Superfoods. Bei diesem Thema gehen die Meinungen auseinander und die Gemüter erhitzen sich in Diskussionen über Grüne Smoothies und andere Food Trends. In diesem Artikel geht es nicht um richtig oder falsch, sondern darum, auf deinen Körper zu hören und um die Kunst des „einfachen“ Essens. Weg von Trends und hin zur wahren Bedeutung eines Lebensmittels.
Zu allererst: Es gibt nicht DAS Superfood
Warum? Jeder Mensch ist anders und Lebensmittel werden von unterschiedlichen Menschen je nach Typ unterschiedlich aufgenommen. Zudem leben wir in unterschiedlichen klimatischen Bedingungen, mit unterschiedlichen Nahrungsmitteln, an die wir uns aus gutem Grund angepasst haben. Im Ayurveda heißt es, dass die Pflanzen die Besten für uns sind, die in unserer unmittelbaren Umgebung wachsen.
Kokoswasser ist super, ideal für tropische Klimate durch seine kühlenden Eigenschaften. Für Frostbeulen im deutschen Winter aber definitiv kontraproduktiv. Genauso Moringa: Im Ayurveda seit Jahrtausenden als Heilpflanze genutzt und weniger wegen seiner nutritiven Eigenschaften gleicht das Vata und Kapha Dosha mit seinen erhitzenden Eigenschaften aus. Auf Dauer also nichts für hitzige Pitta Typen.
Und dann gibt es da noch die Tendenz persönliche Erfahrung zu verallgemeinern: Was für mich gut ist und mir geholfen hat, muss auch anderen helfen und ist DIE Lösung für Krankheit XY. Darüber wird dann auch gleich ein Buch geschrieben mit der einzig wahren Wunderheilung. Es ist ja toll, dass es für einen und vielleicht auch mehrere Menschen der richtige Weg ist, nur wird das leider kaum auf alle zutreffen.
Der Trugschluss: Sich auf die rein ernährungswissenschaftliche Betrachtungsweise beschränken
Lebensmittel sind mehr als nur eine Ansammlung von Nährstoffen oder sekundären Pflanzenstoffen. Genauso wie wir mehr sind als nur Zellansammlungen, die Proteine, Fette, Kohlenhydrate und Vitamine benötigen, damit sie funktionieren. Wir sollten Nahrungsmittel nicht nur danach bewerten, was sie enthalten, sondern auch ob wir die Nährstoffe überhaupt aufnehmen können. Das Vitamin B12 aus Algen wie Spirulina ist für uns sogar gar nicht bioverfügbar, das aus Chlorella Algen nur bedingt. Und oft sind die Smoothies oder Raw Cakes voll mit einer wilden Mischung an Superfoods und weisen eine solch hohe Nährstoffdichte auf, dass unsere Verdauung damit schlichtweg überfordert ist. Ebenso wird keine Rücksicht darauf genommen ob diese Lebensmittel in ihrer Kombination überhaupt verträglich sind – das heißt antagonistische Nahrungsmittel. Letztendlich führt all dies zu unzureichend verdauter Nahrung, die sich im Körper ansammelt und im Ayurveda als „Ama“ bekannt ist. Die Ursache Nr. 1 für Krankheiten.
Smoothies – Green Fastfood?
Smoothies werden auch als „Fast Good“ gehandelt. Gesundes Fast Food also. Ich glaube, dass kein Essen „schnell“ sein sollte. Zum Essen sollten wir uns Zeit nehmen. Zeit zum Schmecken, Genießen und Kauen. Kauen ist übrigens ein wichtiger Aspekt, der bei Smoothies vernachlässigt wird. Die Nahrung wird zum einen nicht eingespeichelt, das heisst die Vorverdauung im Mund entfällt. Zum anderen werden durch den Kontakt der Nahrung mit den Geschmacksrezeptoren der Zunge wichtige Signale ans Gehirn gesendet, die den Verdauungstrakt darüber informieren, was da gleich so auf ihn zukommt. Für Menschen, deren Grundkonstitution eine sensible Verdauung aufweist, treten durch Grüne Smoothies außerdem häufig Verdauungsprobleme, ständiges Kältegefühl und das Gefühl nicht richtig geerdet zu sein auf. Dabei gibt es natürlich auch Tricks wie du deinen Smoothie besser verträglich machst und genau auf dich abstimmst.
Nicht bei den Nährwertangaben zu finden: Die Wertschätzung von Lebensmitteln
Wann haben wir eigentlich angefangen Lebensmittel als Feind zu sehen? Gesund – ungesund, Superfood – Bad Food. Natürlich ist Industriefood kein förderliches Essen, aber wenn Weizen oder Kohlenhydrate ohne Grund auf die rote Liste gesetzte werden und die Wertschätzung für unsere tägliche Nahrung verloren geht, dann grenzt das an Orthorexie – so nennt man es wenn gesunde Ernährung zum Zwang wird. Das Gegenteil ist das pure Streben nach Genuss oder Essen als Lösung für Emotionales.
Dabei fällt mir immer wieder auf, wie viele „neue“ Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten mittlerweile aufgetaucht sind. Ich denke, dass dies ein Symptom unseres immer schwächer werdenden Verdauungssystems ist, das wir nicht richtig pflegen und das wir zusätzlich noch täglich überfordern. Irgendwann sagt der Körper eben STOPP; mit einer heftigen Reaktion!
Eine andere Betrachtungsweise liegt darin, wie unglaublich stark unser Geist unser Empfinden beeinflusst: wie weit hat uns unser „Wissen“ über Ernährung bereits im Griff? Zwängen wir uns den Smoothie rein weil er vermeintlich gesund ist und schlagen beim Sonntagskaffee dafür Omas mit Liebe gebackenen Kuchen aus? Das heimische Gemüse kann gegenüber dem importierten Superfood nur noch im aktuellen Trend der Food Fotographie bestehen? Denn auch durch Instagram, Facebook und Co. hat ein extremer Wandel unserer Vorstellung eines Essens eingesetzt. Die Präsentation von Essen inklusive aller dafür nötigen Accessoires hat damit einen gänzlich neuen Stellenwert bekommen und dazu geführt, dass wir unsere Wertschätzung über ein Essen immer mehr über dessen optischen Auftritt definieren. Wie sehr unser Geist aber auch den Zufriedenheitsfaktor beeinflusst, ist uns meist gar nicht klar, vor allem nicht, dass wir dies bewusst beeinflussen können.
Deswegen bin ich für mehr Wertschätzung von Essen generell und vor allem des heimischen Gemüses – auch hier gab es einmal mehr Sortenvielfalt, die durch unsere Ansprüche und Vorstellungen immer mehr schwindet. Was wir dabei auch vergessen: das Potenzial von Nahrung auf unser emotionales Gleichgewicht, wie zum Beispiel die erdende Wirkung von Wurzelgemüse – ein idealer Stressausgleicher!
Was ist deine Motivation?
Ich finde es wichtig, sich mit der Verantwortung für seine eigene Gesundheit auseinander zu setzen. Dabei ist es aber nur zu leicht sich von den Versprechungen der Industrie und des Marketings verleiten zu lassen. Gesundheit ist längst auch ein Geschäft. Daher sollten wir ab und an auch einmal inne halten und uns fragen: Was erhoffe ich mir eigentlich von einem Nahrungsmittel oder einer Diät? Traumkörper, Gesundheit, Jugend? Statt Selbstdiagnose und dem ständigen Gefühl der Überflussgesellschaft, dass uns irgendetwas fehlt, sollten wir uns auf das Wesentliche beschränken. Das bedeutet nur die „Superfoods“ oder im Ayurveda als „Rasayanas“ (Lebensenergie-Spender) bekannt, einzunehmen, die für unseren Zustand und unseren Körpertyp wirklich Sinn machen und aufgrund einer Diagnose des Therapeuten deines Vertrauen gestellt wurde. Die menschliche Evolution haben wir sicherlich keinen Superfoods zu verdanken.
Die goldene Mitte
Für mich müssen sich verschiedene Philosophien nicht bekriegen. Wie so oft ist eher eine Frage des Gleichgewichts: hör lieber auf deinen Bauch als auf irgendwelche Nutrition Sheet Facts – probier aus was dir am Besten bekommt, und ob die Jahreszeit und Tageszeit und die Situation einen Unterschied machen. Smoothies in richtiger Zutaten-Kombination können durchaus in dein Ernährungskonzept passen, aber auch hier gilt: die Menge macht’s. Ayurveda als Wissenschaft des Lebens schreibt keine Verbote und strengen Regeln, denn das Leben funktioniert nun mal nicht danach. Frische, unbehandelte Nahrungsmittel zählen natürlich trotzdem zu den idealen Versorgern von Geist und Körper. Und wenn ein Green Smoothie deine Energie pusht, dann war das in dem Moment eben genau das Richtige. Und wenn es zu einem anderen Zeitpunkt ein gekochtes Gemüsecurry oder ayurvedischer Brei ist, hat das genauso seine Richtigkeit. Und vor allem hilft es, ein bisschen mehr Wertschätzung für unsere guten alt-bewährten heimischen Nahrungsmittel aufzubringen.
Alles Liebe,
Dania
9 Kommentare / Schreibe einen Kommentar
Danke für deine Zeilen. Ich stimme dem überein- die Intuition ist das wichtigste um die richtigen Nahrungsmittel und Zubereitung zu finden. Nur braucht es auch einen Weg, erst mal wieder zu dieser Intuition zu kommen. Und: grüne Smoothis sind z.B. ein Weg wieder zu der Intuition zu finden. Und: es wird z.B. von Opitz deutlich darauf hingewiesen, dass grüne Smoothies kein Fastfood, sondern eine vollwertige Mahlzeit sind, für die man sich 20 min Zeit lassen sollte. Wichtig ist auch das kauen & einspeicheln, nicht einfach herunterschlucken- also ich glaube auch da gibt es viele Missverständnisse.
Vielen Dank für diesen Artikel! Besonders mit dem Abschnitt über den Smoothiekult sprichst du mir aus der Seele. Der Trend ist ohne Frage super praktisch, WENN man weiß wieviel Gemüse / Obst (auch in pürierter Form) überhaupt auf einmal vom Magen gut vertragen wird. Manchmal habe ich jedoch das Gefühl, dass sich viele Menschen durch einen Smoothie ihr gutes Gewissen holen wollen, etwas für ihre Gesundheit getan zu haben, während sie ohne Pause und Durchatmen von Termin zu Termin hasten. Am schlimmsten ist es da noch, fertige Billigsch***** in Plastikbehältnissen zu kaufen! Mega gesund und so, genau…..
Sich zum Essen und dessen Zubereitung mehr Zeit zu nehmen und die Kauwerkzeuge zu benutzen, würde nicht nur dem Magen gut tun, sondern auch der Entschleunigungspraxis :-).
Ein sehr interessanter und aufschlussreicher Beitrag, welcher mich in meinem Verhalten bestätigt! Ich liebe gutes und vor allem auch gesundes Essen. Zudem bin ich irgendwie immer die Letzte die noch isst, weil ich echt langsam esse und es genieße.. Trotz dessen habe ich beispielsweise eine Abneigung gegen grüne Smoothies und verspeise sie eben nicht! Ich probiere stets auf meinen Körper zu hören, was er mag und mit ein bisschen Übung verrät er es mir! Danke für deine Blickwinkel!
Alles liebe Maren von hippi4life.de
Danke für diesen schönen Artikel – die meisten Punkte sehe ich genau so. Bei den grünen Smoothies ist glaube ich der Trendfaktor wieder ein Grund warum sie inzwischen nur noch als gesundes „fast food“ gelten, wo doch die eigentliche Idee dahinter so sinnvoll ist.
Wer sich richtig informiert hat, macht sie zum einen selber, packt nicht zu viel rein, kauft regional, kombiniert nicht mit stärkehaltigem Gemüse (Thema Verträglichkeit) und zelebriert und genießt das langsame Trinken dieser Speise (Thema Verspeichelung).
Liebe Dania,
wie Wahrheit ist, es ist ein Trend und wie immer wird es voll ausgenutzt. :)
Es gibt auch sehr sehr viele Menschen, die einfach schwören, dass sie dadurch besser leben würden. ;P
Grüße
Tebia
Liebe Tebia, das stimmt. Vielleicht hilft auch wirklich manchmal der Placebo Effekt, ist ja auch super :)
Liebe Grüße,
Dania
Liebe Catalina,
wie ich finde ein großartiger Bericht über die Nahrungshysterie die im Moment statt findet. Vielen Dank dafür!
‚Bauchgefühl‘ ist das Zauberwort und dieses muss wieder mehr in die Köpfe der Menschen gebracht werden.
Liebe Grüße
Michaela
Danke, danke, danke! Für’s Bestärken des eigenen „Bauchgefühls“ und die treffenden Worte!
Lieber Gruß,
Catalina
Liebe Catalina, sehr gerne – das Bauchgefühl wird auch wirklich viel zu oft verunsichert :)
Liebe Grüße,
Dania