuliere deinen Wunsch oder dein Ziel in einem klaren, kurzen Satz

Empfehlenswert ist, deinen Wunsch im Präsens zu verfassen, als ob er bereits eingetreten wäre. Negative Formulierungen solltest du außerdem vermeiden, da sie dein Unterbewusstsein nicht von positiven unterscheiden kann. Das kann dazu führen, dass genau das Gegenteil vom Gewünschten eintritt.

Beispiel: Statt “Ich werde keinen beschissenen Job mehr haben” schreibe: “Ich habe meinen Traumjob.”

Bist du mit deiner Formulierung zufrieden, kannst du sie in Großbuchstaben aufschreiben.

Es wird empfohlen, den Wunsch an niemanden weiter zu verraten. Ob das nur Heimlichtuerei ist, weiß ich nicht. Allerdings verleiht diese Vorschrift dem Ritual etwas sehr Persönliches und Intimes, da es nur für dich existiert. Was ich mir wünsche, verrate ich deswegen auch nicht, hihi!

Streiche jetzt alle Vokale und doppelten Buchstaben.

Anschließend reduziere intuitiv weiter auf maximal 10 Buchstaben. Um dein Wunschsymbol zu kreieren, ist es von Vorteil, mit so wenig Buchstaben wie möglich zu arbeiten. Vielleicht bemerkst du, dass sich einige Buchstaben nicht mit deinem Wunsch vertragen.

Eckige, zackige Buchstaben passen meiner Meinung nach zu karrierebezogenen Wünschen, da sie Power und Energie ausstrahlen. Liebeswünsche verlangen dagegen eher weiche, gebogene Buchstaben. Wenn du mit dem Eliminieren fertig bist, schreib alle übrig gebliebenen Buchstaben nochmal sauber in Großbuchstaben auf.

Werde kreativ und verschmelze die Buchstaben zu einem Sigill

Zück den Stift oder Pinsel und mach dir dein Sigill, widde widde wie es dir gefällt! Dreh Buchstaben auf den Kopf, verändere ihre Proportionen, staple Buchstaben übereinander, füge Linien hinzu, lass Linien weg. Spiel mit den Formen und denk nicht zu viel darüber nach. Es gibt kein richtig oder falsch, Hauptsache das Sigill fühlt sich zum Schluss richtig für dich an. Für Inspiration finde ich diese Webseite sehr gut. 

Aktiviere dein Sigill

Die Aktivierung ist ein genauso wichtiger Prozess wie die Kreation. Zu Beginn wird Energie aufgebaut, um dein Symbol damit aufzuladen. 

Die einfachste Form der Aktivierung ist die der Meditation.

Setze dich aufrecht hin, lass deinen Atem tiefer werden und beginne dein Sigill intensiv zu betrachten. Drink it into the mind, wie Austin Osmane Spare es beschrieben hat. Starre es regelrecht an. Werde dir jedes Striches, jeder Beule, jeder Zacke bewusst und konzentriere dich darauf.

Versuche gleichzeitig deinen Geist frei von allen Gedanken werden zu lassen. Puste Vorstellungen oder Hoffnungen, die mit deinem Wunsch verknüpft sind, aus deinem Gehirn und lass das Sigill auf dich wirken. Meditiere so lange mit deinem Sigill, bis du das Gefühl hast, es verinnerlicht zu haben.

Oder aktiviere dein Sigill durch wildes Tanzen!

Get your body moving! Dreh dich im Kreis, schüttel deinen Körper, hüpfe durch den Raum. Mit oder ohne Musik, egal! Hauptsache du versetzt dich in einen tranceartigen Zustand, dass du Adrenalin durch deine Adern pumpen spürst und der Kopf völlig frei von Gedanken ist. Tanze mit deinem Sigill. Beginne es dir vorzustellen, wie es leuchtet und voller Energie vibriert.

I came in like a wrecking ball

Auch wenn du dich durch diesen Prozess sehr vertraut mit deinem Sigill gemacht hast und du es vielleicht am liebsten als Hintergrundbildschirm deines Smartphones verwenden würdest, schreibt die Sigillenmagie vor, es nach der Aktivierung zu zerstören. Verbrenne das Stück Papier, vergrabe es oder versenke es im Fluss. Lass die zuvor aufgebaute Energie mit einem Schlag verpuffen. Schluss, aus, vorbei!

Aus dem Auge, aus dem Sinn.

Der letzte, und wohl schwerste Teil dieses Rituals besteht darin, das Sigill zu vergessen. Versuch weder an das Symbol selbst, noch an den Wunsch oder das Eintreffen des Wunsches zu denken. Die Essenz der Sigillenmagie besteht schließlich darin, deinen Wunsch im Unterbewusstsein arbeiten zu lassen, ohne, dass dein Verstand einschreitet. Drehen sich deine Gedanken ständig darum, ist die ganze Magie futsch.

Glückwunsch, du hast soeben dein eigenes Sigill kreiert!

Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen, ob sich unsere Arbeit gelohnt hat und unsere Wünsche in Erfüllung gehen.

Vielleicht ist das alles nur eine Spielerei und das Universum zeigt mir gerade einen Vogel, weil es mich für so naiv hält. Eines habe ich jedoch durch das Ritual der Sigillenmagie gelernt.

Indem ich mich so intensiv mit meinem Wunsch befasst habe, sind mir so einige Sachen über mich selbst aufgefallen.

Als ich meinen Wunsch auseinander genommen und mit seinen Einzelteilen jongliert habe, bin ich mir über den wirklichen Grund, die Motivation dahinter klar geworden. Etwas, worüber ich zuvor nie wirklich nachgedacht hatte.

So oft haben wir Dinge auf unserer Wunschliste, hinter denen wir letztendlich nicht wirklich stehen.

Es sind Wünsche, die wir von unseren Eltern übernehmen, von unseren Freund*innen oder der Gesellschaft. Frag dich deswegen stets, ob deine Wünsche auch wirklich einer inneren Sehnsucht entspringen oder sie nur die Vorstellungen repräsentieren, die du in den Augen anderer erfüllen sollst.

Was hältst du von der Sigillenmagie? Hast du sie ausprobiert? Wie hat es sich angefühlt? Ich bin super neugierig, wie es dir ergangen ist.

Titelbild © Lola Bee

Das könnte dich auch interessieren:

Ein Kommentar / Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*