Panchakarma in Indien: Ein Erfahrungsbericht

Eine gute Stunde Fahrt sind es vom Flughafen Kochi in Kerala, vorbei an kleinen Städtchen und durch verrückten indischen Verkehr, bis langsam mehr und mehr Palmen die Landschaft prägen und wir auf eine holprige Straße einbiegen, die letzten Meter bis zum Ziel. Ein schweres Holztor öffnet sich und dahinter scheint das Paradies zu liegen: Ein großer, begrünter Palmengarten, Herzstück der ihn umrahmenden kleinen Häuschen, und durch den ein Weg geradewegs zum Meer führt.

Endlich sind wir angekommen. Die nächsten zwei Wochen werden Julia und ich im Sitaram Beach Retreat, einer Ayurveda Klinik in Kerala verbringen. 

Augenblicklich stellt sich ein Gefühl von Ruhe und Ankommen ein. Hier sind wir nun um die reinigende und heilsame Wirkung einer ayurvedischen Panchakarma-Kur zu erfahren. Nach einer langen Vorbereitungszeit und Recherche um eine Klinik zu finden, die authentisches Ayurveda anbietet, können wir es kaum erwarten uns in die Hände der ayurvedischen Ärzt*innen zu begeben.

Das Sitaram Beach Retreat ist die Vision von Dr. Vignesh, einem Ayurveda-Arzt mit einer langen Familien-Tradition im Bereich Ayurveda. Bereits seit 1921 besteht die Sitaram Ayurveda Pharmacy, die von Dr. Vigneshs Großvater und schließlich seinem Vater, einem in Kerala sehr anerkannten Ayurveda-Arzt, übernommen wurde. Aus dieser zertifizierten Herstellung stammen auch die gesamten Medikamente und Öle, die während der Anwendungen im Sitaram Beach Retreat zum Einsatz kommen.

Vor zwei Jahren hat das Retreat erstmals seine Tore geöffnet um Patient*innen zu empfangen. Die zum Teil in diesem Jahr erst neu gebauten, liebevoll eingerichteten Holzhäuser sind nach dem ayurvedischen Feng-Shui, Vastu Shastra genannt, ausgerichtet und umrahmen einen gepflegten Palmengarten.

Wir werden herzlich begrüßt und in eins der neu gebauten Bungalows geführt, das wir für die nächsten zwei Wochen bewohnen werden. Und wirklich, wir fühlen uns in dem großzügigen Raum sofort super wohl: die große Terrasse bietet nach vorne Blick in den Garten und führt hinten in ein wunderschön gefliestes Bad, samt Innendusche und Außendusche. Wir sinken in die Liegestühle auf der Veranda, atmen tief durch und genießen den Ausblick.

Ausblick Sitaram

Die Vision: Ein Ort der Heilung

Dr. Vignesh empfängt uns am Nachmittag zu unserem ersten Konsultationsgespräch. Mein erster Eindruck, den ich bereits aus unseren vorangegangenen Telefongesprächen hatte, bestätigt sich – ich vertraue seiner aufmerksamen und lustigen Art sofort, seine Fragen sind auf den Punkt und zeugen von Kompetenz.

Aber da ist noch etwas, das den jungen Arzt unglaublich sympathisch und glaubwürdig macht: Er brennt für Ayurveda und seine Klinik. Das macht sich auch in den Vorträgen bemerkbar, die er im Sitaram, und mittlerweile sogar weltweit, über Prävention, Frauengesundheit und Panchakarma für seine Patient*innen hält. Neben Dr. Vignesh sorgen außerdem vier weitere Ärzt*innen täglich für eine Diagnose und jede Konsultation findet bei einem Team aus drei englischsprachigen Ärzt*innen statt, die sich untereinander beraten.

Ayurveda Konsultation Sitaram

Die Vision im Sitaram Retreat ist es, durch Ayurveda und Yoga nicht nur mehr Gesundheit für den Menschen, sondern auch zu einem nachhaltigen und friedlichen Planeten beizutragen.

Diese Vorsätze strahlt der Ort merklich aus: Mantren erklingen aus kleinen Lautsprechern und das alles umgebende Meeresrauschen hat jetzt schon eine heilsame Wirkung. Fast täglich sichten wir Delfine, manchmal ganz nah am Strand, so als ob diese wunderschönen Krafttiere unsere Heilung begleiten wollten. Am Abend zirpen die Grillen, während die Sonne blutrot über dem Meer untergeht. Einmal am Tag füllt sich die Luft kaum merklich mit Shallaki, dem indischen Weihrauch. In der ayurvedischen Medizin wird Shallaki eingesetzt um die Luft zu reinigen und kommt ebenfalls bei vielen entzündlichen Krankheiten zum Einsatz.

Shallaki Weihrauch

Let food be thy medicine.

Unser liebster Gang wird die nächsten Tage der Weg zum Slow-Food-Restaurant mit Blick auf das Meer. Hier mischt sich ayurvedisches Wissen mit der typischen Kerala-Cuisine und schafft unglaublich nährende und leichte Gerichte, deren Kreativität und Geschmack uns immer wieder überrascht.

Alles wird aus frischen Zutaten gekocht und auf den*die einzelne*n Patient*in abgestimmt. Sogar die Reissuppe, die als Schonkost an einigen Tagen Pflicht ist, findet einen Weg in mein Herz. Der Koch ist ein wahrer Schatz an Mensch und zeigt mir, wie er einige der Gerichte zubereitet. Ich habe selten eine so saubere und aufgeräumte Küche gesehen! Noch wichtiger ist aber der vibe: Das Essen wird mit Liebe zubereitet und auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind kein Problem. Julia wurde immer bestens mit leckeren glutenfreien Optionen versorgt.

Ayurveda Essen

Ein Tag im Sitaram und das Wunder der Ayurveda-Massagen

Der Tag beginnt für mich sehr früh, denn ich möchte zum morgendlichen Yoga um 6.30 Uhr. Es fällt nicht schwer früh aufzustehen, wenn die Vögel zwitschern und die aufgehende Sonne sich langsam über die Palmenwipfel schiebt. Das Pranayama reinigt die Lymphbahnen und eliminiert Toxine aus dem Blut und mir wird wieder einmal klar, welch Kraft in der Beeinflussung des Atems liegt, uns selbst zu transformieren.

Für alle Langschläfer*innen gibt es auch noch eine zweite Yogastunde am Nachmittag. Das Frühstück beginnt um 8 Uhr und am Vormittag und Nachmittag finden die Behandlungen statt, frühestens 90 Minuten nach dem Essen, damit genügend Zeit zum Verdauen bleibt.

Yoga Sitaram Retreat

Und hier kommt das volle Spektrum des südindischen Ayurveda zum Einsatz: vierhändige Abhyanga mit verschiedenen Ölen, Marmamassage (Uzhichil), Kräuter- und Reisstempelmassagen (Kizhi) und Stirn- und Körpergüsse (Dhara) sind nur einige der Anwendungen, die die Therapeut*innen beherrschen.

Traditionell werden Frauen nur von Frauen behandelt; bei den Mädels sitzt jeder Griff bei den vierhändigen Massagen. So klein sie im Vergleich zu meinen 1,80 m auch aussehen, in ihren Händen stecken überraschende Kräfte, die sie geschickt und synchron über meinen Körper verteilen. Mit Öl wird nicht gespart und ich schwimme abwechselnd in warmen Öllachen und mal in der Cremigkeit der Reisstempel.

Ich bekomme ausschließlich Therapien um mein Vata zu senken, und obwohl ich keine Erkrankungen habe und mich auch sonst eigentlich eines guten Immunsystems erfreuen kann, wird mir hier doch bewusst, wie sehr mein Lebensstil im letzten Jahr an mir gezehrt hat. Pendeln, Reisen, die Doktorarbeit und weitere Projekte, die meine Vata Konstitution am liebsten alle gleichzeitig umsetzen würde.

Erst hier im Sitaram fühle ich, wie sehr ich diese Auszeit gerade brauche.

Und dass ich nicht erst hinschauen sollte, wenn mein Körper krank wird: Prävention ist wichtig. Ich habe es in der Hand, die Zeichen zu lesen und mich um mich selbst zu kümmern. Daher ist eine Panchakarma auch das Beste, was wir unserem Körper hin und wieder gönnen können – eine Investition in die eigene Gesundheit.

Trotzdem braucht das zur-Ruhe-Kommen eine gewisse Zeit und es fällt mir in den ersten Tagen noch schwer, wirklich abzuschalten. Mit den wohltuenden Massagen, die mir all das Sitzen und die Computerarbeit aus dem Körper kneten, gelingt es mir immer besser, anzukommen und loszulassen. Zum ersten Mal seit langen habe ich das Gefühl, dass die Zeit wieder etwas stillsteht, nicht mehr einfach so an mir vorbei fliegt.

Auch Julia geht es nicht anders. Als die Massagen beginnen, fühlt sich ihr Körper noch widerspenstig und unendlich dankbar zugleich an. Jede Berührung dieser kleinen, kräftigen Hände, löst Erschöpfung und Blockaden aus dem Körper heraus. Jede Zelle ist voller Leben, gesättigt vom Öl der Massagen, gesättigt von der Berührung, gesättigt durch die Ernährung. Danach bleibt ein Zustand von absoluter Weichheit. Jeder Windhauch, der die Haut streift, ist zu viel. Körper und Geist brauchen absolute Stille, um diese Reinigung, ja Öffnung, auch tragen zu können.

Ayurveda Massage

Die Panchakarma und das Loslassen

Natürlich sind wir nicht nur für die Massagen hergekommen; die sind zwar Teil der Kur, aber wir möchten das volle Programm der ayurvedischen Detox-Kur erfahren. Spoiler, meistens kommt es anders als man denkt und die nächsten Tage werden für uns vor allem eine Herausforderung darin: anzunehmen, was ist.

Julia hatte sich vor Ankunft einen fiebrigen Infekt eingefangen und ich habe meine Periode bekommen – beides Gründe für die Ärzt*innen erst einmal keine Panchakarma-Behandlungen anzufangen. In Julias Fall wird das Fieber gesenkt und in meinem Fall abgewartet, da während der reinigenden Phase der Menstruation generell kein weiterer Detox erfolgen soll.

Die Ärzt*innen arbeiten professionell und kennen keine Kompromisse, um es irgendjemandem Recht zu machen.

Das finden wir gut, dennoch ist es schwierig loszulassen, da unsere Zeit im Sitaram begrenzt ist und vor allem Methoden wie das Ghee trinken einen gewissen Zeitrahmen in Anspruch nehmen. Julia bekommt vorwiegend Anwendungen, um ihr Pitta zu senken, und die aufgestaute Hitze in Form eines Fiebers zu behandeln. Auch für sie heißt es die ersten Tage loslassen und das innere es muss jetzt zu überwinden: herumliegen, nichts tun, abwarten. Bis sie mit ihrer Reinigung beginnen darf.

Wie schon bei meiner letzten Panchakarma entscheiden sich die Ärzt*innen dann letztendlich für Basti, Einläufe in den Dickdarm. Sie ist eine der besten Methoden, Vata zu regulieren, und über den Dickdarm Toxine aus dem Körper zu leiten, ohne gesteigertes Ghee trinken. Unterstützt wird das Ganze mit speziellen pflanzlichen Formeln, entweder als Tablette oder in Form von Getränken. Heißes Wasser steht den ganzen Tag in Thermoskannen zur Verfügung, um den Prozess und das Verdauungsfeuer zu unterstützen.

Die Behandlungen sind kein Spaziergang, längst vergessene Emotionen und Tiefs können dazu gehören und der Körper braucht wie gesagt Ruhe ,um die verbleibende Kraft für die Entgiftung verwenden zu können. Diese Ruhe bekommt man im Sitaram auf jeden Fall, wenn man sich denn darauf einlassen kann. Und tatsächlich, mit der Zeit fühle ich mich auf einmal leicht, voller Energie und klar – ich bin verbunden mit meiner Kraft, dem Wissen und der Wirkung dieser uralten Heilkunst Ayurveda, so tief und so echt.

Unser Fazit: Das Sitaram Beach Retreat ist eine Kur wert

Wir können das Sitaram für jede*n empfehlen, der*due sich einer authentischen Pancha Karma Kur öffnen möchte. Für das nächste Mal (ja, wir kommen wieder!) wollen wir auf jeden Fall mehr Zeit einplanen, am besten eignen sich 21 Tage. Als Frau solltest du die Kur, wenn möglich, um deine Menstruation herum planen.

Mehr Informationen zur Klinik findest du auf der Webseite des Sitaram.

Hast du noch Fragen? Dann hinterlasse gerne einen Kommentar!

Alles Liebe,
Dania und Julia

Fotos: Dania Schumann & Julia Wunderlich, Sitaram Beach Retreat
Disclaimer: Julia und Dania haben einen kleinen Rabatt auf den Preis der Kur bekommen. Als Zuschuss für die Recherche-Reise sozusagen.

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6 Kommentare / Schreibe einen Kommentar

  1. Schade, aber das ist keinem Panchakarma-Erfahrungsbericht.
    Es wird ja gar nicht von einer richtigen Panchakarma-Kur berichtet, da die beiden krank waren bzw. bei Menses wird die Panchakarma unterbrochen. Auch sind 2 Wochen viel zu wenig (4 Wochen sind eigentlich minimum), was die Profis wissen sollten.
    Kein Ghee trinken, kein Nasya, kein Shirodhara, keine Purgation? Nicht mal ein Dampfbad nach den Massagen? Einiges ist Dosha-Abhängig aber doch fester Bestandteile einer Panchakarma-Kur. Dann würde ich von dem erwähnten Resort eher abraten!
    Ich finde es schade, wenn ein falsches Bild vermittelt wird. Eine authentische Panchakarma ist nun mal kein Wellness-Retreat.

    1. hallo milena

      könntest du mir bitte einwenig mehr info zukommen lassen.

      da ich mir das geld hierfür hart erarbeiten muss, wäre mir sehr wichtig – das ganze wirklich richtig anzugehen – so dass ich dir wirklich sehr dankbar über deine infos wäre.

      meine email adresse – muppfel@live.de

      vielen lieben dank schon im voraus

      jutta

  2. Klingt sehr interessant. Habe schon mal von solch einer Kur gehört. Selbst würde ich auch gern irgendwann mal eine ähnliche Reise machen, um einfach zu entspannen und zu regenerieren. Liebe Grüße, Pete.

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