Hochsensibel? 5 Tipps gegen energetisches Burn-Out

Bis vor ein paar Jahren hatte ich keinen Zweifel daran, normal zu sein. Für Außenstehende führte ich ein nahezu perfektes Leben: Abi mit Bestnote, Psychologiestudium, Fernreisen. Innen fühlte sich das allerdings anders an: Seit meinem 13. Lebensjahr litt ich unter allen erdenklichen Essstörungen. Ein verdammt hoher Preis, den ich zahlte, um zu funktionieren. Ich war, wie die Welt mich haben wollte: überangepasst und reibungslos.

Ich gehörte zu den chronischen Ja-Sager*innen und vermied Unannehmlichkeiten um jeden Preis. Bis ich anfing, Yoga zu üben.

Mit zunehmender Yogapraxis wuchs auch die Kluft zwischen mir und dem Leben, das ich führte. Ich merkte: Du machst dir was vor! und machte mich auf die Suche nach mehr Authentizität, nach einem Leben, das zu mir passte.

Plötzlich wurden die “normalen” Dinge des Lebens mehr und mehr zur Herausforderung.

Ich ließ Gefühle zu und konfrontierte mich mit den Schattenseiten des Lebens. Ich kam mir selbst spürbar näher in diesem Prozess. Gleichzeitig distanzierte ich mich jedoch von meinem Umfeld und verbrachte viel Zeit mit mir selbst. Viele Tätigkeiten, die den meisten Menschen Vergnügen bereiten, empfand ich als Belastung: Shoppingtouren, gut besuchte Partys, Treffen mit Freund*innen und Bekannten. Die Liste der Aktivitäten, die bei mir mehr Kopfschmerzen als Glücksmomente verursachen, ist lang.

Ich isolierte mich und fühlte mich oft schuldig für mein Verhalten.

Bis ich im Yoga auf eine Person traf, die meine Erfahrungen teilen konnte. Durch sie erfuhr ich: Es geht vielen so. Die moderne Psychologie kennt für dieses Phänomen sogar einen Fachbegriff, nämlich den der Hochsensibilität.

Ich fing an mich in das Thema einzulesen und war zunächst entsetzt, wie sehr es auf mich zutraf.

>> Buchtipp: Hochsensibilität: Empfindsamkeit leben und verstehen*

Wo andere einen Filter tragen, schleppe ich einen Trichter mit mir herum.

So in etwa kannst du dir das Phänomen der Hochsensibilität vorstellen: Die meisten Menschen grenzen sich von den Reizen der Umwelt in gesundem Maße automatisch ab. Sie sortieren unbewusst aus, welche Informationen sie aufnehmen und welche nicht. Ein Schutzmechanismus.

Anderen fehlt dieser natürliche Filter. Stattdessen prasseln Informationen und Sinnesreize ungefiltert auf sie ein. Dies kann schnell zur Überforderung führen, die sich durch physische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder allgemeines Unwohlsein bemerkbar macht.

Dabei beschränkt sich diese Sensibilität bei Weitem nicht nur auf das Hören, Sehen, Riechen, Schmecken oder den Tastsinn. Hochsensible nehmen Stimmungen und Energien viel intensiver wahr als der Rest ihres Umfelds. Ihre Intuition wird von Außenstehenden oftmals als störend empfunden, weswegen man sie auch gerne als “Sensibelchen” abstempelt.

Heute sehe ich meine Hochsensibilität als Gabe.IMG_7108 (1)

Dabei ist sie ein Geschenk, das oft viel zu spät angenommen wird. Fast jede*r Fünfte weist Merkmale von Hochsensibilität auf. Auch wenn sie gerne mal verteufelt wird, ist sie genau genommen eine Gabe. Obwohl mich meine Feinfühligkeit zunächst furchtbar angestrengt hat, habe ich im Laufe der Zeit gelernt, sie als etwas Wunderbares anzunehmen. Meine feinen Antennen gehören heute genauso zu mir wie der Hang zur Spiritualität.

Vor allem der Austausch mit anderen Betroffenen hat mir gezeigt, dass sich hinter der Fähigkeit, mehr wahrzunehmen als andere, in Wirklichkeit ein riesengroßes Geschenk verbirgt. Hochsensible Menschen sind nicht zuletzt fantastische Zuhörer*innen und ideale Partner*innen für tiefsinnige Unterhaltungen.

Auch heute noch stehe ich ständig vor Herausforderungen. Ich habe oft den Eindruck, nicht zwischen meinen eigenen Emotionen und denen von anderen unterscheiden zu können, ein Zustand, der mich unglaublich schnell auslaugt. Und auch die eigene Gedankenwelt, die sich ständig im Kreis dreht, belastet mich. Meine Dünnhäutigkeit überfordert mich oft.

Mein Umgang mit Hochsensibilität – 5 Tipps

Aber ich habe einen Weg gefunden, damit umzugehen. Wenn du dich in dem ein oder anderen Satz wieder erkennst und nach Möglichkeiten suchst, dich besser zu fühlen, dann gebe ich dir folgende Tipps:

1) Umarme dein Geschenk und tausche dich aus

Der erste und wichtigste Schritt in ein befreites Leben ist es, die eigene Sensibilität anzuerkennen. Beschäftige dich mit dem Thema und öffne dich dafür, sofern es auf dich zutrifft. Lass deine Gefühle zu und nimm dich mit all deinen Facetten an. Begib dich auf die Suche nach Menschen, die deine Erfahrungen teilen. Du wirst sehen, dass du dich umgehend besser fühlst, denn: Du bist normaler als du denkst.

2) Verabschiede dich von Energievampiren

Gewisse Aktivitäten, aber auch der Austausch mit bestimmten Menschen, können einen manchmal ziemlich auslaugen. Kennst du solche Energievampire in deinem Alltag, die regelmäßig zu Kopfschmerzen & Co. führen? Kannst du dich gezielt von einigen lösen?

3) Pratyahara für Hochsensible

Zieh dich bewusst von deinen Sinnen zurück. Gönn dir Pausen, in denen du dich von unnötigen Reizen fern hältst. Mein Favorit: Begib dich auf einen kurzen Digital Detox. Schalte dein Handy aus und leg deinen Laptop für ein paar Stunden zur Seite. Nimm dir eine Auszeit an einem ruhigen Ort, an dem du mit geschlossenen Augen tief durchatmen kannst, um deine eigenen Batterien wieder aufzuladen.

4) Murccha Pranayama

Die verlängerte Ausatmung oder auch: Der Himmel auf Erden. Für mich der schnellste Weg zur Entspannung. Und so geht’s: Schließe deine Augen und atme tief ein. Zähle währenddessen innerlich deine Einatmung. Atme nun aus, und zwar genau 2 Zähler länger als du eingeatmet hast. Beispiel: Du hast auf 4 eingeatmet, dann zählst du beim Ausatmen nun bis 6.

5) Überdenke deine Laster

Alkohol, Zigaretten, oder wie in meinem Fall die Essstörung: Es gibt viele Möglichkeiten, sich selbst aus dem Weg zu gehen. Trinkst du gerne mal ein Glas zu viel, weil es wirklich so viel Spaß macht oder steckt da vielleicht mehr dahinter? Nimm deine Laster unter die Lupe und finde heraus, ob sie nicht eher ein Versuch sind, unangenehme Empfindungen zu vermeiden.

Ich bin schon sehr gespannt auf deine Erfahrungen und freue mich, wenn du sie in den Kommentaren teilst.

xoxo
Deine Franzi

Buchtipps:

Bei den mit * gekennzeichneten Links handelt es sich um Affiliate-Links. So erhalten wir eine kleine Provision, wenn du ein Produkt kaufst, und FLGH kann für dich kostenlos bleiben.

Das könnte dich auch interessieren:

10 Kommentare / Schreibe einen Kommentar

  1. Vielen Dank für diesen Beitrag.
    Es liest sich beinahe wie meine eigene Geschichte und auch bei mit war es der Moment der vollkommenen Akzeptanz meiner Feinfühligkeit und damit meiner Selbst, die zur innere Veränderung geführt hat.
    Es war der Beginn eines wundervollen Weges zu mir selbst. Und heute weiß ich diese Gabe zu schätzen. Allein aus dem Grund, weil ich fest daran glaube, das alles was uns passiert im Leben, all unsere Stärken und Schwächen einem Sinn haben…
    Ich habe meine vermeintlichen Schwäche betrachtet und mich gefragt, was kann der Sinn dahinter sein?
    Das war der Start der beruflichen Veränderung, denn als Yogalehrerin und Lomi Therapeutin ist Hochsensibilität tatsächlich eine Gabe. Es ist für mich noch keine Last mehr. Es ist für mich ein wahres Geschenk.
    Und ich glaube, das jeder mt dieser Gabe diese in sich aus einem bestimmten Grund trägt. Diesen herauszufinden und positiv zu nutzen… Das kann für jeden eine Lebensaufgabe sein, die wirklich sinnvoll ist.
    Ich wünsche allen ganz viel Freude und Kraft mit dieser Gabe.

  2. Liebe Franzi,

    vielen Dank für den Artikel. Ich hab mich noch nie mit dem Thema beschäftigt und erkenne Vieles aus meinem eigenen Alltag wieder.
    Mir kommt es oft so vor als hätte ich weniger Energie als andere Menschen und ich brauche phasenweise sehr viel Rückzug und Zeit für mich, um mich und meinen Körper stabil zu halten. Ich mache dann ganz sanftes Yoga und meditiere. Pranayama mit verlängerter Ausatmung wie du es vorschlägst habe ich auch ausprobiert und kann damit gut runter fahren.

    Es fällt mir oft schwer mir diese gefühlte „Schwäche“ zuzugestehen. Besonders schwierig ist es in Phasen, in denen ich viel zu tun habe. Da passiert es ganz schnell, dass ich unbewusst zu Süßigkeiten greife, um mir Energie zu holen, anstatt eine Pause zu machen. Sobald der Stress dann vorbei ist, bekomme ich von meinem Körper die Quittung mit Magenproblemen.

    Ich glaube nicht dass es bei mir schon immer so war, früher war es mir jedenfalls viel weniger bewusst. Ich konnte besser trennen zwischen den Gefühlen, Sorgen, Ängsten der anderen und meinen eigenen und habe mich nicht so leicht verunsichern lassen.

    Momentan geht es bei mir glaub ich darum zu lernen, wie ich diese Eigenschaft gut in mein Leben und Arbeiten integrieren kann. Gerade beim Yoga Unterrichten möchte ich meine Intuition ja gerne einsetzen, gleichzeitig gelingt es mir nicht immer bei mir zu bleiben und dann kann es schon mal passieren, dass mich eine Stunde total aus dem Gleichgewicht bringt. Naja, genau sowas gehört ja auch zum Lernen dazu :)

    Danke für deine Anregungen!

    1. Liebe Jenny,

      auch ich habe das Gefühl, dass es mit zunehmenden Alter intensiver wird. Wobei ich sagen muss, dass ich früher eine starke Tendenz hatte meine Gefühle mit Essen (Essstörung) oder auch Alkohol auszublenden. Das mache ich heute nicht mehr und umso intensiver erscheint mir meine Hochsensibilität oft. Ich habe mein Berufsleben so angepasst, dass ich in meinem Rhythmus arbeiten kann, ohne dass ich mich durch meine Feinfühligkeit (Stressanfälligkeit) benachteiligt fühle. Das hat mir sehr geholfen. Dennoch gibt es Phasen, in denen ich an meine Grenzen komme und bewusst spüre, dass ich nicht ganz bei mir bin (zum Beispiel auf langen Geschäftsreisen). Mit viel Übung und Geduld mir selbst gegenüber konnte ich allerdings lernen, solche temporären Zustände zu akzeptieren. Ich gleiche diese Phasen dann im Anschluss gerne mit besonders viel Zeit für mich selbst aus.

      Dir alles Liebe.
      Franzi

  3. Hallo Franzi,

    ich praktiziere seit mehr als 7 Jahren aktiv Yoga und habe vor einiger Zeit meine Yoga Lehrer Ausbildung abgeschlossen. In dieser Zeit wurde mir meine feinfühlige Sensibilität im Umgang mit meinem Umfeld noch deutlicher. Ich habe intuitiv schon lange vor der aktiven Yoga Praxis und meiner Ausbildung gemerkt, dass ich sehr sensible auf Schwingungen reagiere. Da spricht dein Text mir genau aus der Seele. Ich kenne jedes dieser Gefühle zu gut.
    Was meine Sensibilität angeht, kann ich stark mit anderen Personen mitfühlen (es geht dann auch soweit, dass ich selbst dann total unzufrieden mit mir und meinem Leben werden kann). Oft laufen meine Gespräche mit anderen so, dass ich sehr viel zuhöre, viel Trost, Mut meinen Gesprächspartnern zuspreche oder mich einfach mit Ihnen mitfreue. Dabei bekomme ich dann häufig die Rückmeldung, dass sich die Personen nach dem Gesprächen mit mir viel besser fühlen. Einige male hörte ich auch, dass ich wie eine Ladestation für andere bin. Die Energie Vempier Problematik ist mir auch bekannt. In meinem engenen Freundeskreis habe ich Personen, die ich dazu zählen kann. Hast Du einen Tipp, wie ich diesen Personen mehr aus dem Weg gehen kann ohne denen dabei auf den Schlips zu tretten. Ich habe schon oft mit sehr wenig Kontakt probiert und habe mich von diesen Personen zurückgezogen. Doch das hilft nicht wirklich aus.

    Ich danke Dir für deine Tipps.
    Namaste
    Anna

    1. Liebe Anna,

      im eigenen Freundeskreis fällt es uns besonders schwer auf Rückzug zu gehen, immerhin wollen wir uns nicht vollkommen abkapseln oder isolieren. Es ging mir früher nicht anders. Und ich habe für mich festgestellt, dass es die Mischung macht! Heute treffe ich mich mal mit „Energievampiren“, die mir sehr am Herzen liegen und dann wiederum mit Menschen, bei denen ich die Batterie mal aufladen kann. Ich versuche mein Gleichgewicht zu halten, indem ich mich nicht nur aussaugen lasse und das funktioniert tatsächlich gut. Frag dich einfach hin und wieder, wie oft du als Batterie dienst und wie oft du mal aufladen darfst und passe die beiden an, sofern sie sich gravierend voneinander unterscheiden. Zudem habe ich gelernt, mir Treffen mit Menschen, die mich viel Energie kosten, ganz bewusst anzugehen. Ich gönne mir davor und danach viel Zeit und Ruhe, statt geradewegs in eine andere stressige Aktivität überzugehen (Arbeit, etc.). Nichtsdestotrotz musste ich lernen viel häufiger „nein“ zu sagen und darauf zu hören, wenn es mir einfach zu viel wurde. Vielleicht hilft dir das ein klein wenig weiter.

      Liebe Grüße,
      Franzi

  4. Hallo Franzi,
    vielen Dank für den tollen Artikel und deine Tipps. Ich halte mich für auch „betroffen“. Ich bin super sensibel für die feinsten Schwingungen in der Luft und Stimmungsschwankungen und erkenne z. B. Emotionen in den Gesichtern anderer besonders gut. Auch fremdschämen tue ich mich sehr extrem, ich kann mich dann nur schwer von den Personen abgrenzen.
    Eine Zeit lang habe ich diese Fähigkeit als sehr angenehm empfunden (ich bin mir schon länger darüber bewusst, dass ich sie besitze) . Ich habe mich sogar ein wenig „mächtiger“ und klüger als andere gefühlt, hatte das Gefühl, dass ich anderen ein wenig voraus bin durch meine Intuition und sie durchschaue. Aber das hat sich leider etwas gewandelt. In der letzten Zeit empfinde ich es eher als Belastung. Ertappe mich immer wieder beim emotionalen Essen, wahrscheinlich um meine Gefühle zu betäuben. Bin in der Interaktion mit anderen Menschen extrem verunsichert und habe Probleme damit ihnen sozial erwünscht entgegenzutreten bzw. mache mir Gedanken, wie ich mich sozial erwünscht verhalten kann (Z. B. mache ich mir total den Kopf darüber, wie ich auf andere wirke, wie ich Smalltalk halten soll, welche Themen (un)angemessen sind usw.). Erschreckenderweise habe ich das sogar mit guten Freunden, dass ich mir auf einmal viel zu viele Gedanken mache und total nervös bin. Keine Ahnung, woher das kommt. Ich werde auf jeden Fall versuchen deine Tipps zu beherzigen, mich ein bisschen in Fachliteratur einzulesen und meine Einstellung wieder zu ändern.
    Liebe Grüße, Julia

    1. Liebe Julia,

      Unsicherheiten vor allem in der Interaktion mit anderen Menschen kenne auch ich zur Genüge. Meine Gedanken springen schnell und lassen mich nervös werden. Ich nehme mir immer gerne eine Tasse Tee, wenn sich die Möglichkeit bietet. Mich beruhigt ein warmes Getränk und ich versuche bewusst wieder bei mir anzukommen, wenn ich bemerke, dass es „wieder losgeht“.

      Viel Spaß beim Ausprobieren der Tipps!

      xoxo
      Franzi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*