Zum Welt-Vegan-Tag: Wie ich es geschafft habe, auf Fleisch zu verzichten

Neulich fragte mich eine Freundin, die ich sehr liebe und schätze, warum sie auf Fleisch verzichten solle. Schließlich sei es ein großer Genuss und der Verzicht wäre ein Beschnitt der Lebensqualität, der nicht im Verhältnis mit der Wirkung stünde. Außerdem könne man die Welt nicht durch den Verzicht von tierischen Produkten retten. Es gäbe schließlich genügend andere Baustellen auf unserer Erde, denen wir uns zuwenden müssten.

Veganismus löst nicht die Probleme unserer Welt.

Auf den ersten Blick hat sie damit Recht. Unsere Welt scheint kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung titelte neulich passend: „Das Jahr der Kriege, Seuchen und Terror“. Massentierhaltung scheint vor dieser Kulisse zunächst ein Erste-Welt-Luxus-Problem zu sein, mit dem wir uns von dem Horror, der unsere Welt heimsucht, ablenken. Und schließlich isst die Kanzlerin auch Fleisch. Manche Soziologen gehen noch einen Schritt weiter und attestieren dem Veganismus einen Distinktionsmechanismus á la

Wir sind die Guten, Gebildeten. Ihr seid die dummen, ignoranten Fleischfresser.

Es gibt auch lustige Argumente gegen den Verzicht auf tierische Produkte, wie zum Beispiel:

Veganismus ist was für magersüchtige Modeblogger.

Am abschreckendsten waren für mich aber die direkt spürbaren sozialen Konsequenzen: Unten in meinem Haus ist ein hippes Barbecue Restaurant. Auf ungestylt gestylte Berlin-Mitte-Menschen, die T-Shirts mit der Aufschrift „Meat“ tragen, gehen hier ein und aus und stehen für ihr Stück Fleisch Schlange. Auch ich hing dort regelmäßig ab und freundete mich mit den coolen Jungs an, die den Laden mit größter Leidenschaft betreiben. Wie sollte ich ihnen erklären, dass ich künftig kein Pastrami mehr essen würde, ohne sie in ihrer Ehre zu kränken und als mega-uncoole Mode-Veganerin abgestempelt zu werden?

Alle diese Punkte hielten mich lange davon ab, mich genauer mit dem Thema Fleisch und die Benutzung tierischer Produkte zu beschäftigen. Bis ich eines Tages im Jivamukti Yogastudio in Mitte landete und die Lehrerin die Stunde mit folgendem Mantra eröffnete: „lokah samastah sukhino bhavantu“. Soll heißen:

Mögen alle Lebewesen glücklich und frei sein.

Bääääähmmm, die Message traf voll in mein Herz. Es lag wahrscheinlich auch an der heiligen Stimmung, dem gemeinsamen Chanten und der Begleitung des Harmoniums. Aber es hat gewirkt. Fortan öffnete ich mich für den Gedanken, dass Tiere Essen Steinzeit-Style ist. Zwar sind die Tiere selbst kein gutes Vorbild, denn sie fressen ja selbst alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, doch im Gegensatz zu uns Menschen rauben sie nur zum Eigenverzehr und bringen so die Natur nicht aus dem Gleichgewicht und sie dominieren den Planeten nicht. Wir Menschen aber machen Beides: Wir bedienen uns maßlos an der Erde und wir haben Macht über alle anderen Lebewesen. Und damit leider auch die Verantwortung.

Als ich dann aber hörte, dass der gesteigerte Sojakonsum durch Fleischverzicht angeblich für die Rodung der Regenwälder verantwortlich sei, war mir klar, dass es nicht nur um Tierschutz geht. Ich war verzweifelt und dachte: Ist die einzige wirksame Alternative um unseren Planeten zu retten, Hungern?

Ich fing an zu recherchieren und fand fernab von ethischen Grundsatzfragen sechs Fakten, um auf Fleisch, Milch, Eier und Co. zu verzichten:

1.  Der Regenwald wird für Rinder gerodet

Die Regenwälder sind quasi die Lunge unseres Planeten. Sie atmen CO2 ein und Sauerstoff aus. Pro Sekunde wird ein Hektar Regenwald gerodet. 91 Prozent der Wälder werden für Tierfutterproduktion vernichtet. Die drei Sojabohnen, welche die Veganer essen sind minimal im Vergleich zu der Menge Soja, welche die Tiere fressen bevor sie auf unserem Teller landen.

2. Wer kein Fleisch ist, darf länger duschen

In einem Hamburger stecken ungefähr 2500 Liter Wasser. Das ist das Wasser, welches für die „Fleischproduktion“ vorab benötigt wurde. Im Vergleich: Der heimische Wasserverbrauch in den USA beträgt 5 Prozent vom Gesamtwasserverbrauch, 55 Prozent gehen für Tierhaltung drauf. Natürlich sollst du weiterhin auf deinen Wasserverbrauch achten, doch unsere vorbildlich-deutsche Wasserspar-Manie können wir durchaus effektiver ausleben.

3. Fleischverzicht ist gesünder als Fahrradfahren

Wir kennen alle die Geschichte von den pupsenden Kühen, die Schuld an am Treibhausgasausstoß sind. Anders als von Umweltschutzorganisationen behauptet, haben die lieben Kühe den größten Anteil am Treibhausgasausstoß. Auf Fleisch zu verzichten ist deshalb effektiver als das Auto stehen zu lassen und sich auf’s Fahrrad zu schwingen.

4. Weniger Fleisch bedeutet mehr Essen

Unser Planet leidet unter Überbevölkerung. 1912 gab es schätzungsweise 1,5 Milliarden Menschen auf der Erde. Heute sind es ungefähr 7 Milliarden Menschen. Dazu kommen 70 Milliarden Masttiere. Diese Tiere essen den Menschen förmlich das Essen weg. Ein Vergleich: Alle Menschen zusammen essen ungefähr 10 Milliarden Kilo pro Tag. Die Tiere, die wir verspeisen, bekommen fast 70 Milliarden Kilo am Tag gefüttert. Das heißt zwar noch lange nicht, dass der Verzicht auf Fleisch die Verteilung und den Handel mit Grundlebensmitteln reguliert. Rein rechnerisch ist aber klar, dass wir zu viele Tiere züchten, die zu viel fressen.

5. Kein Fleisch heißt More Wild Life

Wilde Tiere werden hauptsächlich „beseitigt“ weil sie den Fleischkonsum stören. Ein Beispiel ist die aktuelle Diskussion um Wölfe in Brandenburg. Die Jäger fürchten, dass sie ihnen die Rehe wegfuttern. Ähnlich unerwünscht sind in anderen Ländern wilde Pferde, Kojoten, Dingos etc.

6. Die Meere sind leergefischt und Aquakulturen verschmutzen sie zusätzlich

Dass die Meere leergefischt sind, ist weitläufig bekannt. Dass aber der Verzehr von Meerestieren, die in Aquakultur gezüchtet werden, die Meere zusätzlich belastet, wissen viele nicht.

Wenn du mehr über diese Zusammenhänge erfahren willst, schau dir den Film „Cowspiracy- The Sustainability Secret“ an. Hier werden Fakten in einem Gesamtzusammenhang dargestellt, die ich auch für diesen Beitrag herangezogen habe. Keine Bilder von gequälten Tieren und keine Versuche unsere Tränendrüsen zu aktivieren. Sehr angenehm.

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Ich esse inzwischen kein Fleisch mehr und versuche meinen Konsum sonstiger tierischer Produkte zu minimieren. Das ist auch gar nicht so schwer. Es gibt inzwischen zum Beispiel tolle vegane Kosmetik. Wenn du dich dafür interessierst, schau mal bei Veggie Love oder A very vegan life vorbei. Vegane Rezepte gibt es bei uns und wenn du es etwas mehr fancy magst, schau mal Oh Sophia vorbei. Umfassende Infos zu allen Lebensbereichen findest du auf Deutschland is(s)t vegan.

Und um auf die Eingangsfrage meiner Freundin zurückzukommen. Doch, Veganismus kann die Welt retten. Oder zumindest das schonen, was noch da ist.

Weitere Infoquellen:

Shine bright,

Deine Franziska

Photo Credit: Cowspiracy

5 Kommentare / Schreibe einen Kommentar

  1. „Dritte-Welt-Luxus-Problem“ – oops, jaja. Der Begriff Dritte Welt entstand im Kalten Krieg und hat alle Staaten bezeichnet, die nicht auf Seite der USA („Erste Welt“) oder der Sowjetunion („Zweite Welt“), waren, sondern sich raushielten. Namentlich also Afrika, Lateinamerika und große Teile Südostasiens. Du meinst.. die erste Welt, die westliche Welt? Die Industrienationen?
    „Wer kein Fleisch ist[sic!], darf länger duschen“ ist auch witzig. Kürzere Duschzeiten für Steaks!
    Ansonsten nett, aber unausgereift. Dass Tiere Tiere töten ist nicht nur deshalb kein Argument für menschlichen Fleischkonsum, weil sie nur soviele Tiere essen, wie sie brauchen – dann wäre auch Wild und Jagen okay (was es, doch, ja, eigentlich auch ist). Wenn man sich solchen philosophischen Fragen nähert und nicht nur die Umweltschiene fährt, sollte man sich mit Peter Singer auseinandersetzen. Der hat dazu einiges zu sagen.

    1. Liebes L, vielen DAnk für den Hinweis! Da war ein Zahlen-Dreher in der ersten Welt, die ich natürlich meinte. Ist jetzt behoben. Und danke für den Info-Tipp. Alles Liebe, Franziska

  2. Hallo,
    mir fiel es übrigens nicht sonderlich schwer. Ich glaube es ist häufig die Gewohnheit verbunden mit zuwenig nachdenken die viele davon abhalten sich vegetarisch zu ernähren. (Was soll ich denn essen wenn kein Fleisch da ist?) Wer sich ein wenig informiert findet wirklich viele Gründe vegetarisch zu leben. Allein der Gesundheitsaspekt sollte es einem schon Wert sein.

    Gruß
    Volker

    p.s. Toller Blog!!!

  3. Sehr gut geschrieben, ich finde auch „gabel statt skalpell“ auf youtube sehr gut! Der gesundheitliche Aspekt ist nicht zu unterschätzen! Alles Liebe und weiiiiter soo!

    Nancy

  4. Schön zusammengefasst ohne den erhobenen Zeigfinger, sehr angenehm – und mit hilfreichen Links.
    Danke!
    Das mit dem Mantra kann ich gut nachvollziehen, darüber denke ich auch viel nach in letzter Zeit und es geht mir ganz ähnlich. :)

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