Warum die Erfahrung mehr wert ist als jede Theorie

Wie unheimlich wertvoll die eigene Erfahrung ist und wie wenig Theorie bringt, die nicht in die Praxis umgesetzt wird, wurde mir wieder einmal klar, als ich alleine in Italien verweilte. Diesmal anhand einer sehr archaischen Tätigkeit: Dem Feuermachen. Doch dazu kommen wir gleich. Erst einmal zu dir.

Erinnerst du dich an eine Situation, in der du theoretisch wusstest, dass etwas nicht gut für dich ist, es aber trotzdem machen musstest? Zum Beispiel deinem Freund fremdzugehen, einen elektrisch geladenen Weidezaun anzufassen, den 180 Euro günstigeren, dafür 42 Stunden langen Flug zu buchen, oder aus Höflichkeit den Salat zu essen, den dir der an Ganges sitzende indische Sadhu anbietet.

Na, fällt dir eine ähnliche Situation ein? Sicherlich erinnerst du dich dann auch noch an die – wahrscheinlich unangenehmen – Konsequenzen. Und möglicherweise schießen die auch die Worte deiner besten Freundin/deines Vaters/des Reiseführers, die leise ein „Ich hab’s dir ja gleich gesagt…“ in sich hinein murmelten. Klar. Du wusstest es auch. Aber es war im Moment nicht so wichtig.

Zum Glück, finde ich. Denn nur so konntest du eine ganz eigene Erfahrung machen.

1 Gramm Erfahrung ist besser als 1 Tonnen Theorie.

Deine Erfahrungen sind nicht diskutierbar. Sie sind, was sie sind. Sie sind für jeden anders, manchmal schmerzhaft und die Grundlage, es beim nächsten Mal anders zu machen. Vor allem aber sind sie der Treibstoff für dein persönliches Wachstum.

Am Beispiel meiner kürzlich begonnenen Nebenkarriere als Profi-Feuermacherin will ich dir erklären, was ich meine.

Seit ich denken kann, gab es im Hause meiner Eltern Öfen. Kachelöfen. Außerdem spielte ich schon als Kind lieber am Lagerfeuer als mit den Puppen in der Stube. Allerdings kam ich nie in die Verlegenheit, das Feuer selbst anzumachen. Irgendwo war immer ein Opa, eine Mutter oder ein Bruder am Start, der sich kümmerte. Diskussionen über die sinnvollste und schnellste Art das Feuer in Gang zu bringen, waren allerdings Standard am Abendbrottisch, was mir das Gefühl gab, die Kunst des Feuermachens bereits zu beherrschen. Theoretisch zumindest.

So kam es, dass ich den gut gemeinten Instruktionen in Sachen Einheizen nur nebenbei zuhörte, bevor meine Liebsten abreisten und ich alleine im Haus in Italien zurückblieb.

Gegen Abend wurde es Zeit für mein erstes Feuerchen. Wie war das noch mal? Hmmm. Wo ist das Kleinholz? Shit, das muss ich noch hacken! Und die Ofenanzünder? Mist, wir haben nur die Bio-Dinger, die nicht ordentlich brennen… Es dauerte eine Weile, bis ich den Ofen an und die Bude warm hatte. Die nächsten Tage waren zäh. Der Ofen ging nicht so leicht an, wie das bei den anderen immer aussah. Zumindest nicht ohne ein halbe Packung Spiritus-Ofenanzünder unter das Holz zu mischen. Doch mein Interesse war geweckt. Ich holte mir ein paar Best Practice Tipps bei der family und begann zu beobachten. Wie sich die Beschaffenheit des Holzes auf die Brenndauer auswirkte. Wie ich das Holz hacken und schichten musste, um fast ohne chemische Ofenanzünder auszukommen und welche Parameter ausschlaggebend sind, um mit möglichst wenig Holz, besonders viel Hitze zu erzeugen. Kurz: Ich probierte wild herum. Jeden Tag lernte ich etwas Neues – manches zufällig, manches bewusst – und perfektionierte die Kunst des Einheizens.

Was ich mit der Geschichte sagen will: Obwohl ich theoretisch alles über das Feuermachen wusste, hatte ich genau genommen keine Ahnung. All die Erklärungen, all die gut gemeinten Tipps hatten keinen Effekt. Bis ich es selbst ausprobierte.

Mein theoretisches Wissen war ein Ansatzpunkt. Was mich aber wirklich befähigt hat, ein ordentliches Feuer zu entfachen, war meine eigene Erfahrung.

Wusstest du, dass auch die yogischen Schriften, die eigene Erfahrung als zentral erachten? Ganz am Anfang des Yoga Sutras des Patanjali, einer Art philosophischen Leitfaden mit Tipps für spirituell Suchende, steht:
atha yoga anusasanam

 

Yoga gilt als Erfahrungswissenschaft. Die ersten Yogis beobachteten, was ihre Praktiken bewirkten und fanden dann Worte, mit denen sie das Erlebte einigermaßen beschreiben konnten. Auch in der Bhagavad Gita hält Krishna seinen Devotee Arjuna dazu an, aktiv zu werden und schickt ihn in den Kampf. Nur durch sein eigenes Handeln kann er die tiefe Bedeutung der weisen Worte Krishnas erfahren. Nicht zuletzt enthält die Hatha Yoga Pradipika fast ausschließlich praktische Übungen, die den Yogi auf dem Weg zur Erleuchtung dienlich sein sollen.

Weil ich mich so sehr über meine neu erworbenen Feuerkünste gefreut habe, will ich dich dazu ermutigen, dich auf die eigene, neue Erfahrung einzulassen. Hab Mut, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen. Keine Theorie der Welt kann dich absichern. Und ja, die Praxis tut manchmal weh. Meistens aber nicht so schlimm, wie du denkst. Es ist ein bisschen wie mit dem elektrisch geladenen Weidezaun. Aber die Praxis kann dich reich beschenken. Mit Glücksmomenten, Erfolgserlebnissen und neuen Horizonten.

Dein Montagsmantra: Jede Erfahrung macht mich reicher und lässt mich wachsen.

Weiterentwicklung und Selbsterfahrung funktionieren über das eigene Erleben, dessen was ist. Dem Annehmen dessen, was das Leben dir bringt. Nicht, indem wir möglichst viele Selbsthilfe-Bücher, philosophische Schriften oder Blogs lesen und versuchen, uns selbst zu optimieren. Diese können dir vielleicht Denkanstöße geben, aber den Weg musst du selbst gehen. Geh ihn in Schönheit und mit Gelassenheit und sei dir sicher, dass du immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort bist.

Bücher, die für sich für mich als wertvoll erwiesen haben:

Wenn du dennoch das Gefühl hast, du könntest noch etwas mehr Inspiration gebrauchen, empfehle ich dir diese Bücher. Es sind alles Werke, die mich zur Zeit beschäftigen und die ich meinen allerbesten Freunden empfehlen würde.

Viel Spaß beim Lesen, doch vergiss nicht: Alles außerhalb der eigenen Erfahrung bleibt Theorie.

Unterschrift XOXO Rebecca_pink

Ein Kommentar / Schreibe einen Kommentar

  1. Eine ähnliche Erfahrung habe ich auch zwar nicht direkt mit Lagerfeuer aber mit Holz und Bäumeschneiden in Wald. Wie jeden Mann es gibt gewisse Spielzeuge mit welchem wir mindestens einmal in Leben Spielen möchten, bei mir diesmal war der Bedarf nach Sparen. Deswegen habe ich ein Teil des Waldes gekauft und sollte es mit der Kettensäge wegholzen und daraus dann Brennholz machen. Ich habe mir eine Säge gekauft die war nicht gerade günstig und als ich so richtig im Wald loslegen wollte habe ich nicht wirklich Ahnung wie man die Bäume richtig schneidet, sodass die in die richtige Richtung fallen. Da habe ich auch andere gefragt und beobachtet und nach einer Woche musste ich zu erst mir eine andere Säge kaufen, weil ich meine einfach hin gemacht habe und nach einer Woche habe ich wie ein Profi die Bäume geschnitten.
    War das Holzhacken mit der Axt schwer? Auf den Foto hast Du das ohne Handschuh gemacht, waren da viele Blasen auf den Händen?

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