Sex und Ayurveda. Oder: Durch Enthaltsamkeit zur Erleuchtung?

Ahara, Nidra und Brahmacharya, das sind die drei Säulen in der Ayurveda, die über Gesundheit und ein langes Leben entscheiden. Damit sind Essen, Schlaf und eine rechte Lebensführung gemeint – alles drei wichtige Faktoren, die Körper und Geist gesund und geschmeidig halten sollen.

Brahmacharya wird in der brahmanischen und in der yogischen Tradition meist mit sexueller Enthaltsamkeit übersetzt. Im Buddhismus und in der Ayurveda hat der Begriff aber eine weiter gefasste Bedeutung: hier bedeutet Brahmacharya, das Leben nach der jeweiligen Lehre auszurichten, also dem buddhistischen oder ayurvedischen System anzugleichen.

Ich weiß, dass klingt nach staubigstem Katholizismus. Ist aber bei näherem Betrachten gar nicht so.

Enthaltsamkeit ist relativ

Auch in der Ayurveda wird, wie im Yoga, dem Rückhalt des Samens eine lebensverlängernde Wirkung zugeschrieben. Das Konzept sexueller Enthaltsamkeit gilt aber nur als eine Möglichkeit, um zur Erkenntnis zu gelangen.

Die Ayurveda kein enthaltsames, prüdes System. Vielmehr wird dem Unterdrücken von natürlichen Bedürfnissen – und dazu gehört zweifelsohne auch Sex – die Entstehung von Krankheiten zugeschrieben.

In den Schriften finden wir eher Empfehlungen, wann Sex für wen genau richtig gut geeignet ist und wann man im Bett weniger aktiv sein sollte. Und, wie in dem Individualsystem Ayurveda üblich, gibt es auch hier kaum zwingende, allgemeingültige Regeln.

Das Fortpflanzungssystem in der Ayurveda

Welche Stellung der Samen (Sukra) oder die Fortpflanzungsorgane der Frau (Artava) in der Ayurveda haben, können wir an dem System der Körpergewebe oder Dhatus erkennen. Dhatus sind strukturelle Elemente im Körper, die den Körper in seiner Funktion unterstützen.

Erstes Dhatu ist Plasma, dann kommen Blut, Muskeln, Fett, Knochen, Knochenmark und dann Sukra, der Samen – oder die Fortpfanzungsorgane. Das Ernährungsmodell ist so aufgebaut, dass alle Nahrung, die wir zu uns nehmen, zu erst das Plasma, dann das Blut und so weiter nährt. Erst, wenn alle vorherigen sechs Dhatus vollkommen genährt sind, wird Sukra genährt.

Die Nährstoffe brauchen fünf Tage, um von einem Dhatu zum anderen zu gelangen. Also kommt dein reinigendes Kitchari oder eben das Fast-Food-Lunch von heute mit seiner Energie erst in 35 Tagen in den Fortpflanzungsorganen an.

Besonders spannend ist dass wir erst, wenn die Fortpflanzungsorgane in uns gesund und genährt sind, zu Ojas kommen, jenem zufriedenen, tiefen Strahlen, dieser glänzenden Kraft, dem Glow eben.

Unsere Fortpflanzungsorgane sind letztlich die Summe oder die Essenz all unseren Tuns – sei es Essen, Atmen, Handeln.

Die Fortpfanzungsorgane nähren

Unsere Fortpflanzungsorgane sind äußerst sensibel. Die Gebärmutter wird, psychologisch betrachtet, wie ein Schwamm verstanden, der alle Emotionen und unverdaute Erlebnisse in sich speichert. Das kann bei Ansammlung zu Störungen im Zyklus und Krankheiten führen. Auch die männlichen Reproduktionsorgane sind sehr empfänglich für Stress.

Die traditionelle Ayurveda empfiehlt für Sukra und Ojas: warme Kuh-Milch, Mandelmilch und Ghee.

Übersetzt bedeutet es, dass süße, leichte, aufbauende Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, und wenig kalte, verstopfende Rohkost. Mango, Aprikosen, Feigen und Datteln gelten auch nährend und aphrodisierend. Dies entspricht so ziemlich der sattvischen Ernährungsweise.

Extrem saure Nahrung gilt als störend für die Energiekanäle und für die Fortpflanzungsorgane.

Veganer sollten ihren Fokus auf Nüsse, wie Mandeln, Walnüsse und Pistazien lenken.

Mit Aphrodisiaka die Libido anregen

Dravjaguna, die Ayurveda Kräuterlehre, hält sowohl für Frauen, als auch für Männer eine Vielzahl an Heilkräutern bereit, um die Samenproduktion anzuregen, den Hormonhaushalt der Frau zu balancieren und um die Fortpflanzungsorgane zu nähren.

Einen großen Zweig in der Dravjaguna nehmen die Aphrodisiaka ein. Aphrodisiaka werden hier Vajikarana genannt. Vaji bedeutet Pferd und lässt keinen Zweifel darin, wie wichtig sexuelle Ausdauer und Gesundheit in der Ayurveda wirklich ist.

Aphrodisiaka für die Frau sind zum Beispiel Nelken, Damiana, Rose, Safran, Yamswurzel, und Shatavari.

Für Männer sind bezüglich Lust und Samenproduktion Ghee, Bala, Ginseng, Süßholz, Sesam und ebenso Shatavari und Yams geeignet.

Ashwagandha und Shatavari sind üblichste Mittel, um sexuelle Energien anzuregen und zu fördern. Ashwagandha wird der Geruch eines Pferdes zugesagt und Shatavari bedeutet übersetzt: die, die hundert Männer haben kann.

Wann ist Sex nun erlaubt?

Da die Ayurveda ein zyklisches System ist, folgen die Empfehlungen für sexuelle Aktivität entlang der Jahreszeiten. Um unsere Reserven zu schonen und Überhitzung zu vermeiden, ist Sex im Sommer nicht so angesagt. Wenn, dann nach Einbruch der Dunkelheit. Im Winter hingegen, wenn viel Erdung gegeben ist, ist die ideale Zeit für Ausdauer, Sex und Fortpfanzung.

Sex während der Menstruation ist Geschmackssache. Aber es gibt für uns Frauen auch wichtige gesundheitliche Aspekte, die wir in Erwägung ziehen sollten.

Zur Zeit der Menstruationsblutung ist Apana Vata, der nach unten führende Wind in uns Frauen besonders stark. Der hilft dabei, das Blut auszuleiten, ohne, dass es im Körper klumpt. Wenn Apana Vayu während der Blutung gestört wird, sei es durch Umkehrstellungen im Yoga oder eben durch Sex, dann führt es zu einem regelrechten Energie-Stau im Körper. Dieser hat oft vermehrte Regelschmerzen oder Schmerzen im unteren Rückenbereich zur Folge.

Ideal ist, während der ersten drei Tage der Blutung auf Sex mit Penetration zu verzichten.

Frauen sind, bedingt durch ihren Organismus, weniger widerstandsfähig als ein männlicher Organismus. Daher dient die körperliche und seelische Gesundheit für die Frau als Grundvorraussetzung für Sex. Sexualität gegen den eigenen Willen oder gegen den Willen des Partners wird ganz ausdrücklich als Entstehungsmoment für Krankheiten auf beiden Seiten beschrieben.

Uns Frauen werden in den Ayurveda-Schriften Vagbhatas sogar übernatürliche Krafte zugesagt, wenn wir erfüllte Sexualität leben.

Ayurveda ist Lebensfreude

Genuss und Freude am Leben und am eigenen Körper werden in der Ayurveda als Basis für einen gesunden Körper und Geist verstanden. Durch Sex zeigen und teilen wir Verbindung und Liebe. Eine gesunde Sexualität entsteht durch gute, individuell abgestimmt Nahrung, aber auch durch achtsame, liebevolle Handlung sich selbst und seinem Partner gegen über.

Happy cuddling!

Deine Julia

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