Dieser Satz lässt deine Selbstzweifel alt aussehen

Für Helli

Heute vor vier Wochen ist mein Stiefvater gestorben. Nicht etwa mit Ankündigung. Nein: An einem wunderschönen Tag, den er mit meiner Mutter und Freunden in Süditalien verbrachte, hatte Helmut einen Herzinfarkt und war wenige Minuten später einfach tot. Manche würden sagen, mit 64 Jahren, viel zu früh.

Dementsprechend intensiv und surreal fühlten sich meine letzten Wochen an. Äußerlich – ich war wie eine Wilde zwischen Berlin, Italien, München und Hamburg unterwegs – und innerlich: Ich bin wahnsinnig traurig, denke viel über das Leben und den Tod nach und lasse die 22 Jahre, die Helmut ein Teil meiner Familie war Revue passieren.

Dieses Montagsmantra ist das erste, das ich seitdem verfasse.

Ich widme es meinem lieben Stiefvater. Denn ohne ihn wäre ich vermutlich nicht dort, wo ich jetzt bin. 

Doch lasst uns von vorne anfangen:

Aufgewachsen bin ich in einer Lehrer-Familie. Mama, Papa, die Frau von meines Vaters – alles Lehrer. Viele Freunde meiner Eltern waren logischerweise auch Lehrer und in meiner Schule tummelten sich ebenso wahnsinnig viele Lehrer. Auch wenn es aus meiner Kinderperspektive so ausgesehen haben mag, als wären alle Erwachsenen Lehrer, wusste ich immer, dass ich selbst immer keine Lehrerin sein wollte. Wie das genau aussehen sollte, wusste ich hingegen nicht. Bei der Vorstellung jeden Tag von Früh bis Spät in adretter Kleidung im Büro zu sitzen und wahnsinnig wenig Urlaub zu haben, lief es mir allerdings schon mit 10 Jahren kalt den Rücken runter.

Und dann kam Helmut.

In seltsam bunten Hemden rauschte er in unsere Familie. Heute würde ich sagen, er mischte das Leben von meiner Mutter, meinem Bruder und mir ganz schön auf und zeigte uns einen Lebensentwurf, den wir damals alle noch nicht kannten.

Helmut war schon immer selbstständig, verkaufte Kachelöfen und war dauernd kreuz und quer in Deutschland unterwegs. Er war einer der ersten, die ein eigenes Faxgerät besaßen und ein „Autotelefon, dass man in verschiedenen Autos benutzen kann“. Kurz: Ein Handy. Zwei Jahre später verbrachten wir Heiligabend mit Fruchtplatte statt Lebkuchen in einem Ashram in Indien. Im Jahr darauf fuhren wir übers Wochenende mit seinem Transporter, den er kurzerhand zum Campingbus umfunktionierte, nach Paris, um endlich mal Euro-Disneyland zu besuchen.

Wie viel frischen Wind mein Stiefvater in mein Leben gebracht hat, wurde mir erst auf seiner Beerdigung bewusst, als alle Geschichten über Helmut erzählten. 

Zum Beispiel meine Mutter: In der Zeit, als sie meinen Stiefvater kennenlernte, wusste sie schon längst, dass das Lehrerdasein nicht ewig ihre Berufung sein würde. Zerfressen von Zweifeln, ob man einen solch sicheren Job denn einfach kündigen dürfte, zumal wenn man zwei Kindern zu versorgen hatte, klagte sie meinem Stiefvater ihr Leid. So gerne wollte sie ihren Traum leben…

Da sagte Helmut den magischen Satz:

Helmut Montagsmantra

Mein Stiefvater war ein echter Self-Made-Man, der keine richtige Vorstellung davon hatte, was die Sicherheit eines Beamtenjobs bedeutet. Ein Mann, der  wusste, dass es selten schlechter, aber oft besser wird, wenn man Dinge wagt. Jemand, der wusste, dass es viel weniger zu verlieren gibt, als man denkt.

Die drei simplen Worte, die völlig unbedarft aus dem Mund meines Stiefvaters purzelten, haben mein Leben von Grund auf verändert. 

Meine Mutter hängte den Lehrerjob an den Nagel und arbeitet seitdem als Supervisorin und Gruppenanalytikerin. Das brachte jede Menge Veränderung mit sich. Manche fand ich gut. Manche doof. Im Großen und Ganzen lässt sich aber sagen: Ich in einer Familie aufgewachsen, in der das Unkonventionelle normal war. Mit einer Mutter, die mir vorlebte, was es heißt, in seinem Job aufzugehen. Mit einem Stiefvater, der mir immer wieder zeigte, dass es oft viel einfacher ist, als es scheint und mich von klein auf gelehrt hat, dass es okay ist, Dinge zu machen, die andere für völlig irre halten.

Dein heutiges Montagsmantra kommt post mortem von meinem Stiefvater:

Ja, mach halt!

Schon in den letzten Wochen haben Helmuts magische Worte einige meiner Zweifel zerstreut. In Zukunft werde ich mich immer, wenn mir meine Träume und Ideen mal wieder Angst machen, an meinen Stiefvater erinnern und mir vorstellen, wie er mit einem Schulterzucken und einem leisen Grinsen „Ja, mach halt!“ sagt.

Falls du noch nicht ganz überzeugt bist, zum Abschluss ein paar Tipps, die du aus meiner Geschichte mitnehmen kannst.

So hängst du deine Selbstzweifel an den Nagel

  1. Das Interessante an „Ja, mach halt!“ ist die Selbstverständlichkeit im Subtext. Mein Stiefvater war völlig davon überzeugt, dass besagter Jobwechsel eine gute Idee wäre. Diese Selbstverständlichkeit ermöglichte meiner Mutter eine völlig neue Perspektive auf ihr Problem, die ihr viel Mut und Vertrauen gab. Versuche das mal auf deinen Traum anzuwenden und klopfe deine Zweifel auf diese Frage ab: Spricht das wirklich dagegen?
  2. Such dir Menschen, die dich unterstützen. Wenn du deiner bravsten Freundin von deinen wildesten Ideen erzählst, brauchst du dich nicht wundern, wenn du vielleicht nicht die Unterstützung bekommst, die du dir wünscht. Vergiss nie: Du kannst nie wissen, welche Antwort du bekommst, wenn du andere um ihre Meinung bittest. Aber du kannst entscheiden, wen du fragst.
  3. Lass Selbstzweifel zu. Schau sie dir an, lerne sie kenne. Wenn du versuchst sie zu ignorieren, kommen sie oft um eine andere Ecke gekrochen. Manchmal braucht es eben noch ein wenig Zeit.
  4. Male dir das Worst-Case-Szenario aus. Was wäre das Schlimmste, das passieren kann? Oft ist der schlimmste Fall die Rückkehr zum Status quo.
  5. Mach es! Werde aktiv. Probier dich aus. Wage Neues! Denn: Nur wenn du beginnst, deine Träume in die Realität zu holen, können sie wahr werden.

Auch wenn mein Stiefvater sehr jung gestorben ist, so kann ich eines sagen: Helmut hatte ein sehr volles Leben. Sicher nicht einfach, aber voller Reichtum. Sein Mut, die Dinge anzupacken, war daran nicht ganz unschuldig.

Auf Helmut, das Leben und auf all die Träume, die noch zum Leben erweckt werden!

In tiefer Dankbarkeit,

Rebecca

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