Mangelnde Bewegung, fehlende Routinen und Unmengen an Essensvorräten: Trotz schrittweiser Lockerungen prägen die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus nach wie vor unseren Alltag. Und langsam machen sich Folgen bemerkbar, auch auf der Waage.
Diverse Umfragen haben ergeben, dass Essen in Zeiten von Corona mehr im Fokus der Aufmerksamkeit liegt. Bestimmt mit ein Grund, warum zu Beginn der Pandemie viele dem Fitnesswahn verfallen sind. Doch die überschwängliche Euphorie hat bei den meisten längst nachgelassen und Klagen über unliebsame Corona-Kilos werden laut.
Wenn das Leben außerhalb der Komfortzone zum Dauerzustand wird
Die Corona-Pandemie ist aufgrund ihres dynamischen Charakters und ständiger Veränderungen im Umgang damit von Unklarheit geprägt. Es herrscht komplette Ungewissheit darüber, wie es in unser aller Leben weitergehen wird: beruflich, privat und überhaupt. Ich für meinen Teil weiß auch nach über drei Monaten noch nicht, wann ich meinen Mann in Indien besuchen darf und unter welchen Auflagen ich meine geliebten Workshops in diesem Jahr unterrichten kann steht auch noch in den Sternen.
Es herrscht ein allgemeines Wechselbad der Gefühle, das schnell für Überforderung sorgt und zu emotionalem Essen verleitet.
Wer sein Essverhalten bis dato im Griff hatte, kann spätestens jetzt zum*zur emotionalen Esser*in werden: Schokolade und Co. werden dazu genutzt, um unangenehme Gefühle zu betäuben, wovon es momentan ja so einige gibt. Das alltägliche Handeln der meisten ähnelt eher einem Krisenmanagement, als einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Arbeits- und Privatleben. Ein Ausnahmezustand, der jedoch nicht nur emotionales Essen triggert sondern, auch körpereigene Prozesse in Gang setzt, die unser Gewicht maßgeblich beeinflussen können.
Krisen sind eine Stressbelastung für den Körper, die für Gewichtsschwankungen sorgen.
Ein weiterer Faktor, der die ungewollten Corona-Kilos begünstigt sind die natürlichen Stressreaktionen unseres Körpers. Physische aber auch psychische Belastungen wie die derzeitige Corona-Krise führen dazu, dass unser Organismus in einen Kampf- oder Fluchtmodus versetzt wird. Ein Modus, in dem der Körper das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet.
Ursprünglich diente dieser Vorgang dazu, unser Überleben in Gefahrensituationen zu sichern. Während dieser Mechanismus vor vielen Jahrhunderten seine Berechtigung hatte, ist die körpereigene Reaktion heutzutage nur noch selten vonnöten. Unser Körper kann allerdings in den meisten Fällen nicht unterscheiden, ob es sich um eine echte Bedrohung handelt oder nicht. So führt, jegliche Art von Stress, ob lebensbedrohlich oder auch nicht, zur Ausschüttung von Cortisol.
Unser Gewicht wird also neben unserem Appetit auch von Blutzucker, Stoffwechsel und Fettverbrennung beeinflusst.
Das Fiese an dem Stressor Corona ist, dass er so omnipräsent ist und wir dem Thema nur schwer aus dem Weg gehen können. Es wird ein wenig brauchen, bis wir adäquate Skills im Umgang mit den neuen Gegebenheiten erlernt haben und bis es soweit ist, dürfen wir uns schlichtweg in Geduld und Vertrauen üben, dass unser Körper uns bestmöglich durch diese Zeit zu navigieren versucht.
Was wäre, wenn du dich der momentanen Situation einfach hingibst und deinem Körper vertraust, dass er gerade sein Bestes gibt?
Auch wenn es sich für dich vielleicht momentan anders anfühlen mag: Es ist okay, zuzunehmen! Vertraue darauf, dass die Gewichtsveränderung einfach eine Nebenwirkung der Krise ist, die sich wahrscheinlich auch wieder regulieren wird. Um deiner Verzweiflung mit diesem Thema dennoch ein wenig entgegenzuwirken, habe ich dir ein paar Tipps zusammengestellt, wie du diesem vielschichtigen Thema begegnen kannst.
So kannst du liebevoll mit Gewichtsschwankungen in der Corona-Krise umgehen.
Selbstoptimierungsfalle Corona: Krisen sind nicht die beste Zeit für Diäten
Auch wenn die viele Zeit in den eigenen vier Wänden manchmal anmuten lässt, wir seien im Dauerurlaub: Vergiss nicht, dass wir uns nach wie vor im kollektiven Ausnahmezustand befinden. In Krisen geht es darum, sie bestmöglich zu überstehen und nicht darum, perfekt entgiftet, maximal durchtrainiert oder als Sternekoch*köchin aus ihnen hervorzugehen. Und sie sind aufgrund der vielen neuen Herausforderungen gewiss auch nicht die beste Zeit, um eine Schlankheitskur zu starten. Wenn dich das schneller, weiter, höher der #stayhome Fraktion mehr triggert, als dass es dich motiviert, dann schaue dir doch meinen Artikel zum Thema Selbstoptimierungsfalle in Zeiten von Corona an. Darin erkläre ich, warum du gerade die Erwartungen an dich einen Gang herunter schrauben solltest.
Spiritueller Hunger: Den wahren Ursachen für dein Essverhalten auf den Grund gehen
Du kompensierst zurzeit deine Gefühle mehr mit Essen denn je? Zuallererst: Sei gut zu dir! Corona ist schlichtweg ein Ausnahmezustand, der dazu verleiten kann, das Gefühlschaos mit Essen zu betäuben. Beobachte dein Essverhalten und frage dich, warum du wirklich zum Essen greifst, obwohl du physisch gar nicht hungrig bist. Oftmals steckt hinter dem Essdrang ein ganz anderes Bedürfnis, das befriedigt werden möchte. Mache dich in diesem Zusammenhang gerne mit dem Konzept des Spirituellen Hungers vertraut.
Verurteile deinen Körper nicht
Das Schlimmste, was du momentan tun kannst, ist deinen Körper dafür zu verurteilen, wie er auf die Krise reagiert. Ja, vielleicht hat er sich in den letzten Wochen verändert, doch gewiss nicht, um dich zu ärgern. Es wird eine Zeit kommen, in der die Bedrohung abflacht und du wirst sehen, dass sich dein Körper dann vermutlich auch wieder regulieren wird. Am ehesten wird das der Fall sein, wenn du diese Phase liebevoll annimmst, anstatt dich krampfhaft dagegen zu wehren.
Du musst nicht zum*r Sternekoch*köchin werden, nur weil du theoretisch die Zeit dazu hättest.
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber meine Social Media Feeds sind voll mit Food Porn. Und gleichzeitig steigt mit jedem Scrollen gefühlt der Druck, essenstechnisch endlich auch mal kreativ zu werden. So kann Kochen für mächtig Stress sorgen: Rezept suchen, einkaufen, kochen, sauber machen. Wenn abenteuerliche Kochsessions für mehr Stress als für Freude sorgen, dann greife einfach weiterhin auf deine Standardgerichte zurück. Es geht schließlich darum, mit Essen den Körper zu nähren und keinen Schönheitspreis abzusahnen.
In Maßen, nicht in Massen einkaufen
Die meisten von uns tendieren momentan dazu, eher selten einkaufen zu gehen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die wenigen Male im Supermarkt mehr im Einkaufswagen landet. Die Folge: Der Kühlschrank ist brechend voll und die Versuchung, häufiger zu snacken, ist wahnsinnig groß. Falls du dich von deinem vollen Kühlschrank magisch angezogen fühlst, dann reflektiere dein Einkaufsverhalten eventuell nochmal. Um beim folglich häufigeren Einkaufen dennoch die Abstandsgebote einzuhalten, könntest du beispielsweise schauen, ob dein Supermarkt des Vertrauens einen Abhol- oder gar Lieferservice anbietet. Oder du bestellst dir eine Foodbox und unterstützt je nach Anbieter noch einen guten Zweck dabei.
Schränke deinen Nachrichtenkonsum bewusst ein
Die Welt richtet sich nach wie vor täglich neu aus, und das geht auf Kosten unserer Vorhaben und Pläne. Die Medien scheuen sich nicht, uns dies tagtäglich unter die Nase zu reiben. Der größte Fehler, den ich viele Wochen lang gemacht habe, war der uneingeschränkte Konsum aller möglichen Nachrichten. Während ein gewissen Maß an Informationen sicherlich notwendig ist, führt ein Übermaß eher dazu, dass unsere Ängste und Unsicherheiten mehr geschürt werden, als es vonnöten ist. Suche dir vertrauenswürdige Quellen und beschränke deinen täglichen Nachrichtenkonsum auf ein gesundes Maß.
Cortisolspiegel senken mit Asanas und Pranayama
Eine wunderbare Möglichkeit, um deinen Cortisolspiegel in Schach zu halten ist Yoga, da die beruhigende Wirkung der Praxis einer übermäßigen Produktion des Hormons entgegenwirkt. Vielleicht hast du Glück und dein Studio bietet bereits wieder Klassen vor Ort an. Wahlweise kannst du auch mit unserem FLGH Online Yoga Kit üben. Neben einer entspannenden Asanapraxis hat sich für mich vor allem die verlängerte Ausatmung Murccha Pranayama bewährt: Hierfür atmest du ganz normal ein und bewusst länger wieder aus. Dadurch wird der Parasympathikus angeregt, der Teil des Nervensystems, der für die Regeneration verantwortlich ist. Du kannst die Länge ganz intuitiv bestimmen oder aber auch gedanklich zählen und dann beispielsweise auf 1-2-3-4 ein- und auf 6-5-4-3-2-1 wieder ausatmen.
Abendroutine: Den Tag bewusst entspannt ausklingen lassen
Apropos Cortisol: Wälzt du dich abends unruhig im Bett und hast Probleme, entspannt durchzuschlafen? Auch daran könnte das Cortisol schuld sein. Eigentlich sollte dessen Gehalt im Blut zum Abend hin langsam sinken, um dich zu entspannen und besser einschlafen zu können. Schaust du jedoch vor dem Zubetgehen aufwühlende Nachrichten oder suchtest eine Serie nach der anderen, ist meist das Gegenteil der Fall: Körper und Geist sind aktiver denn je und du wirst unruhig.
Überlege dir eine neue Abendroutine, um den Tag in Ruhe ausklingen zu lassen. Teil dieser Routine könnten beispielsweise klare Offline-Zeiten, eine handy- bzw. laptopfreie Zone, Yoga, Lesen, Kerzen, Duftöle und entspannende Musik sein.
Dopaminfasten: Reizüberflutung adé
Den einzigen Detox, den ich dir zur Zeit wirklich ans Herz legen kann, ist ein Dopamine Detox. Dopamin wird zum Beispiel durch den Gebrauch von Drogen und Alkohol ausgeschüttet, aber auch Social Media sorgt für die Ausschüttung des sogenannten Erwartungshormons. Wir brauchen dann immer stärkere Reize, um dasselbe High zu erleben Um einer dauerhaften Abhängigkeit entgegenzuwirken, empfehle ich dir Dopaminfasten. Ähnlich wie bei der Abendroutine könntest du beispielsweise auch tagsüber immer mal wieder dein Handy in den Flugmodus versetzen oder unnötige Reize wie deinen Fernseher, Laptop, etc. ausschalten, um deine Umgebung möglichst reizarm zu gestalten.
Ich hoffe, dass meine Tipps dir dabei helfen, deinen Körper und die momentane Ausnahmesituation leichter anzunehmen.
Du bist mit deinem Gewicht und Essverhalten zufriedener denn je?
Spannenderweise haben mir einige Klientinnen erzählt, dass sie momentan im Bezug auf ihr Gewicht und Essverhalten eine noch nie zuvor dagewesene Zufriedenheit empfinden. Der Grund: Corona spielt ihnen in die Karten, weil sie ihren wahren Bedürfnissen beispielsweise durch weniger Freizeitstress und dafür mehr Zeit für die sich näher kommen, als zuvor – Corona-Bubble sei dank!
Solltest du ähnliche Erfahrungen machen, frage dich ganz bewusst, was sich seit Beginn der Krise in deinem Leben zum Positiven verändert hat und welche Veränderungen du langfristig beibehalten möchtest, wenn der Alltag sein gewohntes Tempo wieder aufnimmt.
Welche Veränderungen im Bezug auf dein Gewicht und dein Körpergefühl hast du in den letzten Wochen bemerkt?
Wie geht es dir damit und welche Tipps helfen dir beim Umgang damit? Ich bin wirklich total gespannt auf deine Erfahrungen, die du gerne mit uns unten in den Kommentaren teilen kannst.
xoxo
Franzi
Titebild © Franziska Krusche
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- Intuitives Essen – Hype oder Lebenseinstellung?
- Franzi bietet auch in diesem Jahr wieder ihre Workshops zum Thema Yoga & Emotionaler Hunger an. Vielleicht hast du ja Lust in der ein oder anderen Stadt mit dabei zu sein? (Alternativ jetzt auch als Online-Workshop). Aktuelle Termine: Hamburg 28./29.08.21, Köln 04./05.09.21, München 11./12.09.21
- Podcast Tipp: Yoga Girl Rachel Brathen hat in der Selbstisolation acht Kilo zugenommen und spricht darüber, was die Gewichtszunahme mit ihr gemacht hat und wie sie damit umgeht.
4 Kommentare / Schreibe einen Kommentar
Das muss ja wirklich schlimm sein..ich hoffe diese ganzen Tips helfen uns sorgen nicht noch mehr für Druck bei diesen Menschen. für mich kann ich nur sagen, seit Februar 10kg runter, fühle mich so glücklich und zufrieden wie nie zuvor. Mache einfach mehr Sport und weniger Restaurants. Endlich ernähre ich mich aucu zu 100% vegan und muss durch homeoffice keine Essenszeiten/Strukturen mehr einhalten. Icu liebe kochen umso mehr :) Bald geht mein Foodblog online
Mal wieder ein toller Beitrag, Franzi <3 Danke!
Beige Vorräte ade
Green & Move now
Moin Moin, danke, ja es betrifft doch so einige
Bei mir sind es laut Waage nur zwei Kilo, da aber Muskeln schwerer sind als Fett, sind es final und auch gefühlt 4 Kilo, puh, aber gestern ging Off Yoga im Studio endlich wieder los (ich mag online weniger) und ich freu mich wie Bolle, und alle beigen Vorräte habe ich nun auch aufgefuttert, das war so ein Bullshit, nun sind die eher bunt (Obst/Gemüse) und das ist gut so… Ende Juni an der Ostsee wird sich auch wieder viel mehr bewegt, der Sommer kann kommen
So gibt es dein Workshop auch online?
Ja, es ist total spannend, dass sich das Gewicht – in welche Richtung auch immer – bei wirklich vielen während des Lockdowns verändert hat. Obwohl online eine tolle Alternative ist, freue ich mich auch schon meine Matte wieder im Studio ausrollen zu können.
Die Workshops gibt es aktuell nur als Veranstaltungen vor Ort und ich freue mich wahnsinnig, dir mitteilen zu können, dass auf meiner Homepage (und auch hier im Artikel) die neuen bestätigten Termine zu finden sind. Schau gerne mal vorbei! <3
http://theheartofbalance.com/de/workshops-2/