Zeit für Klarheit und Ernte: Ein Ritual zum Schnitterinnenfest

Anfang August beginnt der Erntemonat, welcher dem Schnitterinnenfest, bekannt auch als Lammas oder Lugnasadh, eingeläutet wird. Viele Pflanzen tragen Früchte, das Getreide ist reif, Heilpflanzen haben eine ganz besonders hohe Wirkung. Zum Schnitterinnenfest wurde der erste Schnitt gesetzt, das Fest markierte den Beginn der Erntezeit. Das Korn wird eingefahren, die Speicher füllen sich und die Menschen bereiten sich auf Herbst und Winter vor. Und obwohl die Tage wieder kürzer werden, scheint die Sonne heißer als sonst im Jahr. So bekommen alle Früchte noch einmal von der Sonne richtig Kraft.

Traditionell sammelten die Frauen zu dieser Zeit auch die Heilkräuter ein, schnitten sie und formten sie zu Bündeln. Diese werden dann Mitte August der Göttin geweiht. Die katholische Kirche hat dazu passend Maria Himmelfahrt auf den 15. August gelegt. Der traditionelle Kräuterbund wird aus neun Kräutern gebunden. Die Kräuter des „Neunerbuschens“ sind Johanniskraut, Schafgarbe, Baldrian, Wermut, Arnika, Pfefferminze, Königskerze (welche immer in die Mitte gebunden wird), Kamille und Tausendgüldenkraut.

Es ist die Zeit, in der sich die Spreu vom Weizen trennt, in der sich herausstellt, ob die Saat die gesät wurde gut aufgegangen ist und ob der Boden furchtbar war. Aber so wunderbar der Moment ist, es ist auch an der Zeit, einen wirklich bewussten Schnitt zu setzen. Denn die Zeit der Fülle der Früchte wird vorüber gehen. Wenn wir jetzt nicht ernten, gehen wir das Risiko ein alles zu verlieren. Die Ernte wird faul und überreif. Wir müssen daher den konkreten Schnitt setzen und das Getreide abschneiden, damit wir es auch nutzen können.

Genau dies ist auch die Qualität des Schnitterinnenfestes. Im Augenblick der absoluten Reife müssen wir ernten – das Getreide muss geschnitten werden.  Genau dieser Schnitt ist das Symbol des Festes, welches die „Schnitterin“ feiert, die bewusst und mit all ihrer Kraft die Frucht erntet.

Die Schnitterin steht auch für den Aspekt des abnehmenden Mondes. Mit ihrer Sichel ging sie sinnbildlich als Sensefrau über die Felder. Ernte bedeutet auch immer Abschied, Tod und Klärung. So sind Durchtrennen, Durchschneiden, Abschneiden und Beenden  Teile des ewigen Kreislaufs der Natur und begegnen auch uns immer wieder in unserem eigenen Leben.

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Wie kannst du zur Schnitterin werden?

Dies ist ein wunderbarer Moment, um auch selbst einmal genauer hinzuschauen und einen Schnitt zu setzen. Stell dir vor, wie du über die Felder deines eigenen Lebens gehst. Dabei kannst du die folgenden Aspekte mit einbinden.

Was ist inzwischen reif?

Dazu kannst du bewusst noch einmal zurück gehen und schauen, was du dir zu Beginn des Jahres vorgenommen hattest. Vielleicht hast du noch Aufzeichnungen oder Notizen? Dann ist jetzt ein wunderbarer Moment sie hervorzuholen. Wenn nicht, schließe die Augen und erinnere dich: Welche Intentionen hattest du gesetzt? Welche Visionen wolltest du wahr werden lassen? Wonach hat dein Herz gerufen? Und dann schau hin: Was ist aus der Saat geworden? Welche Ideen sich voll ausgereift? Welche Projekte sind nicht gesprossen? Ich nehme mir dazu meine Aufzeichnungem vom Anfang des Jahres und gehe sie durch. Ebenso schaue ich, aus welchem Grund manche Dinge noch nicht reif sind. Manchmal ist es eben noch nicht an der Zeit und ich war am Jahresanfang etwas „zu visionär“. Oder ich habe einfach nicht genug Energie und Aufmerksamkeit in ein Projekt gesteckt. In dem Fall schaue ich, ob es vielleicht daran lag, das das Ziel ein Ego-Ziel war und kein Seelen-Ziel und damit eigentlich nicht dem Weg zu meinem Nordstern diente.

Was darf ich ernten?

Es ist Zeit für die Ernte. Wie sieht deine Ernte aus und was möchtest du mit ihr machen? Was ist erntereif? Was kannst du ernten? Und was ist nicht voll ausgereift? Nimm das, was reif ist und lasse das, was noch nicht soweit ist stehen, es wir wieder in den Kreislauf der Natur integriert und dient als Dünger fürs nächste Jahr. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Mir hilft es dazu zwei Listen zu machen, um mir einen Überblick zu verschaffen. Die Liste der Ideen, die noch nicht ausgereift sind, kommt in meinem Fall nochmal in den Brutkasten Schreibtischschublade und ich schaue immer mal wieder, wie die Dinge auf der Liste als Basis für neues dienen können.

Wo setze ich den Schnitt?

So wie die Schnitterin kannst auch du deinen Schnitt setzen. Die Schnitterin geht mit klarem Blick, während sie sich fragt: Was gilt es mit meiner Sichel abzuschneiden? Du kannst dir die folgenden Fragen stellen: Bin ich mir klar darüber, dass manchmal ein Schnitt gut ist damit alle ihren Weg gehen können? Grenze ich mich genügend? Kann ich mich von Dingen trennen? Was lässt mich an Dingen hängen, auch wenn sie eigentlich „überreif“ sind? Dann schau dein Leben an – an welchen überreifen Dinge hängst du noch? Wo ist es eigentlich längst Zeit einen Schnitt zu setzen. Nur wenn wir den Schnitt setzen, kann etwas neues entstehen.

Finde deinen Rhythmus

Zu Jahreskreisfesten wie diesem verbinden wir uns nicht nur mit uns selbst, sondern auch mit der Natur und ihrem Rhythmus. Ich erlebe für mich immer wieder, dass diese Rückbesinnung mir hilft mich zu fokussieren und in meinen eigenen Rhythmus zu finden und wieder in Einklang nicht nur mit mir, sondern auch mit Mond und Sonne zu kommen. Durch diese bewusste Rückverbinden, werde ich achtsamer und auch klarer. In unserer Gesellschaft unterliegen wir oft willkürlichen Deadlines und einem ewigen Wettlauf.  Die Verbindung mit der Natur erlaubt es auch mal wieder durchzuatmen und einen neuen – und gleichzeitig uralten – Bezugsrahmen zu entwickeln. Und selbst, wenn wir diesem nicht immer folgen können, so ist er für mich eine hilfreiche Orientierung.

Es wird gesagt, dass nach dem Schnitterinnenfest die Ernte bis zum letzten Augustvollmond abgeschlossen sein muss, da danach die Pflanzen allmählich ihre Kräfte nach innen zurückziehen, um sich für den Winter vorzubereiten. Wenn du für dich ein Ritual zum Schnitterinnenfest machen willst, dann bietet es sich an, mit Feuer und Bändern, die durchgeschnitten werden zu arbeiten. Als Rauchwerk empfehlen sich Rose, Sandelholz und Weihrauch. Lass das gehen, was gehen darf, durchtrenne die Dinge, die dich halten oder einengen.

Ich wünsche dir eine gute Erntezeit.

Alles Liebe,

KAJA

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